Free-TV Premiere als Nachttipp am Freitag, 30. Dezember 2022 bei Pro Sieben
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) lebt Ende der 1980er Jahre in einem verdreckten Gotham City. Er wohnt in einem kleinen, schäbigen Appartement in einem miesen Viertel zusammen mit seiner kranken Mutter Penny (Frances Conroy), um die er sich liebevoll kümmert. Arthur leidet an einer psychischen Störung, die er mit sieben verschiedenen Psychopharmaka behandelt und die dazu führt, dass er immer wieder spontan in unkontrollierbares, lang anhaltendes Gelächter ausbricht. Seinen Lebensunterhalt verdient er, indem er als Clown arbeitet und z.B. Werbeschilder für Schlussverkäufe auf der Straße zeigt oder auch Kinder im Krankenhaus erfreut.
Sein größter Traum ist es, in seiner Lieblingstalkshow bei Murray Franklin (Robert De Niro) als Stand-Up Comedian auftreten zu können, doch er wird von den vielen Unsicherheiten im täglichen Leben geplagt, dass er sich das nie zutrauen würde.
Nachdem ihm eines Tages jugendliche Bandenmitglieder sein Werbeschild geklaut und ihn anschließend in einer engen Straße auch noch verprügelt hatten, schenkt ihm sein Arbeitskollege Randall (Glenn Fleshler) eine Pistole, damit er sich beim nächsten Angriff verteidigen kann.
Als er in seinem Clownskostüm in der U-Bahn von drei jungen besser situierten Männern angepöbelt und geschlagen wird, erschießt Arthur sie kurz entschlossen: vor allem den dritten, der noch fliehen konnte, richtet er regelrecht hin. Damit löst er eine Bewegung aus, in der die ärmere Bevölkerung - mit Clownsmasken versehen - gegen die Oberschicht aufbegehrt. Arthur merkt dadurch, dass er vom Niemand zu einem unerkannten Star in Gotham City geworden ist.
Auch wenn er als Stand-up Comedian auf der Bühne steht und durch seine Krankheit nur selbst über seine Witze lacht, wird er von seinem großen Idol Murray Franklin zu dessen Late-Night-Show eingeladen. Dort bittet Arthur den Moderator, ihn nicht mit seinem Namen, sondern mit Der Joker vorzustellen. Als Franklin allerdings nur Spott für Arthur übrig hat, führt dies zu einer verhängnisvollen Kettenreaktion, denn zur gleichen Zeit eskalieren die Unruhen in der Stadt…
Der Joker ist einer der bekanntesten Bösewichte in den Comics des Verlages DC Comics, der wiederum eine Tochtergesellschaft von Warner Bros. ist. Der Joker, dessen Name sich auf den Joker als Spielkarte aber auch auf den darauf abgebildeten Hofnarren bezieht, ist einer der Hauptgegenspieler von Batman - mit richtigem Namen Bruce Wayne.
In den letzten Jahren wurde der Joker von Jack Nicholson in "Batman" (1989), Heath Ledger in "The Dark Knight" (2008) und Jared Leto in "Suicide Squad" (2016) gespielt, jetzt übernimmt Joaquin Phoenix die Rolle. Bei all den genannten Filmen war der Joker nicht die Hauptrolle (Heath Ledger hat für seine Darstellung auch den Oscar als bester Nebendarsteller erhalten).
Regisseur Todd Phillips hat nach einem Drehbuch von Scott Silver und ihm selbst die Vorgeschichte des hier Arthur Fleck genannten Jokers in das Zentrum seines Films gesetzt. Bruce Wayne (Dante Pereira-Olson) tritt nur in zwei kurzen Szenen als Kind auf.
Gotham City - das dem New York der 1970er und 1980er Jahre ähnelt - ist eine Stadt in der sich durch den Streik der Müllmänner der Unrat türmt. Doch auch die Menschen sind gefährlich, so wird Arthur grundlos zusammen geschlagen und auch die Wohnsituation der ärmeren Bevölkerung ist erbärmlich. Als dann der Bürgermeisterkandidat Thomas Wayne (Brett Cullen) als Vertreter der reichen Oberschicht in seiner Stellungnahme zu dem U-Bahn-Mord an den drei jungen Männern behauptet, dass er den Täter für einen Loser halte, der auf die sozial besser Gestellten eifersüchtig sei, bekommt Arthur Rückenwind und dadurch auch mehr Selbstbewusstsein.
Vor allem als er merkt, dass es dem unerkannten Clown gelingt, in der Stadt gleich eine ganze Revolution von Menschen mit Clownsmasken anzuzetteln, denn durch diese Tat erheben sich die Abgehängten und Verarmten gegen die abgeschottet lebenden Reichen der Stadt.
Joaquin Phoenix spielt Arthur Fleck als einen Mann, der sich zwar um seine kranke Mutter kümmert, der auf der falschen Seite einer zutiefst zerrütteten Stadt lebt und der im Clownskostüm von einer Jugendbande zusammengeschlagen wird, der aber immer noch hofft, selbst aufzusteigen und auch ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Der aber auch durch die äußeren Bedingungen im Laufe des Films immer weiter absteigt und der dadurch immer verrückter und unbändiger wird.
Phoenix' Darstellung des Arthur Fleck, der hier als Joker hervorragend besetzt ist, wirkt wie eine Vorgeschichte zu Heath Ledgers Joker in "The Dark Knight". Es ist schon große Schauspielkunst von Joaquin Phoenix, wie er der Widersprüchlichkeit des Charakters eine ganz neue Schärfe verleiht. Zumindest kann man sich als Zuschauer vorstellen, dass aus dem Verlierer in der Abwärtsspirale später der psychotische Joker werden kann.
Neben Joaquin Phoenix' Darstellung als Joker verblassen die Leistungen aller anderen Akteure. Dies gilt auch für Frances Conroy als Arthurs Mutter Penny oder Zazie Beetz als Arthurs zeitweilige Freundin Sophie Dumond und sogar für Robert De Niro als überheblicher Talkshowmoderator Murray Franklin.
"Joker" ist ganz sicher düster, brutal, verstörend und ausgesprochen böse aber auch nostalgisch, denn er erinnert ganz bewusst nicht nur an das New York der später 1970er und frühen 1980er Jahre - in dieser Zeit soll der Film ja auch spielen - sondern vor allen an die in New York spielenden Filme von Martin Scorsese aus der gleichen Zeit, wie z.B. "Taxi Driver" (1976) und "The King of Comedy" (1982), in denen Robert De Niro jeweils die Hauptrolle gespielt hat.
Mit "Joker" hat Regisseur Todd Phillips einen Film geschaffen, der mit Joaquin Phoenix niederschmetternder Charakterstudie zum Nachdenken anregt und der ganz sicher als Kontrast zu den bisherigen Superheldenfilmen gesehen werden muss.
Vom American Film Institute wurde der Film in die Top 10 der besten Filme 2019 aufgenommen. Der Film erhielt weiter auch noch zahllose Nominierungen und Auszeichnungen, aber vor allem die Leistung von Joaquin Phoenix als Arthur Fleck wurde besonders gewürdigt, denn Phoenix gewann 2020 neben vielen anderen Preisen als bester Hauptdarsteller – wie bei den British Academy Film Awards, den Critics’ Choice Movie Awards, den Screen Actors Guild Awards und den Golden Globe Awards – bei der Oscarverleihung die Auszeichnung als bester Hauptdarsteller. Übrigens wurde die in Berlin lebende isländische Cellistin und Komponistin Hildur Guðnadóttir für die Musik des Filmes ähnlich wie Phoenix mit mehreren Preisen incl. des Oscars für die beste Filmmusik ausgezeichnet.
Auch die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) hat dem mitreißenden Psychodrama mit einem sensationell aufspielenden Joaquin Phoenix in der Hauptrolle des berühmtesten Bösewichts des Batman-Comic-Universums das Prädikat ″besonders wertvoll″ verliehen.
Insgesamt ist trotz aller verstörender Brutalität und ambivalenter Aussagen ein fesselnder Film entstanden, denn "Joker" ist auch ein solides Sozialdrama, das systematisch aufzeigt, wie Arthur am Leben und an den äußeren Umständen zerbricht und als kranker Mann in einer kranken Umgebung scheitert. Es ist natürlich diskussionswürdig, ob der Weg von Arthur Fleck am Ende wirklich zu einem soziopathischen Mörder führen muss. Trotzdem ist "Joker" ein nervenaufreibender Film, der bei aller einseitiger aber konsequenter Darstellung der Umstände ganz sicher auch zu später Stunde im Fernsehen sehenswert ist.
Foto 1: Joaquin Phoenix als Arthur Fleck / Joker © Warner Bros. Entertainment & DC Comics / Pro7
Foto 2: Robert De Niro als Murray Franklin und Joaquin Phoenix als Arthur Fleck / Joker © Warner Bros. Entertainment & DC Comics / Pro7
Foto 3: Joaquin Phoenix als Arthur Fleck / Joker © Warner Bros. Entertainment & DC Comics / Pro7
Info:
Joker (USA, Kanada 2019)
Originaltitel: Joker
Genre: Drama, Comicverfilmung, DC Comics
Filmlänge: ca. 111 Min.
Regie: Todd Phillips
Drehbuch: Todd Phillips und Scott Silver
Darsteller: Joaquin Phoenix, Robert De Niro, Zazie Beetz, Frances Conroy, Brett Cullen, Glenn Fleshler, Bill Camp, Shea Whigham, Marc Maron, Douglas Hodge, Josh Pais, Leigh Gill u.a.
FSK: ab 16 Jahren
Der Spielfilm wird als Free-TV Premiere am Fr. 30.12.2022 um 22:40 Uhr bei Pro Sieben gezeigt und am Do. 02.02.2023 um 01:45 Uhr wiederholt.