Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Der Filmtitel klingt zwar gut – er sei vom Schweizer Jetsetschreiber Martin Suter selbst ausgedacht - , aber er stimmt vorne und hinten nicht. In diesem Film erfährt man fast nichts Persönliches über den Autor Martin Suter, aber einiges über seine Werke, so Vorlesen einen Eindruck von einem ganzen Buch machen kann. Doch, wie das auf jemanden wirkt, welchen Erkenntnis-, ja Lustgewinn jemand aus dem Film zieht, der den Autor nicht gelesen hat, kann man dann nicht nachvollziehen, wenn man selbst die Höhen und Tiefen von Martin Suter mitbekommen hat. Ihn gelesen hat, das auch.
Von daher wäre für jemanden wie mich natürlich ein Film über Martin Suter sehr viel interessanter gewesen, denn seine Bücher sind gute, manchmal sehr gute Unterhaltung, aber eben Bücher, die man kein zweites Mal liest. Wenigstens ich nicht. Und da sich der Filmemacher Schäfer als Regisseur 99prozentig zurückgehalten hat, wohl im Gentlemen Agreement zwischen beiden, daß er die Privatperson Suter außen vor läßt, wird mein potentielles voyeuristisches Interesse nicht befriedigt. Sage ich es offen: ich finde die Person Martin Sutter und insbesondere sein Leben sehr viel interessanter als seine Bücher. Doch, doch, die lesen sich gut, aber wenn, wie bei der bisher fünfteiligen Allmenreihe die Verfilmung auch wegen des Pärchens von Allmen und Faktotum Carlos , also: Heino Ferch und Samuel Finzi – Finzi hat sowieso den Schalk im Nacken, aber wie Regisseur und Finzi Ferchs Spiel derart aberwitzig und hintersinnig werden lassen, ist allerhand - so gelungen ist, ist es schade, wenn Heino Ferch dann nur einmal als Vorleser auftaucht. Denn, Schäfer hat es sich, dem Film und uns verboten, daß die Verfilmungen von Suters Werken in diesem Film auftauchen. Aha, ein Film, der nur den Worten Bedeutung beimessen will. Wäre es da nicht besser, dann ein Buch darüber zu schreiben oder eine Artikelfolge.
Sind wir zu kritisch? Vielleicht, aber eigentlich spricht Enttäuschung aus meinen Worten. Das ist mir zu wenig, zu hören, daß er immer wisse, wie seine Bücher ausgehen – gerade las ich von einer, die nie weiß, wie ihre Bücher enden, weshalb sie sich jeden Morgen gespannt an den Rechner setzt – und die beiden Male, wo er es nicht gewußt habe, sei auch nichts herausgekommen. Was dann überrascht, ist Suter an der Schreibmaschine, schreibt er selber tatsächlich weiter darauf und nicht am Rechner, oder war das nur dekorativ, weil es gerade zur Handlung paßte?
Auf jeden Fall ist Martin Suter eine schweizerische Institution, hat aber noch nie den Schweizer Buchpreis bekommen, den es auch erst seit 2008 gibt. Gut, als er 1997 mit rund 50 Jahren mit SMALL WORLD einen Bestseller schrieb, dem schnell DIE DUNKLE SEITE DES MONDES und EIN PERFEKTER FREUND folgten, war er sich eines doppelten Lesepublikums sicher: die Welt der durch die Welt jettenden Arrivierten, die er durchaus durch den Kakao zog und die Welt derer, die zu Hause, gespickt mit Neugierde und potentieller Verachtung von dieser glamourösen Welt träumten und sich freuten, wenn dort was danebenging.
Nein, es kommt keine rechte Freude auf, auch wenn man über die stilvolle Umgebung im Gespräch des Diogenes Verlegers Philipp Keel mit seinem Erfolgsautor schmunzelt, einfach, weil dies wie aus einem Roman, wie aus dem Kino wirkt, und sich Andreas Fröhlich mit dem Vorlesen aus den Romanen Mühe gibt und dazu Bebilderungen – nein, keine Filme! - uns vor’s Auge kommen, glücklich sind wir damit nicht. Daß sich dann Martin Suter als Mundharmonikaspieler outet und für den Musiker Stephan Eicher Liedtexte verfaßt, deren Vertonung durch den Musiker er dann mit seinem Mund-Instrument begleitet, war die größte Überraschung, eine schöne. Es liegt halt in der Schweiz das ganz Heimatliche und die große weite Welt näher beieinander als in jedem anderen Land. Finde ich.
Foto:
Martin Suter mit seiner Adoptivtochter Ana, seine Frau Margrith Nay Suter spricht im Film die deutlichsten Worte
©Verleih
Info:
Autor & Regisseur André Schäfer (DE)
ProduzentInnen Marianne Schäfer & André Schäfer (DE)
Musik Martin Skalsky (CH)
Sound Design Gina Keller (CH)
Titelsong Stephan Eicher (CH)
Martin Suter mit seiner Adoptivtochter Ana, seine Frau Margrith Nay Suter spricht im Film die deutlichsten Worte
©Verleih
Info:
Autor & Regisseur André Schäfer (DE)
ProduzentInnen Marianne Schäfer & André Schäfer (DE)
Musik Martin Skalsky (CH)
Sound Design Gina Keller (CH)
Titelsong Stephan Eicher (CH)