Anna von Stillmark
Wien (Weltexpresso) - Die Frankfurter Kolleginnen haben diesmal ausgesetzt. Schade, aber verständlich. Die Frankfurter Buchmesse lag auf dem selben Termin und lag eindeutig näher. Aber im nächsten Jahr kommen wieder die direkten Filmrezensionen, denn auch dieses Jahr hätte es viel zu schreiben gegeben. Gestern feierte nun ganz Wien den offiziellen Abschluß am Vorabend des heutigen letzten Festivaltages mit einer Gala-Vorführung, wie solche herausgehobenen Ereignisse genannt werden. Es war der Film UN BEAU MATIN von Mia Hansen-Løve in Anwesenheit von Hauptdarsteller Pascal Greggory.
Doch, doch, es ist wirklich ein großer Erfolg, diese Jubiläumsausgabe: 73.700 Menschen besuchten dieses Jahr Veranstaltungen der Viennale, was einer Auslastung von 71% entspricht.Wenn man weiß, wie überall die Kinos an Besucherknappheit leiden, weil eine der unangenehmen Folgen von Corona leider ist, daß das InsKinoGehen von ehedem keine Gewohnheit mehr ist und erst wieder eine Selbstverständlichkeit werden muß.
„Diese 60. Ausgabe war eine Feier des Kinos und des Zusammenseins“, freut sich Eva Sangiorgi über ihre fünfte Viennale als Direktorin des Festivals. „Wir alle haben es gespürt, in der Energie der vollen Kinosäle, in den eindringlichen Gesprächen zwischen Autoren und Autorinnen und Publikum, in den Äußerungen all jener Menschen, mit denen wir durch die Filme so viele Erfahrungen geteilt haben. Wir sind mit großen Erwartungen an den Start gegangen – und sie wurden definitiv übertrofen! Die Viennale hat gezeigt, dass sie ein besonderer Trefpunkt für alle ist, die das Kino lieben, seien es Fachleute oder Zuschauer:innen, und sie hat ihren guten Ruf unter den nationalen wie auch den internationalen Filmveranstaltungen gefestigt. Viele Besucher und Besucherinnen haben bereits versprochen, nächstes Jahr im Oktober wieder in Wien zu sein.“
Eine Festivalausgabe der Jubiläen geht zu Ende. Die 60. Viennale und der 80. Geburtstag von Werner Herzog waren zwei Anlässe, besondere, neue Erinnerungen zu schaffen, wie sie nur im Rahmen eines Filmfestivals entstehen können, im gemeinsamen Erleben und im direkten, zwischenmenschlichen Austausch.
Filme nicht „nur“ zu zeigen, sondern sie auch zu kontextualisieren und sie im Rahmen eines aktuellen Diskurses zugänglich zu machen, ist eine der Aufgaben, denen sich das Festival seit jeher verpflichtet fühlt.
Auch die Viennale 2022 hatte jede Menge Höhepunkte zu bieten. Darunter war die Eröfnungsgala in Anwesenheit der Regisseure des Eröfnungsfilms VERA, Tizza Covi und Rainer Frimmel, und der Hauptdarstellerin Vera Gemma. Wie in den vergangenen beiden Jahren und wegen so großen Zuspruchs wurde der Film am Eröfnungsabend in vier Viennale-Kinos gezeigt.
Drei ganz unterschiedliche Monografien, die vom Wiener Publikum sehr gut aufgenommen wurden, würdigten heuer drei absolut herausragende Filmemacher. Die Arbeiten, welche die Viennale von der US-amerikanischen Regisseurin Elaine May zeigen konnte, offenbaren feinsinnigen Witz und feministischen Unternehmergeist bereits in der frühen Geschichte Hollywoods. Med Hondo, eine herausragende Persönlichkeit des panafrikanischen Befreiungskampfes, lässt in seinen Filmen tief in postkoloniale Traumata blicken, und zum 100. Geburtstag des iranischen Filmemachers Ebrahim Golestan bot die Viennale außergewöhnliche (Wieder-)Entdeckungen von Filmen zwischen Prosa, Poesie und Anthropologie.
In die zwielichtigen Welten der Spionagethriller konnte das Publikum im Rahmen der Historiografie zum argentinischen Film Noir abtauchen. Und vom Viennale-Publikum ebenfalls extrem gut angenommen wurde die in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Filmmuseum und dem National Archive of Japan kuratierte Retrospektive zu Yoshida Kijū.
Darüber hinaus konnte die Viennale auch in diesem Jahr viele großartige Gäste begrüßen, die ihre Filme vorstellten, darunter Joanna Hogg, Lav Diaz, Albert Serra, Eric Baudelaire, Peter Strickland, Hong Sangsoo, Mathieu Amalric und Lars Eidinger, der außerdem in seiner Funktion als DJ eine Nacht lang den Viennale Club zum Beben brachte.
Regisseurin Joanna Hogg begeisterte mit Einblicken in ihre Arbeitsweise im Rahmen eines mit dem Drehbuchforum gestalteten Diskussionsabends, ebenso wie der französische Regisseur Alain Guiraudie, der vor dem interessierten Publikum über das Filmemachen und das Schreiben sprach. Ein weiterer Höhepunkt: Lav Diaz gestaltete eine Masterclass für den Regieverband Österreich.
Jedes Jahr etwas neu und etwas anders ist die „Matrix“, die sich aus dem gesamten jährlichen Programm und dem Zusammenspiel der ausgewählten Filme, dem assoziativen Dialog dieser Filme untereinander ergibt. Ein Netz von Themen und Gedanken, die sich reziprok mit einem gesellschaftlichen Diskurs erschließen.
Diese Gedanken aufzugreifen und dieses Netz für das Publikum sichtbar zu machen und zur Beteiligung einzuladen, hat die Viennale auch dieses Jahr versucht. Bei einem Panel zum Thema „Männlichkeit“ versuchten Regisseurin Ruth Beckermann, Regisseur Albert Serra und Moderatorin Andrea Braidt den veränderten und verändernden Implikationen im filmischen Kontext nachzugehen. In einer anderen, ebenfalls begeistert aufgenommenen Diskussionsrunde zum Thema „Narrative und Manipulation“ besprachen die Regisseure Radu Jude, Roee Rosen und Eric Baudelaire gemeinsam mit Lisa Nesselson und dem Publikum Fallstricke und ethische Fragestellungen.
Sehr beliebt ist die Viennale auch wegen der Möglichkeit zahlreicher Publikumsgespräche. Bei 123 Vorführungen im Rahmen des Festivals beantworteten unsere Filmgaste die Fragen der Moderatoren und des Publikums.
Besonders prominent waren in diesem Jahr österreichische Filme vertreten. Standing Ovations gab es unter anderem für die Filme ELFRIEDE JELINEK – SPRACHE VON DER LEINE LASSEN und EISMAYER. Für besonderes Aufsehen sorgte die Entscheidung, Ulrich Seidls Film SPARTA zu zeigen und damit der Diskussion über Ethik und Produktionsbedingungen Raum zu geben.
Und das alles bedeutet, daß ab heute die Arbeit für die nächste Viennale, die Viennale 2023 beginnt, wo wir wieder dabei sind.
Foto:
Die italienische Leiterin der Viennale
©viennale.at
Info:
viennale.at
Filme nicht „nur“ zu zeigen, sondern sie auch zu kontextualisieren und sie im Rahmen eines aktuellen Diskurses zugänglich zu machen, ist eine der Aufgaben, denen sich das Festival seit jeher verpflichtet fühlt.
Auch die Viennale 2022 hatte jede Menge Höhepunkte zu bieten. Darunter war die Eröfnungsgala in Anwesenheit der Regisseure des Eröfnungsfilms VERA, Tizza Covi und Rainer Frimmel, und der Hauptdarstellerin Vera Gemma. Wie in den vergangenen beiden Jahren und wegen so großen Zuspruchs wurde der Film am Eröfnungsabend in vier Viennale-Kinos gezeigt.
Drei ganz unterschiedliche Monografien, die vom Wiener Publikum sehr gut aufgenommen wurden, würdigten heuer drei absolut herausragende Filmemacher. Die Arbeiten, welche die Viennale von der US-amerikanischen Regisseurin Elaine May zeigen konnte, offenbaren feinsinnigen Witz und feministischen Unternehmergeist bereits in der frühen Geschichte Hollywoods. Med Hondo, eine herausragende Persönlichkeit des panafrikanischen Befreiungskampfes, lässt in seinen Filmen tief in postkoloniale Traumata blicken, und zum 100. Geburtstag des iranischen Filmemachers Ebrahim Golestan bot die Viennale außergewöhnliche (Wieder-)Entdeckungen von Filmen zwischen Prosa, Poesie und Anthropologie.
In die zwielichtigen Welten der Spionagethriller konnte das Publikum im Rahmen der Historiografie zum argentinischen Film Noir abtauchen. Und vom Viennale-Publikum ebenfalls extrem gut angenommen wurde die in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Filmmuseum und dem National Archive of Japan kuratierte Retrospektive zu Yoshida Kijū.
Darüber hinaus konnte die Viennale auch in diesem Jahr viele großartige Gäste begrüßen, die ihre Filme vorstellten, darunter Joanna Hogg, Lav Diaz, Albert Serra, Eric Baudelaire, Peter Strickland, Hong Sangsoo, Mathieu Amalric und Lars Eidinger, der außerdem in seiner Funktion als DJ eine Nacht lang den Viennale Club zum Beben brachte.
Regisseurin Joanna Hogg begeisterte mit Einblicken in ihre Arbeitsweise im Rahmen eines mit dem Drehbuchforum gestalteten Diskussionsabends, ebenso wie der französische Regisseur Alain Guiraudie, der vor dem interessierten Publikum über das Filmemachen und das Schreiben sprach. Ein weiterer Höhepunkt: Lav Diaz gestaltete eine Masterclass für den Regieverband Österreich.
Jedes Jahr etwas neu und etwas anders ist die „Matrix“, die sich aus dem gesamten jährlichen Programm und dem Zusammenspiel der ausgewählten Filme, dem assoziativen Dialog dieser Filme untereinander ergibt. Ein Netz von Themen und Gedanken, die sich reziprok mit einem gesellschaftlichen Diskurs erschließen.
Diese Gedanken aufzugreifen und dieses Netz für das Publikum sichtbar zu machen und zur Beteiligung einzuladen, hat die Viennale auch dieses Jahr versucht. Bei einem Panel zum Thema „Männlichkeit“ versuchten Regisseurin Ruth Beckermann, Regisseur Albert Serra und Moderatorin Andrea Braidt den veränderten und verändernden Implikationen im filmischen Kontext nachzugehen. In einer anderen, ebenfalls begeistert aufgenommenen Diskussionsrunde zum Thema „Narrative und Manipulation“ besprachen die Regisseure Radu Jude, Roee Rosen und Eric Baudelaire gemeinsam mit Lisa Nesselson und dem Publikum Fallstricke und ethische Fragestellungen.
Sehr beliebt ist die Viennale auch wegen der Möglichkeit zahlreicher Publikumsgespräche. Bei 123 Vorführungen im Rahmen des Festivals beantworteten unsere Filmgaste die Fragen der Moderatoren und des Publikums.
Besonders prominent waren in diesem Jahr österreichische Filme vertreten. Standing Ovations gab es unter anderem für die Filme ELFRIEDE JELINEK – SPRACHE VON DER LEINE LASSEN und EISMAYER. Für besonderes Aufsehen sorgte die Entscheidung, Ulrich Seidls Film SPARTA zu zeigen und damit der Diskussion über Ethik und Produktionsbedingungen Raum zu geben.
Und das alles bedeutet, daß ab heute die Arbeit für die nächste Viennale, die Viennale 2023 beginnt, wo wir wieder dabei sind.
Foto:
Die italienische Leiterin der Viennale
©viennale.at
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