Als Free-TV Premiere am Sonntag, 2. Oktober 2022 bei SAT.1
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Früher gab in der Vorstadt von New Mushroomton Magie. Damals kämpften Zauberer gegen Drachen oder zündeten die Lichter in den Häusern mit einem Zauberstab an, Feen flogen durch die Lüfte und es gab überall wunderbare Abenteuer mit mythischen Kreaturen. Doch dann hielt die Technik Einzug - es wurden die Glühbirne, Autos, Handys und der Lichtschalter erfunden und die Zauberkünste wurden dann nicht mehr gebraucht. Deshalb kennen die heutigen Bewohner des Ortes, Elfen, Trolle, Zentauren und auch Drachen oder Einhörner, den Zauber nur noch aus den Sagen. Heutzutage fressen die Einhörner aus den Mülltonnen und Drachen sind nur noch als - zugegeben etwas nervige aber niedliche - Haustiere zu finden.
Der schüchterne Elf Ian Lightfoot (Stimme im Original: Tom Holland) wünscht sich zu seinem 16. Geburtstag nichts mehr als endlich einmal seinen Vater zu sehen, der schon vor seiner Geburt gestorben ist. Er lebt zusammen mit seiner Mutter Laurel (Julia Luis-Dreyfus / Annette Frier) und seinem etwas überdrehten 19jährigen Bruder Barley (Chris Pratt).
Doch zu Ians Geburtstag überreicht Laurel ihren Jungen ein Geschenk des toten Vaters, das sie erst öffnen dürfen, wenn beide älter als 16 Jahre alt sind. Darin finden sie einen Brief, einen Zauberstab und einen Phoenixstein. Im Brief wird beschrieben, wie die beiden ihren Vater für genau 24 Stunden zurückbringen können.
Es zeigt sich allerdings, dass Barley zwar alle Zaubersprüche kennt aber leider nicht zaubern kann, nur Ian ist in der Lage, den Stab zu benutzen. Er versucht seinen Vater nach der Anleitung herbei zu zaubern, doch gerade als die untere Hälfte materialisiert ist, ist der Phoenixstein aufgebraucht. Den Beiden bleiben genau 24 Stunden, um einen weiteren Phoenixstein aufzutreiben, damit sie den Vater auch vollständig sehen können. Deshalb machen sich Barley und Ian in Barleys klapprigem Kastenwagen namens Krimhild auf die Suche nach einem zweiten Stein. Dabei müssen sie immer auch das umherstolpernde Unterteil ihres Vaters mitnehmen.
Da Barley ein erfahrener Spieler eines historischen Rollenspiels ist, kennt er nicht nur alle Zaubersprüche, sondern er weiß auch, dass man auf einer Quest zuerst einmal nach einer Karte suchen muss, mit deren Hilfe man dann den Phoenixstein finden kann. Die Karte findet man - wie im Rollenspiel vorhergesagt - in der Taverne des Mantikors - eines uralten geflügelten Fabelwesens mit menschlichem Gesicht, dem Körper eines Löwen und dem Schwanz eines Skorpions (Octavia Spencer). Doch die Kneipe ist inzwischen nur noch ein biederes Familienrestaurant für Kindergeburtstage - mit einem verkleideten Mantikor zur Belustigung der kleinen Besucher.
Barley ist sicher, dass die richtige Karte irgendwo in der Kneipe versteckt sein muss. Das ist sie auch, doch leider bekommen die beiden Abenteurer sie nicht in die Hand, da der (echte) Mantikor die Karte nicht rausgeben will. Da sie aber durch ein Kinderrätsel Informationen erhalten haben, hält sie nichts davon ab, ihre Suche fortzusetzen.
Inzwischen hat Laurel festgestellt, dass ihre Söhne verschwunden sind und macht sich auf die Suche. Als sie beim Mantikor ankommt, sind die Jungen längst wieder fort. Doch auch bei dem Fabelwesen kommt die alte Abenteuerlust wieder hoch und er beginnt zusammen mit Laurel in deren Auto Ian und Barley zu folgen. Gleichzeitig verfolgt auch Laurels neuer Freund, der Polizist (und Zentaur) Colt Bronco (Mel Rodriguez), die beiden Ausreißer.
Werden es Ian und Barley schaffen, einen neuen Phoenixstein zu finden, damit Ian zum allerersten Mal seinen Vater sehen kann?
"Onward: Keine halben Sachen" ist ein Film des Pixar Studios. Regie führt Dan Scanlon, der auch zusammen mit Jason Headley und Keith Bunin das Drehbuch verfasst hat.
Der Film ist ein fantastischer Roadtrip der zwei ungleichen Brüder Ian und Barley. Letztendlich geht es aber vor allem um die Frage, was passiert, wenn die Magie als wichtiger Teil des Lebens plötzlich verloren geht. Dies wird besonders deutlich, wenn die Brüder in der Taverne des Mantikors auftauchen und die ehemalige gefährliche Taverne jetzt nur noch eine Kneipe zur Geburtstagsbelustigung von Kindern ist, oder auch bei den Feen, die nun zu Motorrad fahrenden und flugunfähigen Rockern geworden sind, weil ihre Vorfahren irgendwann ihre Bestimmung aufgegeben haben.
Als Sprecher der beiden Hauptrollen konnten in der Originalfassung Tom Holland als Ian und Chris Pratt als Barley Lightfoot gewonnen werden. Beide Schauspieler sind in den letzten Jahren durch ihre Rollen als Spider-Man und Star-Lord in den Marvel-Filmen bekannt geworden. Vor allem Tom Holland schafft es als schüchterner Elf Ian zu überzeugen, der sich nach seinem Vater sehnt und der lernen muss, dass auch Zaubersprüche nur wirken, wenn man voll dahinter steht und das Ergebnis wirklich will. Chris Pratt spricht Barley als eine Mischung aus Rollenspielnerd und geschichtsversessenem Rocker, der dabei nur wenige Fettnäpfchen auslässt. Allerdings zeigt sich, dass im Laufe des Films beide Charaktere deutlich mehr Tiefe gewinnen. Dies merkt man als Zuschauer besonders gegen Ende, wenn Ian mal über sein bisheriges Leben nachdenkt und erkennt, was sein Sprüche klopfender Bruder alles für ihn getan hat. Beide Charaktere werden auch sehr gut von den Originalsprechern der Schauspieler - Christian Zeiger als Ian und Leonhard Mahlich als Barley – synchronisiert.
Besonders gelungen sind die Slapstickeinlagen, wenn Ian und Barley den Unterkörper ihres Vaters an einer Leine mit sich herumschleppen müssen, der dummerweise immer wieder stolpert. Um nicht allzu sehr aufzufallen verpassen die Brüder ihm auch noch einen behelfsmäßigen Kopf und Oberkörper, der nun allerdings andauernd unkontrolliert hin und her wankt und immer mal wieder auch verloren geht.
Natürlich ist die Handlung nach den gängigern Mustern eines Roadmovies aufgebaut, bei dem Ian und Barley eine Aufgabe (einen Phoenixstein finden) erfüllen müssen, um auch die obere Hälfte des Vaters zum Leben zu erwecken. Dazu muss man einer Karte folgen und einige Prüfungen und Abenteuer bestehen, dabei gibt es nicht nur Hindernisse zu überwinden (wie z.B. eine Schlucht, bei der die Brücke auf der gegenüberliegenden Seite hochgezogen ist), sondern es gibt auch Personen, die sich ihnen in den Weg stellen oder die sie verfolgen. Am Ende steht dann nicht nur der Erfolg, sondern die beiden Abenteurer haben ein anderes Verhältnis zueinander gewonnen.
Der Zuschauer kann zwar die Motivationen von Ian und Barley nachempfinden, da die Charaktere sehr gut ausgearbeitet sind, dies gilt leider nicht für die Nebenfiguren wie die Mutter der beiden Jungen oder deren Freund dem Zentaur Colt Bronco, der immer mal Probleme mit seinem Hinterteil hat, z.B. wenn er sich auf einen Stuhl setzt oder aus seinem Polizeiauto aussteigt.
Toll ist vor allem die Figur des mächtigen Mantikors, eines Fabelwesens aus der persischen Sagenwelt, der als Kneipenwirt heute ein friedliches Leben führt, aber durch die Anwesenheit von Ian und Barley plötzlich aus seiner Lethargie gerissen wird, sich mit Laurel auf die Verfolgung der Jungen macht und auch erst mal wieder daran erinnert werden muss, dass er Flügel hat, mit denen man auch fliegen kann.
Wie bei einem Film von Pixar üblich ist die Animation wieder hervorragend gelungen. Dabei ist neben der technischen Brillanz vor allem der Detailreichtum hervorzuheben. Dies gilt sowohl für das Nebeneinander der technischen und magischen Welt als auch für die kleinen Gimmicks, die die Szenen bevölkern, z.B. wenn die winzigen Elfen als Rocker gemeinsam auf Motorrädern durch die Gegend heizen und an der Raststätte die Chipsvorräte mitgehen lassen. Auch ein aus Steinen entstehender Drache mit einem ganz speziellen Gesicht ist sicher einer der Highlights.
"Onward: Keine halben Sachen" ist aber nicht nur ein Animationsfilm voller Gags, sondern er entwickelt sich gegen Ende sehr viel komplexer als gedacht. Dabei entfaltet sich zwischen den ungleichen Brüdern und dem halben Vater eine tolle Dynamik und vor allem bei Ian eine Einsicht, die wunderbare persönliche Momente zeigt. Hier trifft der Film mitten ins Herz.
Insgesamt ist "Onward" nicht unbedingt Pixars bester Film, aber die meisten Gags sitzen und das Tempo ist für einen Kinderfilm gerade passend. Auch wenn die Nebenfiguren mit Ausnahme des Szenendiebs Mantikor nicht so gut ausgearbeitet sind, ist doch eine Komödie voller Spannung, Witz und Emotionalität gelungen. Dies alles macht den clever geschriebenen und wunderbar animierten Fantasyfilm auch zu Hause für die ganze Familie unbedingt sehenswert.
Foto 1: v.l.n.r.: Ian Lightfoot; Barley Lightfoot; Wilden Lightfoot © 2020 Disney Enterprises, INC. & Pixar.
Foto 2: v.l.n.r.: Officer Avel, der Mantikor und Laurel Lightfoot © 2020 Disney Enterprises, INC. & Pixar.
Foto 3: Barley Lightfoot (l.) und Ian Lightfoot (r.) © 2020 Disney Enterprises, INC. & Pixar.
Info:
Onward: Keine halben Sachen (USA 2020)
Originaltitel: Onward
Genre: Animation, Abenteuer, Fantasy, Komödie
Filmlänge: ca. 100 Min.
Regie: Dan Scanlon
Drehbuch: Dan Scanlon, Jason Headley, Keith Bunin
Englische Sprecher: Tom Holland, Chris Pratt, Julia Louis-Dreyfus, Octavia Spencer, Mel Rodriguez, Lena Waithe, Ali Wong, Grey Griffin, Tracey Ullman, Wilmer Valderrama, Kyle Bornheimer u.a.
Deutsche Sprecher: Annette Frier, Christian Zeiger, Leonhard Mahlich, Sascha Rotermund, Martina Treger, Lutz Schnell u.a.
FSK: ab 0 Jahren
"Onward: Keine halben Sachen" wird am Sonntag, 02.10.2022 um 20:15 Uhr bei SAT.1 als Free-TV Premiere gezeigt. Der sehenswerte Animationsfilm wird Montag, 03.10.2022 um 15:15 Uhr wiederholt.