Redaktion
Berlin (Weltexpresso) – Wer von Euch hatte denn die Idee, das Buch zu verfilmen?
Michael Gutmann: Hans-Christian und ich sind in unserer Arbeit immer wieder einmal auf Zeitungsartikel gestoßen, die uns inspiriert haben. Im Februar 2018
war das die Ankündigung einer kommenden Veröffentlichung: Johann Scheerer, Wir sind dann wohl die Angehörigen. Es sprang uns ins Auge, dass da ein
13-Jähriger erlebt, wie sein Vater entführt worden ist. Wir fanden es gut, wie nah hier aus der Perspektive der Angehörigen erzählt wird und wir dachten, für eine Drehbuchadaption würden wir auf keinen Fall in die Täterperspektive wechseln wollen, auch nicht zum Ort der Gefangenschaft gehen, wie das bei Krimis oft der Fall ist. Wir fragten uns, wie sich etwas, das man sonst mit „True Crime“ assoziieren würde, in Hans-Christians Werk integrieren könnte.
Aber ist es nicht gerade ein verbindendes Element vieler Eurer Arbeiten: Wahre Geschichten als Ausgangspunkte für Filme, die dann durchaus auch Genrekriterien erfüllen? Ich denke an Eure gemeinsamen Arbeiten „23“, „Crazy“ und „Lichter“, sowie Hans-Christians „Requiem“ und „Sturm“.
Hans-Christian Schmid: Auch wenn unseren Filmen wahre Begebenheiten zugrunde liegen, stelle ich mir bei der Bearbeitung die Frage, was ein bestimmtes
Ereignis oder ein Thema mit mir zu tun hat. Warum gerade ich diese Geschichte erzählen soll. Ich brauche einen klaren persönlichen Bezugspunkt, eine Verbindung zur eigenen Biografie. So wie „Requiem“ für mich in erster Linie kein Film über Exorzismus, sondern über eine misslungene Mutter-Tochter-Beziehung ist, so hat mich bei „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ vor allem das Dreieck Vater-Mutter-Sohn interessiert.
Michael: Zum Thema Genre fällt mir ein: Johann Scheerer beschreibt im Buch, wie er sich abzulenken versucht, indem er alle möglichen VHS-Kassetten seines Vaters anschaut, hauptsächlich Action Adventure Movies mit gewitzten Helden. In Hans-Christians Filmen fällt mir auf, dass er keine Helden schildert, die sich im Kampf bewähren.
Hans-Christian: Es wäre gar nicht möglich gewesen, solche Helden zu erfinden, denn wir hatten keine großen Spielräume. Wir steckten im Korsett einer äußeren Handlung, die wir auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen mussten. Auch bei den Figuren waren wir festgelegt: Wir konnten sie nicht neu erschaffen, oder gar, wie im Genrefilm, ein ganzes Figurenteam mit einzelnen Aufgaben.
Wie habt Ihr dann mit den realen Rollenvorbildern Eure Vision abgeklärt – nur in der Drehbuchphase oder auch noch beim Dreh?
Hans-Christian: Das geschah im Vorfeld. Wir hatten mit Johann Scheerer vereinbart, dass wir mit allen Beteiligten Gespräche führen und ihnen die Drehbuchfassungen zum Lesen geben würden. Wir wollten den Schreibprozess transparent machen und die Beteiligten soweit es geht mit auf diese Reise nehmen. Wir haben uns zwei Jahre Zeit dafür genommen. Haben uns immer wieder getroffen – und so natürlich auch Vieles erfahren, das nicht in der Buchvorlage steckte.
Dieses Abgleichen mit den authentischen Perspektiven ist ja fast eine psychologisch-detektivische Arbeitsweise ...
Hans-Christian: Ein Schlüsselmoment für Michael und mich war die erste Begegnung mit Johanns Mutter, Ann Kathrin Scheerer. Ihre Offenheit uns gegenüber hat uns gleichzeitig bewusst gemacht, wie groß unsere Verantwortung ist. Wir nehmen uns da ja ganz schön was raus: Als Außenstehende maßen wir uns an, etwas über die innersten Bereiche einer Familie in einem Ausnahmezustand zu erzählen. Sie bat uns, möglichst ‚psychologisch genau’ und ‚nicht unterkomplex’ zu erzählen.
Bei einem weiteren Treffen, als schon die erste Buchfassung vorlag, sagte sie: „Im Drehbuch steht, dass ich auf dem Polizeirevier einen Zusammenbruch habe. Das stimmt nicht, ich hatte da nie einen Zusammenbruch“. Ich dachte, sie haut uns das gleich um die Ohren, aber dann sagte sie: „Für mich klingt es genau richtig so. Genau so hab‘ ich mich gefühlt, zu dieser Zeit.“ Das hat uns Mut gemacht, den Stoff frei zu bearbeiten, solange es uns gelingt, die Gefühle der Beteiligten auszudrücken.
Der Polizei muss man ja in unseren Breiten keine Drehbücher vorlegen – oder unterliegen einzelne Aspekte der Reemtsma-Entführung noch immer der Geheimhaltung?
Hans-Christian: Man muss der Polizei keine Drehbücher vorlegen, aber auch ein Polizist hat Persönlichkeitsrechte, und deshalb haben wir mit den Angehörigenbetreuern, der Polizeipsychologin und später auch mit dem Einsatzleiter die Buchfassungen besprochen. Für uns wurde bei den Gesprächen mit der Polizei ein Aspekt deutlich, der in Johann Scheerers Buch nur am Rande vorkommt: Der unauflösbare Widerspruch zwischen den Interessen der Angehörigen und denen der Polizei. Johann und seine Mutter wollten unbedingt, dass bereits die erste Geldübergabe klappt. Die Polizei will das auch, doch sie hat auch einen Ermittlungsauftrag und sieht in den Übergaben ihre einzige Chance, den Tätern nahe zu kommen. Es wird also observiert, was wiederum die Übergaben gefährdet. Dieser Widerspruch wurde insbesondere für Ann Kathrin Scheerer zu einer unerträglichen Belastung. Ihr Zusammenbruch auf dem Revier ist eine komprimierte Veräußerlichung dieser Phase der Entführung.
Lässt sich ein autobiographisches Erinnerungsbuch überhaupt eins zu eins adaptieren?
Hans-Christian: Wir hätten Johann Scheerers Erzählperspektive einhalten und näher am Buch bleiben können, aber es war klar, dass er als 13-jähriger Vieles gar nicht miterleben konnte. Wenn seine Mutter und ihr Anwalt zu einer nächtlichen Geldübergabe aufbrechen, liegt er mit einer halben Valium im Bett. Wir haben uns also entschieden, die Perspektive auf seine Mutter zu erweitern, später auch noch auf den Anwalt, wenn er allein zu einer Übergabe fährt. Gleichzeitig haben wir uns bemüht, Johann schnellstmöglich an diesen äußeren Ereignissen teilhaben zu lassen, möglichst zeitgleich mit den Zuschauerinnen und Zuschauern.
Michael: Wir mussten den Blickwinkel öffnen, durften Johann aber nicht verlieren. Dafür haben wir viele kleine Spannungsbögen erfunden: Wie die kleine Szene, wo er in der Mülltonne nach der Vergil-Lektüre sucht, die ihm sein Vater gegeben hatte. Sonst wäre Johann leicht zur Nebenfigur geworden.
Eine weitere Herausforderung sind ja auch die beiden Zeitebenen, denn die Erinnerungsperspektive des erwachsenen Johann ist natürlich eine andere als die Zeitebene der Entführung.
Michael: Allerdings, Romane können mit großer Leichtigkeit Zeitebenen und Handlungsstränge kombinieren, aber im Film ist das höchster Schwierigkeitsgrad. Uns hat die Frage beschäftigt, ob Johann das alles rückblickend, also aus der Erinnerung erzählen könnte. Zum Beispiel haben wir in dem Zusammenhang die Klassiker „Stand by Me“ und „Mein Leben als Hund“ diskutiert. Schließlich haben wir beschlossen, die Gegenwartsperspektive draußen zu lassen, weil wir sie nicht brauchten. Aber auch innerhalb der Filmhandlung spielt Erinnerung immer wieder eine wichtige Rolle, Ann Kathrin Scheerers Erinnerung vor allem.
Obwohl die eigentliche Geiselnahme nicht zu sehen ist, sind wir dennoch in einer Gefangenensituation – denn die Angehörigen leben ja unter der Belagerung der Polizei. Ich finde, ein interessanter Genre-Switch, der mich an klassische Geiselnehmerfilme wie „Funny Games“ erinnert ...
Hans-Christian: Johann hat das nicht so sehr als Belagerung empfunden, sondern hat sich im Haus offenbar beschützt gefühlt. Nach gelegentlichen Ausflügen ins Kino oder auf den Dom empfand er die Anwesenheit der Anderen als beruhigend. Eine Art Notgemeinschaft, die sich gegenseitig Halt gab. Und Schutz vor den Gefahren, die möglicherweise vor der Tür lauerten: die Komplizen der Täter oder Fotografen. Und dann setzte mitten in der Arbeit am Buch der erste Lockdown ein, und wir selbst konnten auch kaum mehr das Haus verlassen.
Wie habt Ihr denn die Arbeit im Pandemie-Lockdown empfunden?
Michael: Man muss schon sehr gut miteinander befreundet sein und einen Glauben an die gemeinsame Vision haben. Ich kam mir manchmal vor wie im 19. Jahrhundert, als Briefe so eine wichtige Rolle gespielt haben. Wir haben uns viel geschrieben und viel analysiert. Und uns vor allem zu Johann sehr viel einfallen lassen, was nie in den Film kam.
Sprechen wir über Freundschaft: Das ist Euer erster gemeinsamer Film seit 19 Jahren, hat sich da mal jemand aus den Augen verlorenen?
Michael: Die Freundschaft gab es immer, vor allem auf familiärer Ebene. Wir haben über die Jahre immer nach einer Gelegenheit gesucht, wie man mal wieder zusammen schreiben könnte. Ich bin einer der langsamsten Schreiber der Welt, und das ist dann auch immer so ein Geduldsspiel.
Man kann auch sagen: Es ist ein außergewöhnlich sorgfältiges und reflektiertes Arbeiten ...
Michael: Ich glaube, für unsere Art der Umsetzung eines Stoffes ist es schon sehr wichtig, dass man sich gut kennt. Ein Kino der Beobachtung, das eben nicht sagt, wir sind dann mal im Kopf der Hauptfigur drin, sondern seine Wirkung durch das Licht, durch die Szene, durch das Zusammenspiel der Schauspieler entfaltet.
Michael, Du hast schon „Nach fünf im Urwald“, Hans-Christians ersten Spielfilm, geschrieben. Gibt es etwas, das seinen Stil für Dich besonders charakterisiert?
Michael: Hans-Christian bemüht sich, jedes „bigger than life“ zu vermeiden. Das fällt mir im Marvel-Zeitalter noch mehr auf als damals. Im Film will der Angehörigenbetreuer Nickel sich von Johann verabschieden, der ist aber scheinbar in das Daddeln am Gameboy vertieft. Er blickt Nickel nicht an und sagt kein Wort. Nickel akzeptiert das und geht. Für mich eine starke Szene, die viel erzählt. Erst bei einer Buchlesung von Johann Scheerer 22 Jahre später haben die beiden sich wieder gesehen.
Foto:
©Verleih
Info:
STAB
Regie. Hans-Christian Schmid
Drehbuch Michael Gutmann und Hans-Christian Schmid nach dem gleichnamigen Buch von Johann Scheerer
BESETZUNG
Johann Scheerer Claude Heinrich
Ann Kathrin Scheerer Adina Vetter
Johann Schwenn Justus von Dohnányi
Christian Schneider Hans Löw
Vera Yorck Dippe
Nickel Enno Trebs
Rainer Osthoff Fabian Hinrichs
Jan Philipp Reemtsma Philipp Hauß
Wie habt Ihr dann mit den realen Rollenvorbildern Eure Vision abgeklärt – nur in der Drehbuchphase oder auch noch beim Dreh?
Hans-Christian: Das geschah im Vorfeld. Wir hatten mit Johann Scheerer vereinbart, dass wir mit allen Beteiligten Gespräche führen und ihnen die Drehbuchfassungen zum Lesen geben würden. Wir wollten den Schreibprozess transparent machen und die Beteiligten soweit es geht mit auf diese Reise nehmen. Wir haben uns zwei Jahre Zeit dafür genommen. Haben uns immer wieder getroffen – und so natürlich auch Vieles erfahren, das nicht in der Buchvorlage steckte.
Dieses Abgleichen mit den authentischen Perspektiven ist ja fast eine psychologisch-detektivische Arbeitsweise ...
Hans-Christian: Ein Schlüsselmoment für Michael und mich war die erste Begegnung mit Johanns Mutter, Ann Kathrin Scheerer. Ihre Offenheit uns gegenüber hat uns gleichzeitig bewusst gemacht, wie groß unsere Verantwortung ist. Wir nehmen uns da ja ganz schön was raus: Als Außenstehende maßen wir uns an, etwas über die innersten Bereiche einer Familie in einem Ausnahmezustand zu erzählen. Sie bat uns, möglichst ‚psychologisch genau’ und ‚nicht unterkomplex’ zu erzählen.
Bei einem weiteren Treffen, als schon die erste Buchfassung vorlag, sagte sie: „Im Drehbuch steht, dass ich auf dem Polizeirevier einen Zusammenbruch habe. Das stimmt nicht, ich hatte da nie einen Zusammenbruch“. Ich dachte, sie haut uns das gleich um die Ohren, aber dann sagte sie: „Für mich klingt es genau richtig so. Genau so hab‘ ich mich gefühlt, zu dieser Zeit.“ Das hat uns Mut gemacht, den Stoff frei zu bearbeiten, solange es uns gelingt, die Gefühle der Beteiligten auszudrücken.
Der Polizei muss man ja in unseren Breiten keine Drehbücher vorlegen – oder unterliegen einzelne Aspekte der Reemtsma-Entführung noch immer der Geheimhaltung?
Hans-Christian: Man muss der Polizei keine Drehbücher vorlegen, aber auch ein Polizist hat Persönlichkeitsrechte, und deshalb haben wir mit den Angehörigenbetreuern, der Polizeipsychologin und später auch mit dem Einsatzleiter die Buchfassungen besprochen. Für uns wurde bei den Gesprächen mit der Polizei ein Aspekt deutlich, der in Johann Scheerers Buch nur am Rande vorkommt: Der unauflösbare Widerspruch zwischen den Interessen der Angehörigen und denen der Polizei. Johann und seine Mutter wollten unbedingt, dass bereits die erste Geldübergabe klappt. Die Polizei will das auch, doch sie hat auch einen Ermittlungsauftrag und sieht in den Übergaben ihre einzige Chance, den Tätern nahe zu kommen. Es wird also observiert, was wiederum die Übergaben gefährdet. Dieser Widerspruch wurde insbesondere für Ann Kathrin Scheerer zu einer unerträglichen Belastung. Ihr Zusammenbruch auf dem Revier ist eine komprimierte Veräußerlichung dieser Phase der Entführung.
Lässt sich ein autobiographisches Erinnerungsbuch überhaupt eins zu eins adaptieren?
Hans-Christian: Wir hätten Johann Scheerers Erzählperspektive einhalten und näher am Buch bleiben können, aber es war klar, dass er als 13-jähriger Vieles gar nicht miterleben konnte. Wenn seine Mutter und ihr Anwalt zu einer nächtlichen Geldübergabe aufbrechen, liegt er mit einer halben Valium im Bett. Wir haben uns also entschieden, die Perspektive auf seine Mutter zu erweitern, später auch noch auf den Anwalt, wenn er allein zu einer Übergabe fährt. Gleichzeitig haben wir uns bemüht, Johann schnellstmöglich an diesen äußeren Ereignissen teilhaben zu lassen, möglichst zeitgleich mit den Zuschauerinnen und Zuschauern.
Michael: Wir mussten den Blickwinkel öffnen, durften Johann aber nicht verlieren. Dafür haben wir viele kleine Spannungsbögen erfunden: Wie die kleine Szene, wo er in der Mülltonne nach der Vergil-Lektüre sucht, die ihm sein Vater gegeben hatte. Sonst wäre Johann leicht zur Nebenfigur geworden.
Eine weitere Herausforderung sind ja auch die beiden Zeitebenen, denn die Erinnerungsperspektive des erwachsenen Johann ist natürlich eine andere als die Zeitebene der Entführung.
Michael: Allerdings, Romane können mit großer Leichtigkeit Zeitebenen und Handlungsstränge kombinieren, aber im Film ist das höchster Schwierigkeitsgrad. Uns hat die Frage beschäftigt, ob Johann das alles rückblickend, also aus der Erinnerung erzählen könnte. Zum Beispiel haben wir in dem Zusammenhang die Klassiker „Stand by Me“ und „Mein Leben als Hund“ diskutiert. Schließlich haben wir beschlossen, die Gegenwartsperspektive draußen zu lassen, weil wir sie nicht brauchten. Aber auch innerhalb der Filmhandlung spielt Erinnerung immer wieder eine wichtige Rolle, Ann Kathrin Scheerers Erinnerung vor allem.
Obwohl die eigentliche Geiselnahme nicht zu sehen ist, sind wir dennoch in einer Gefangenensituation – denn die Angehörigen leben ja unter der Belagerung der Polizei. Ich finde, ein interessanter Genre-Switch, der mich an klassische Geiselnehmerfilme wie „Funny Games“ erinnert ...
Hans-Christian: Johann hat das nicht so sehr als Belagerung empfunden, sondern hat sich im Haus offenbar beschützt gefühlt. Nach gelegentlichen Ausflügen ins Kino oder auf den Dom empfand er die Anwesenheit der Anderen als beruhigend. Eine Art Notgemeinschaft, die sich gegenseitig Halt gab. Und Schutz vor den Gefahren, die möglicherweise vor der Tür lauerten: die Komplizen der Täter oder Fotografen. Und dann setzte mitten in der Arbeit am Buch der erste Lockdown ein, und wir selbst konnten auch kaum mehr das Haus verlassen.
Wie habt Ihr denn die Arbeit im Pandemie-Lockdown empfunden?
Michael: Man muss schon sehr gut miteinander befreundet sein und einen Glauben an die gemeinsame Vision haben. Ich kam mir manchmal vor wie im 19. Jahrhundert, als Briefe so eine wichtige Rolle gespielt haben. Wir haben uns viel geschrieben und viel analysiert. Und uns vor allem zu Johann sehr viel einfallen lassen, was nie in den Film kam.
Sprechen wir über Freundschaft: Das ist Euer erster gemeinsamer Film seit 19 Jahren, hat sich da mal jemand aus den Augen verlorenen?
Michael: Die Freundschaft gab es immer, vor allem auf familiärer Ebene. Wir haben über die Jahre immer nach einer Gelegenheit gesucht, wie man mal wieder zusammen schreiben könnte. Ich bin einer der langsamsten Schreiber der Welt, und das ist dann auch immer so ein Geduldsspiel.
Man kann auch sagen: Es ist ein außergewöhnlich sorgfältiges und reflektiertes Arbeiten ...
Michael: Ich glaube, für unsere Art der Umsetzung eines Stoffes ist es schon sehr wichtig, dass man sich gut kennt. Ein Kino der Beobachtung, das eben nicht sagt, wir sind dann mal im Kopf der Hauptfigur drin, sondern seine Wirkung durch das Licht, durch die Szene, durch das Zusammenspiel der Schauspieler entfaltet.
Michael, Du hast schon „Nach fünf im Urwald“, Hans-Christians ersten Spielfilm, geschrieben. Gibt es etwas, das seinen Stil für Dich besonders charakterisiert?
Michael: Hans-Christian bemüht sich, jedes „bigger than life“ zu vermeiden. Das fällt mir im Marvel-Zeitalter noch mehr auf als damals. Im Film will der Angehörigenbetreuer Nickel sich von Johann verabschieden, der ist aber scheinbar in das Daddeln am Gameboy vertieft. Er blickt Nickel nicht an und sagt kein Wort. Nickel akzeptiert das und geht. Für mich eine starke Szene, die viel erzählt. Erst bei einer Buchlesung von Johann Scheerer 22 Jahre später haben die beiden sich wieder gesehen.
Foto:
©Verleih
Info:
STAB
Regie. Hans-Christian Schmid
Drehbuch Michael Gutmann und Hans-Christian Schmid nach dem gleichnamigen Buch von Johann Scheerer
BESETZUNG
Johann Scheerer Claude Heinrich
Ann Kathrin Scheerer Adina Vetter
Johann Schwenn Justus von Dohnányi
Christian Schneider Hans Löw
Vera Yorck Dippe
Nickel Enno Trebs
Rainer Osthoff Fabian Hinrichs
Jan Philipp Reemtsma Philipp Hauß