Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Als Emilio das Drehbuch gelesen hatte, war ihm sofort klar, dass er die Rolle auf jeden Fall spielen möchte. Es gab einen Kameratest in Hamburg, wo ihm eine Glatze und ein Bart geklebt wurde – was erstaunlich gut funktionierte. Dann kam die intensive Kennenlern-Phase mit Xatar. „Für mich war das so ziemlich der aufregendste Tag, als ich zum ersten Mal nach Köln gefahren bin und mit Fatih zusammen Giwar getroffen habe“, erzählt Emilio. „Wir saßen zusammen im Goldmann Tower, sind ein paar Tage in Fatihs Auto durch Bonn gefahren, haben uns die Stadt angeschaut, ich habe viel Zeit mit ihm verbracht und konnte analysieren, wie er tickt, um ihn spielen zu können.“
„Fatih ist für mich einer der inspirierendsten Menschen, die ich je kennengelernt habe“, fährt er fort, „weil er so eine ganz besondere, sehr visuelle Art hat, Sachen zu erzählen. Man versteht sehr gut, was er meint. Bei den Gesprächen im Auto ging es darum, dass wir den Film nicht nur machen, weil es das typische ‚Ich bin Rapper und habe eine interessante Geschichte, und darüber machen wir jetzt einen Film‘ ist, sondern dass wir den Film für Randgruppen, für die Straße, für alle Leute machen, die in dem Umfeld aufwachsen, wo es so zugeht wie bei Giwar damals.“
Die Quintessenz der Geschichte
„Wir machen den Film auch mit einer gewissen Verantwortung, es geht um viel mehr als darum, die Geschichte eines Typen zu erzählen, der es geschafft hat und jetzt ein fettes Auto fährt“, führt Emilio aus. „Sondern um den Kern, wie es dazu kommt, dass jemand so viele dunkle Seiten in seinem Leben durchmachen musste, 15, 16 Jahre lang gar keinen anderen Weg sah. Denn auch wenn er sein Abi macht, bleibt er trotzdem für die Deutschen immer der Kanake, der auf die Straße gehört und fertig. Uns ging es darum, das zu transportieren. Heute ist es zum Glück teilweise besser geworden, da wird nicht unbedingt gesagt, du bist Bauer, und du kannst nur Bauer werden. Das war damals, in dieser Zeit, als all die Flüchtlinge kamen und sich in Bonn gesammelt haben, extrem so. Es ist viel mehr als nur eine persönliche Geschichte. Es geht um etwas Großes. Darüber haben wir intensiv gesprochen. Und sind alle gemeinsam darauf gekommen, dass jemand wie ich das machen muss, weil das überrascht, weil es kein Mensch erwarten würde. Und das ist einfach sehr gut
Reinkommen in die Rolle – und wieder rauskommen
Die physische Veränderung war extrem. Emilio nahm 16 Kilo zu, an Muskelmasse, trainierte jeden Tag zwei Stunden und musste alle zwei Stunden Fleisch und Reis essen und Shakes trinken. „Noch mehr trainieren, noch mehr essen – was wahrscheinlich das Anstrengendste war“, meint er. „Es passiert mir oft, dass ich für eine Rolle abnehmen muss und hab mich anfangs gefreut, dass ich endlich mal essen darf, was ich will. Aber wenn man weiß, man muss heute noch so und so viel essen, ist das nicht amüsant. Wenn man dann allerdings vor dem Spiegel steht und die Veränderung sieht, ist es schon krass, wozu man fähig ist, wenn man sich auf etwas fokussiert.“ Giwar habe ihm persönlich die Glatze rasiert, erzählt er weiter, und während der Zeit am Set trugen sie die gleichen Trainingsanzüge und sahen irgendwie aus „wie Zwillinge aus zwei verschiedenen Zeitepochen“.
Auch das Rauskommen aus der Rolle fiel extrem aus, weil die Vorbereitung viel intensiver war als sonst. „Es ist etwas anderes, wenn man sich selbst bei sich zu Hause auf eine Rolle vorbereitet oder wenn man sich spezifisch mit jemandem auseinandersetzt, der existiert, ihn nachahmt. Ich laufe anders, rede anders, lache anders, habe einen anderen Humor als Giwar, aber am Set bin ich er geworden. Das ging bis ins Private. Ich habe eine Zeit lang mit der typisch rheinländischen Sprachmelodie geredet. Das hat mich genervt. Es hat gedauert, das wieder abzulegen.“
Die Besetzung weiterer Rollen
Ilyes Raoul, Emilios jüngerer Bruder, spielt Giwar im Alter von 13 bis 16 Jahren. Die beiden haben schon häufiger die gleiche Person in verschiedenen Lebensabschnitten gespielt. „Die Ähnlichkeit ist groß“, meint Emilio, „das hat sehr gut gepasst.“ Ihr erster Film zusammen war „Zeiten ändern dich“ – da war Ilyes vier, Emilio zwölf Jahre alt. Auch „Bibi und Tina“ drehten sie zusammen. Als stärkste Erinnerung der Dreharbeiten nimmt Ilyes die Intensität der Kampfszenen mit. Und vier Prellungen am Ende. Für ihn ist der Film eine Mischung aus Giwars echtem Leben und „Fatihs unglaublich kreativer Fantasie, was super passt“. Er hat einen Tipp, wie man sich als Schauspieler auf eine solche Rolle vorbereitet: „Lern deinen Text, Bro!“, meint Ilyes. „Du musst ihn so drinhaben, dass der Regisseur verschiedene Variationen haben kann.“
Die Zusammenarbeit mit dem Rest des Casts verlief laut Giwar Hajabi sehr gut. „Fatih weiß, wie er die Leute führen muss. Meine Figur geht durch so viele Orte und Gruppen, in Bonn, London, Amsterdam – es fühlt sich an nach einem anderen Film, weil sich das Umfeld verändert während der Dreharbeiten.“
Auch mit der Besetzung seiner Eltern war Giwar mehr als zufrieden. „Fatih und seine Frau Monique Akin, die das Casting macht, haben ein unglaubliches Gespür dafür, wen man für welche Rolle besetzen kann.“ Der Darsteller seines Vaters, Kardo Razzazi, ist der Sohn eines berühmten kurdischen Sängers aus einer Stadt im Iran, den sein Vater in den 1980er-Jahren produziert hat. „Die Familie von Kardo war sehr oft bei uns zu Hause“, erzählt Giwar, „in der harten Zeit, als wir arm waren. Wir haben sie auch in Schweden besucht. Unsere Eltern waren sich sehr ähnlich. Da schloss sich ein Kreis. Kardo hatte einen besonderen Bezug zu der Rolle.“
Der Mafiosi-Onkel ist eine türkische Schauspiel-Legende, Uğur Yücel. Andere Schauspieler waren Newcomer am Set, alle machten ihre Sache perfekt.
Eine ganz eigene Rolle – die Musik
Fatih Akin zitiert Jan Delay: „Musik ist das Beste, was es gibt. Und er hat so recht! Ich bin unendlich dankbar, diesen Film gemacht haben zu dürfen – wegen der Musik. Ich konnte mich so dermaßen detailliert mit Musik beschäftigen, wie zuletzt bei ‚Crossing The Bridge‘. Dieser Film ist ein Musikfilm, in der Tradition
von ,Beat Street‘, ,Wild Style‘, ,Hass‘, ,Purple Rain‘, ,Breakin’‘, ,La Bamba‘ und ,New York, New York‘ – Musik war einer der Gründe, diesen Film gemacht zu haben.“
Dass Emilio auch selbst Musik macht, hat es erleichtert, eine Ebene mit Xatar zu finden. Die Musik war eine starke Verbindung. „Schon beim Kameratest musste ich Songs von ihm lernen“, erzählt Emilio. Beim Rappen habe es sehr geholfen, dass er selbst auch Musiker ist. Eines Tages beschloss Fatih spontan, dass Emilio etwas rappen sollte in einer Szene. „Giwar hat schnell etwas geschrieben auf einen Beat. Er hat eine spezielle Art zu rappen, einen sehr speziellen Flow. Überhaupt das Taktgefühl zu haben, am Set zu stehen und das direkt umzusetzen mit Xatar – da ist es hilfreich, wenn man weiß, was passiert. Oder in einer Szene Klavier spielen zu können. Alles, was man zusätzlich lernt, hilft beim Drehen. Musik war essenziell.“
Natürlich geht viel Musik von Xatar aus dem Hause Goldmann in den Soundtrack ein. Doch auch wenn zahlreiche Rapper wie Schwesta Ewa (mit einer Special Appearance) und SSIO Beiträge geleistet haben, ist es kein Rapper-Film. Der Score besteht aus vielen unterschiedlichen musikalischen Elementen, darunter auch Kompositionen von Giwars Vater Eghbal Hajabi.
Giwar erinnert sich, dass Fatih seinen Vater kennenlernen wollte. „Fatih kam, und alte Partituren lagen herum, wir haben alte Kassetten gehört, das wurde nie richtig aufgenommen, mein Vater war kein Business-Mann. Fatih wollte das als Score für den Film. Darauf würde kein Filmkomponist kommen, es ist eigen,
anders.“ Eine aufwendige Restauration war dafür erforderlich, zunächst musste alles in Atari-Computern aus den 1980ern gefunden werden. Eingespielt wurden Eghbal Hajabis Original-Orchesterkompositionen dann vom Sinfonieorchester Aachen. „Die Musik passt emotional, zum Beispiel die Szene in der Bonner Oper, nach unserer Ankunft in Deutschland“, sagt Giwar. „Vater und Mutter, die getrennt leben, saßen zusammen, als dieses Werk nach 30 Jahren wieder eingespielt wurde, meine Mutter mit Tränen in den Augen, ich auch. Es war einer der emotionalsten Momente meines Lebens, alles kam wieder in dem Moment. Fatih, was machst du mit mir?“
Foto:
©Verleih
Info:
WARNER BROS. PICTURES präsentiert
eine Produktion von BOMBERO INTERNATIONAL
und WARNER BROS. FILM PRODUCTIONS GERMANY
in Co-Produktion mit PALOSANTO FILMS, RAI CINEMA, LEMMING FILM,
CORAZÓN INTERNATIONAL, LENSDROP
in Zusammenarbeit mit PATHÉ
ein Film von FATIH AKIN
mit EMILIO SAKRAYA
MONA PIRZAD
KARDO RAZZAZI
ILYES RAOUL
SOGOL FAGHANI
HÜSEYIN TOP
ARMAN KASHANI
ENSAR „ENO“ ALBAYRAK als SSIO
DENIS MOSCHITTO
und UĞUR YÜCEL
Buch und Regie FATIH AKIN
nach der Autobiografie von XATAR
Abdruck aus dem Presseheft
Der Mafiosi-Onkel ist eine türkische Schauspiel-Legende, Uğur Yücel. Andere Schauspieler waren Newcomer am Set, alle machten ihre Sache perfekt.
Eine ganz eigene Rolle – die Musik
Fatih Akin zitiert Jan Delay: „Musik ist das Beste, was es gibt. Und er hat so recht! Ich bin unendlich dankbar, diesen Film gemacht haben zu dürfen – wegen der Musik. Ich konnte mich so dermaßen detailliert mit Musik beschäftigen, wie zuletzt bei ‚Crossing The Bridge‘. Dieser Film ist ein Musikfilm, in der Tradition
von ,Beat Street‘, ,Wild Style‘, ,Hass‘, ,Purple Rain‘, ,Breakin’‘, ,La Bamba‘ und ,New York, New York‘ – Musik war einer der Gründe, diesen Film gemacht zu haben.“
Dass Emilio auch selbst Musik macht, hat es erleichtert, eine Ebene mit Xatar zu finden. Die Musik war eine starke Verbindung. „Schon beim Kameratest musste ich Songs von ihm lernen“, erzählt Emilio. Beim Rappen habe es sehr geholfen, dass er selbst auch Musiker ist. Eines Tages beschloss Fatih spontan, dass Emilio etwas rappen sollte in einer Szene. „Giwar hat schnell etwas geschrieben auf einen Beat. Er hat eine spezielle Art zu rappen, einen sehr speziellen Flow. Überhaupt das Taktgefühl zu haben, am Set zu stehen und das direkt umzusetzen mit Xatar – da ist es hilfreich, wenn man weiß, was passiert. Oder in einer Szene Klavier spielen zu können. Alles, was man zusätzlich lernt, hilft beim Drehen. Musik war essenziell.“
Natürlich geht viel Musik von Xatar aus dem Hause Goldmann in den Soundtrack ein. Doch auch wenn zahlreiche Rapper wie Schwesta Ewa (mit einer Special Appearance) und SSIO Beiträge geleistet haben, ist es kein Rapper-Film. Der Score besteht aus vielen unterschiedlichen musikalischen Elementen, darunter auch Kompositionen von Giwars Vater Eghbal Hajabi.
Giwar erinnert sich, dass Fatih seinen Vater kennenlernen wollte. „Fatih kam, und alte Partituren lagen herum, wir haben alte Kassetten gehört, das wurde nie richtig aufgenommen, mein Vater war kein Business-Mann. Fatih wollte das als Score für den Film. Darauf würde kein Filmkomponist kommen, es ist eigen,
anders.“ Eine aufwendige Restauration war dafür erforderlich, zunächst musste alles in Atari-Computern aus den 1980ern gefunden werden. Eingespielt wurden Eghbal Hajabis Original-Orchesterkompositionen dann vom Sinfonieorchester Aachen. „Die Musik passt emotional, zum Beispiel die Szene in der Bonner Oper, nach unserer Ankunft in Deutschland“, sagt Giwar. „Vater und Mutter, die getrennt leben, saßen zusammen, als dieses Werk nach 30 Jahren wieder eingespielt wurde, meine Mutter mit Tränen in den Augen, ich auch. Es war einer der emotionalsten Momente meines Lebens, alles kam wieder in dem Moment. Fatih, was machst du mit mir?“
Foto:
©Verleih
Info:
WARNER BROS. PICTURES präsentiert
eine Produktion von BOMBERO INTERNATIONAL
und WARNER BROS. FILM PRODUCTIONS GERMANY
in Co-Produktion mit PALOSANTO FILMS, RAI CINEMA, LEMMING FILM,
CORAZÓN INTERNATIONAL, LENSDROP
in Zusammenarbeit mit PATHÉ
ein Film von FATIH AKIN
mit EMILIO SAKRAYA
MONA PIRZAD
KARDO RAZZAZI
ILYES RAOUL
SOGOL FAGHANI
HÜSEYIN TOP
ARMAN KASHANI
ENSAR „ENO“ ALBAYRAK als SSIO
DENIS MOSCHITTO
und UĞUR YÜCEL
Buch und Regie FATIH AKIN
nach der Autobiografie von XATAR
Abdruck aus dem Presseheft