Pride TV1Am Donnerstag, 3. November 2022 endlich wieder bei Arte

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Der Student Joe Cooper (George MacKay) möchte 1984 seine neue Kamera bei einer Schwulen-Demonstration in London ausprobieren, hat sich aber gegenüber seinen konservativen Eltern noch nicht als schwul geoutet. Er bekommt gegen seinen Willen ein Plakat in die Hand gedrückt und landet dadurch in Gethin Robert’s (Andrew Scott) Buchladen.

An diesem Abend hat Mark Ashton (Ben Schnetzer), ein sozialistischer Schwulen-Aktivist und Mitglied der kommunistischen Partei Großbritanniens, die Idee eine Gruppe zur Unterstützung der streikenden Bergarbeiter in Großbritannien zu gründen. Die Gruppe LGSM (Lesbians and Gays Support the Miners) wird gegründet. Die Mitglieder sammeln Geld in bunten Plastikeimern, um dies den Bergarbeitern zukommen zu lassen wollen.

Hier fangen allerdings die Probleme an, da die angesprochenen ziemlich konservativen Bergarbeiter das Geld von "Perversen aus der Großstadt" nicht annehmen wollen. Nach vielen Telefonaten landen sie im keinen Ort Onllwyn in Wales. Der örtliche Gewerkschaftsführer Dai Donovan (Paddy Considine) ist interessiert und besucht die Unterstützer in London und lädt die bunte Truppe zu sich nach Hause ein.

Mark und seine Freunde fahren in ihrem auffälligen Kleinbus nach Wales, dabei sind u.a. Jonathan Blake, ein Schauspieler (Dominic West), Jeff Cole (Freddie Fox), Mike Jackson (Joseph Gilgun), die etwas vorlaute Lesbe Steph Chambers (Faye Marsay) und Joe, der seinen Eltern erzählt hat, dass er zu einem Seminar der Uni fahren will. Der Waliser Gethin bleibt dagegen in London zurück.

In Wales werden sie freundlich von Dai begrüßt. Allerdings haben die übrigen Bewohner etwas Probleme mit den seltsamen Fremden aus der Großstadt. Das ändert sich erst als Jonathan die Frauen, u. a. Hefina Headon (Imelda Staunton) und Sian James (Jessica Gunning) zum Tanzen auffordert. In dieser Nacht bieten aber nur Dai und seine Frau den Londonern eine Übernachtungsmöglichkeit - alle campen im Wohnzimmer. Nach und nach bricht aber das Eis, so dass eigentlich nur noch Maureen Barry (Lisa Palfrey), die Schwägerin von Cliff Barry (Bill Nighy), der sich im Laufe des Films outen wird, und ihre Söhne Gegner der Londoner sind.

Pride TV2Als Mark erfährt, dass der Wagen der Bergarbeitergewerkschaft nicht mehr fahrtüchtig ist, organisiert er einen neuen Kleinbus mit LGSM-Signet, mit dem Hefina stolz durch Wales fährt. Die Frauen kommen auch auf Einladung der Gruppe nach London und besuchen neugierig mit ihnen schwule Bars. Hefina erreicht es auch, dass Gethin, der nach seinem Outing nicht mehr mit seiner Mutter gesprochen hat, diese in Wales besucht. Als er später allein Geld sammelt und dabei zusammengeschlagen wird, werden sowohl seine Mutter als auch die walisischen Freunde ihn im Krankenhaus besuchen kommen.

Da sich der Streik in die Länge zieht und mit immer härteren Mitteln geführt wird, organisiert die LGSM in London ein Benefizkonzert - "Pits & Perverts", zu dem sich eine große Gruppe aus Onllwyn nach London aufmacht. Genau an dem Wochenende soll in Wales darüber abgestimmt werden, ob die örtliche Bergarbeiter-Gewerkschaft wirklich mit Schwulen-Aktivisten in Verbindung gebracht werden möchte. Natürlich wird der Abstimmungs-Termin im letzter Minute nach vorne verlegt, so dass die Gruppe nicht rechtzeitig zur Abstimmung aus London zurück sein kann und die Hilfen abgebrochen werden müssen.

Der Freundschaft zwischen den Walisern und den LGSM-Aktivisten schadet das aber trotz allem nicht. Als im nächsten Jahr eine große Schwulen-Parade in London stattfindet, nehmen die walisischen Bergarbeiter und ihre Familien daran teil, dadurch ist Marks Gruppe die Größte und wird die Demonstration anführen.


″Pride″ ist ein Film mit einen politischen Unterton, der aber nie zu sehr in den Vordergrund gestellt wird (anders als z.B. bei Billy Elliot (2000), der während des gleichen Streiks spielt). Auch das Thema AIDS, das ja zu dieser Zeit gerade anfing, Aufmerksamkeit zu erregen, wird nur am Rande gestreift (Jonathan erzählt den walisischen Freunden, dass er als einer der ersten in England gegen AIDS behandelt worden sei). Im Abspann erfährt man dann, dass Jonathan heute noch lebt und Mark Ashton am 11. Februar 1987 an AIDS gestorben ist.

Regisseur Matthew Warchus hat trotz der ernsten Themen einen fröhlichen Film über die Thatcher-Zeit und die Probleme von Minderheiten gedreht. Er ist warmherzig und witzig, mit tollen schauspielerischen Leistungen. Aus dem wunderbaren Ensemble sticht vor allem Irmela Staunton als Hefina heraus, die sowohl neugierig, zupackend und wenn nötig auch grob ist, aber auch Ben Schnetzer, der als Mark Ashton die Idee für die Unterstützung der Bergarbeiter hat und die Zusammenarbeit gegen alle Widerstände immer wieder vorantreibt, Bill Nighy, der als Außenseiter Cliff endlich bereit ist, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen, George Mackay als Neuling Joe, mit dessen Augen der Zuschauer auch die Ereignisse verfolgt, und Andrew Scott, der sich mit seiner walisischen Vergangenheit auseinander setzen muss, liefern sehenswerte schauspielerische Leistungen ab. Beim Dreh der Szenen zur Schwulen-Demonstration haben übrigens Bergleute und ihre Familien aus Onllwyn und Mitglieder der LGSM von 1984 als Statisten mitgewirkt.

Pride TV3Der Film feierte seine Premiere bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2014 und gewann dort die Auszeichnung Queer Palm Award. Daneben erhielt er unzählige weitere Nominierungen und Preise vor allem als bester Film, z.B. bei den Golden Globe Awards, BAFTA Awards, British Independent Film Awards, Gay and Lesbian Entertainment Critics Association (GALECA), London Critics Circle Film Awards und auch in Deutschland beim Hamburger Film Festival 2014.

Insgesamt ist ″Pride″ ist trotz der ernsten Themen ein liebenswerter und berührender Film, der auf einfühlsame, warmherzige und humorvolle Weise homophobe Vorurteile und Missverständnisse behandelt, das macht ihn zu einem Film, den man im Fernsehen - auch wenn gleichzeitig viele neue Film in die Kinos kommen - nicht verpassen sollte.

Foto 1: Walisische Männer tanzen nicht: Jonathan (Dominic West) bricht alte und verhärtete Gewohnheiten auf, tanzt mit Hefina (Irmela Staunton) und bekommt dafür von der walisischen Gemeinde Zuspruch © Arte
Foto 2: Bei der "Gay Pride"-Demonstration in London am 29. Juni 1985 unterstützen Bergarbeiter die Lesben- und Schwulen-Bewegung. (v.l.n.r.) Steph (Faye Marsay), Joe (George Mackay), Mark (Ben Schnetzer), Mike (Joseph Gilgun) und Dai (Paddy Considine) © Arte
Foto 3: Dai (Paddy Considine, Mi.) sammelt in einem Schwulen-Club Geld für seine streikenden Bergarbeiter zusammen mit Jeff (Freddie Fox, r.) © Arte

Info
Pride (Großbritannien 2014)
Originaltitel: Pride
Genre: Komödie, Bergarbeiterstreik, Homosexualität
Filmlänge: ca. 120 Min.
Regie: Mark Warchus
Drehbuch: Stephen Beresford
Darsteller: Ben Schnetzer, Paddy Considine, George Mackay, Bill Nighy, Irmela Staunton, Andrew Scott, Dominic West, Faye Marsay, Freddie Fox u.a.
FSK: ab 6 Jahren
″Pride″ wird am Donnerstag, den 03.11.2022 um 20.15 Uhr erstmals seit 2017 wieder im Free-TV bei Arte gezeigt.