Salvator Mundi TV1Eine spannende Kunst-Dokumentation als deutsche TV-Erstausstrahlung am Sonntagnachmittag, 25. September 2022 bei Arte

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - 2005 tauchte auf einer Auktion in New Orleans ein stark beschädigtes 66x46 cm großes Ölbild gemalt auf einem Walnuss-Holzrahmen auf, das den Kunstdetektiv Alexander Parish sehr interessiert hat. Deshalb setzt er sich mit dem Kunsthändler Robert Simon in Verbindung. Sie kaufen das Bild für 1175 US Dollar.

Simon vermutet, dass es sich um ein Gemälde mit dem Namen "Salvator Mundi" (Weltretter)aus der Zeit um 1500 - möglicherweise aus dem Umkreis von Leonardo da Vinci - handelt, denn es gibt mehrere bekannte Kopien und Variationen des Werkes, in denen Christus zum Teil nicht wie in diesem Bild eine Glaskugel, sondern andere Gegenstände in der Hand hält.

Robert Simon lässt das Bild von Dianne Modestini, einer der führenden Experten für Kunstkonservierung, restaurieren. Sie entdeckt unter dem dicken Firnis von mehreren recht schlechten Restaurierungen meisterhafte Pinselstriche der Renaissance. Dazu kommt, dass weitere Untersuchungen zeigen, dass das Bild um 1510 gemalt wurde. Modestini arbeitet an dem Bild zwischen 2005 und 2012 und gelangt zu der Überzeugung, dass das Gemälde nicht nur aus der Schule von Leonardo Da Vinci stammen könnte, sondern vom Meister selbst gemalt worden sei.

Das wäre eine riesengroße Sensation, denn weltweit gibt es nur 15 Bilder (die sich alle in Museen befinden), die da Vinci ohne Zweifel zugeschrieben werden können und nicht von einem seiner Schüler stammen.

Jetzt treten die Gemäldeexperten auf dem Plan und vermuten mehrheitlich, dass der Salvator Mundi wirklich ganz vom Meister selbst gemalt worden sei, dazu wurden auch bekannte Vorskizzen des Bildes zu Rate gezogen.

Seit 2012 wurde das Gemälde einigen Museen angeboten, u.a. auch Bernd Lindemann, dem damaligen Direktor der Gemäldegalerie in Berlin. Lindemann lehnte den Kauf aber aufgrund des schlechten Zustands des Gemäldes und seiner ungeklärten Zuschreibungsfrage ab.

Nachdem was Werk 2012 im Dallas Museum of Art gezeigt wurde, wurde es durch die Vermittlung von Sotherby's 2013 für 80 Mill. Dollar an den Schweizer Kunsthändler Yves Bouvier verkauft, der es noch im gleichen Jahr für 127,5 Mill. Dollar - neben anderen erstklassischen Gemälden - an den Russischen Milliardär Dmitri Jewgenjewitsch Rybolowlew verkauft hat.

Damit wäre der Salvator Mundi das einzige Leonardo Gemälde in privater Hand. Doch mit dieser Preissteigerung mehren sich auch die Kritiker, die das Bild zwar in den Umkreis und evtl. sogar der Schule Leonardos zuordnen. Sie sind aber nicht sicher, ob das gesamte Bild wirklich vom Meister selbst stammt, oder ob er nur Korrekturen und Vorzeichnungen gemacht hat.

2017 wollte Rybolowlew über Christie's in New York das Ölgemälde wieder verkaufen, Dazu wurde das Bild weltweit in einigen ausgewählten Städten ausgestellt, um dann im Dezember 2017 für 450 Millionen versteigert zu werden. Damit wurde der Weltretter das teuerste Gemälde der Welt.

Salvator Mundi TV2Nach einigem Hin und Her wurde bekannt, dass das Bild vom saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman gekauft worden sei, der es auf seiner Luxusjacht wohl einigen Freunden gezeigt hatte. Es sollte im Rahmen der Louvre Ausstellung zum 500. Todestag von Leonardo da Vinci im Oktober 2019 gezeigt werden, allerdings wurde es kurzfristig wieder zurückgezogen, weil die Ausstellungsmacher nicht bereit waren, es direkt neben die Mona Lisa zu hängen. Es wurde letztendlich nur die "Version Ganay", benannt nach dem früheren Besitzer, dem Marquis de Ganay, ausgestellt unter der Bezeichnung "Atelier Léonard de Vinci".

Eine kleines Heft zum Bild sollte passend zur Ausstellung veröffentlicht werden. Das wurde aber kurzfristig vom Louvre wieder zurückgezogen, da das Museum nur Expertisen zu Bildern veröffentlicht, die auch dort gezeigt werden. Allerdings waren wohl schon einige Exemplare des Heftes verkauft worden. Darin soll wohl vermutet worden sein, dass das Bild ein echter Leonardo da Vinci sein könnte...

Der Film "Salvator Mundi oder Der verschollene Leonardo", der unter dem Originaltitel "The Lost Leonardo" 2021 in die deutschen Kinos kam, ist eine spannende Dokumentation des dänischen Regisseurs Andreas Koefoed nach einem Drehbuch von ihm zusammen mit Andreas Dalsgaard und Christian Kirk Muff. Koefoed konnte in seinem Film einige der wichtigsten beteiligten Personen zu Wort kommen lassen, dabei enthüllt er, dass es in dem Bereich der bildenden Kunst sowohl bei den Institutionen, die Kunst verkaufen, als auch bei den reichen Menschen, die Kunst kaufen, nur ums Geld und ums Prestige geht, die Kunstwerke selbst sind Nebensache.

Der Regisseur hat dabei nur auf die Zeit zwischen dem Ankauf des Bildes durch das Konsortium (Alexander Parish, Robert Simon und der Kunsthändler Warren Adelson) 2005 und der Ausstellung im Louvre 2019 verfolgt. Welche Stationen und welche Geschichte das Bild die 500 Jahre vorher erlebt hat, wurde nicht behandelt. Ihn interessierte vor allem die Zeit seit 2005 und wieso ein Bild, dessen Zuschreibung zu Leonardo da Vinci umstritten ist, zum teuersten Kunstwerk der Welt werden konnte.

Der Film ist dabei in drei Kapitel gegliedert und zwar: "Das Kunstspiel", "Das Geldspiel" und "Das globale Spiel". Er unterhält sich dabei sowohl mit da Vinci-Experten, Kunsthändlern, Journalisten, einigen der Käufer und Verkäufer als auch mit Dianne Modestini als Restauratorin des Salvator Mundi.

Die Interviewten haben sich alle über mehrere Jahre intensiv mit dem Werk befasst. Dabei zeigt sich, dass es immer dringlicher wurde, sich Klarheit zu verschaffen, ob was Bild wirklich ein "echter" Leonardo ist, aus seiner Schule stammt, er also Verbesserungen an dem Bild vorgenommen hat, ob es "nur" aus seiner Werkstatt stammt oder ob es von einem seiner Schüler gemalt worden ist.

Viele der Kunsthändler und Kritiker sind vorsichtig mit ihrer Aussage über die Echtheit des Bildes, als größter Kritiker hat sich im Film der amerikanische Pulitzer-Preisträger und Kunstkritiker Jerry Saltz erwiesen, der auch am stärksten die augenblickliche Kunstszene kritisiert hat.

Am Ende wurde das Bild sogar ein Politikum, da der augenblickliche Besitzer, der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman, der durch den Fall Kashoggi zu unrühmlicher Berühmtheit gekommen war, den Salvator Mundi unbedingt in der Louvre-Ausstellung zum 500 Todestags Leonardos im gleichen Raum wie die Mona Lisa hängen haben wollte. Er wurde sogar beim französischen Staatspräsidenten vorstellig, damit der Einfluss auf die Mitarbeiter des Louvre nehmen soll. Hätte der Prinz Erfolg gehabt, hätte dies dem Gemälde den Stempel der Authentizität verliehen. Allerdings haben sich die Ausstellungsmacher des Louvre nicht erpressen lassen. Seit dieser Zeit hat niemand mehr das Gemälde gesehen, so dass auch niemand mehr die Frage abschließend beantworten kann, ob es sich bei Salvator Mundi um ein allein von Leonardo da Vinci gemaltes Bild handelt.

Salvator Mundi TV3Insgesamt ist "Salvator Mundi oder Der verschollene Leonardo" eine hervorragend strukturierte Dokumentation, bei der der Zuschauer sowohl in die künstlerische Ebene als auch in die wirtschaftliche Debatte eingeführt wird. Dabei ist der Film nicht nur für Kunst affine Menschen, sondern auch für Zuschauer, die sich eigentlich nicht allzu viel aus Gemälden machen, spannend anzusehen, denn letztendlich ist das Kunstwerk selbst nur Nebensache. Das macht den ungemein faszinierenden Film auch im Fernsehen als deutsche Erstausstrahlung unbedingt sehenswert. Der Dokumentarfilm wird im Fernsehen in der Originalfassung mit deutschem Voice Over gezeigt werden.

Zusatz: Neben dem hier besprochenen Film ist 2021 noch eine weitere Dokumentation zur Geschichte des Bildes erschienen und zwar "Der letzte Da Vinci - Das teuerste Kunstwerk der Welt" (Salvator Mundi: la stupéfiante affaire du dernier Vinci) des französischen Filmemachers Antoine Vitkine. Die beiden Filme ergänzen sich hervorragend.

Foto 1: Kunst und Geld © Piece of Magic Entertainment
Foto 2: Die Restauratorin Dianne Modestini © Piece of Magic Entertainment
Foto 3: Das Bild "Salvator Mundi" © Piece of Magic Entertainment

Info:
Salvator Mundi oder Der verschollene Leonardo (Frankreich, Dänemark, Schweden, Norwegen 2021)
Originaltitel: The Lost Leonardo
Genre: Dokumentarfilm, Kunst
Filmlänge: ca. 93 Min.
Regie: Andreas Koefoed
Drehbuch: Andreas Dalsgaard, Christian Kirk Muff, Andreas Koefoed
Mitwirkende: Dianne Modestini, Robert Simon, Alexander Parish,Warren Adelson, Yves Bouvier, Luke Syson, Martin Kemp, Maria Teresa Fiorio, Frank Zöllner, Jacques Franck, Evan Beard, Georgina Adam, Bradley Hope, Alexandra Bregman, Kenny Schachter, Jerry Saltz, Stéphane Lacroix, Alison Cole, Antoine Harari, David Kirkpatrick, Robert K. Wittman, Doug Patteson, Bruce Lamarche, Didier Rykner, Bernd Lindemann u.a.
FSK: ab 0 Jahren
"Salvator Mundi oder Der verschollene Leonardo" wird als deutsche TV-Erstausstrahlung am Sonntag, 25.09.2022 um 15:30 Uhr bei Arte gezeigt und am Montag, 03.10.2022 um 02:20 Uhr wiederholt. Die Dokumentation ist vom 24.09.2022 bis zum 23.12.2022 in der Arte Mediathek verfügbar.