Redaktion
London (Weltexpresso) – Als Pádraic nicht aufhört, Colm um eine Antwort zu bitten, eskaliert die Situation. McDonagh erklärt: „Colm erkennt, dass er etwas wirklich Drastisches machen muss, wenn er in Ruhe gelassen werden will. Er droht damit, sich seine Finger abzuschneiden, wenn Pádraic ihn weiter bedrängt und ihn von seiner Kunst abhält. Und Gleeson fährt fort: „Das ist ein bisschen wie nukleare Abschreckung. Er denkt sich: ,Wenn ich mit dieser schrecklichen Sache drohe, dann wird nichts passieren.‘ Symbolisch droht Colm damit, seine eigene Gabe der Musikalität zu zerstören und sieht das als besonderen Ausdruck seiner Entschlossenheit an.“
„Es lohnt, mit dem Finger darauf zu deuten“, sagt Graham Broadbent (und verwendet einen etwas unglücklichen Ausdruck in Anbetracht der Sachlage), „dass Colm ein Fiddlespieler ist und seine Finger eine gewisse Bedeutung bei der Ausübung dieser kreativen Unternehmung haben.“
Dann kommen die anderen Einwohner der Insel ins Spiel. Da ist Peadar Kearney, gespielt von Gary Lydon („Brooklyn“, „Am Sonntag bist du tot“, „The Guard – Ein Ire sieht schwarz”), der ansässige Polizeibeamte, dessen Abneigung gegen Pádraic und seine Schwester Siobhán sich nach dessen Trennung von Colm noch intensiviert. Dominic Kearney, der Sohn des Polizisten, gespielt von Barry Keoghan („Dunkirk“, „The Killing of a Sacred Deer”, „Eternals”) “ist noch eine Person, die von der Spaltung der beiden Männer betroffen ist“, wie McDonagh ausführt.
Nach einer Weile fühlt sich nicht einmal mehr das Pub, geführt von dem Kneipier Jonjo, gespielt von Pat Shortt („Frank of Ireland“, „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“, „Garage“), wie ein sicherer Anlaufpunkt für Pádraic an.
„Es ist ein Ensemblefilm und somit gibt es viele Stränge in der Handlung“, sagt Colin Farrell. „Die Geschichte erzählt von einem Ort, der nicht wirklich existiert. Er entstammt Martins Fantasie, die mit verschiedenen bekannten Versatzstücken spielt. Aber es geht um zwei Freunde, die nicht mehr länger Freunde sind, und um die Konsequenzen und welche Auswirkungen die Konsequenzen auf die gesamte Gemeinde haben. Es gibt Uneinigkeit und Wahnsinn, Verlust und Leid, und ein bisschen lachen kann man auf dem Weg auch noch.“
Colms künstlerisches Dilemma spiegelt sich in Siobhán, Pádraics Schwester, deren Leben aus Lesen, Essen kochen und Einsamkeit besteht. Colm steht vielleicht für einen Kampf, den Siobhán tief in ihrem Inneren schon seit Jahren führt.
„Ich denke, Colm hätte die Insel schon vor langer Zeit hinter sich lassen sollen“, meint Colin Farrell. „Ich bin mir nicht sicher, ob in ihm das Herz eines Wanderers schlägt oder ob er einfach angeödet ist von der ewigen Monotonie und Gleichheit, die ihm jeden Tag seines Lebens entgegenschlägt.“
Farrell findet, dass alle Figuren in diesem Film ihre eigenen Kämpfe, ihre eigene Traurigkeit, ihre eigenen Geheimnisse haben. „Alle Figuren hier sind meschugge. Sie sind wahnsinnig auf sehr unterschiedliche und eigene Weise; Archetypen, die zusammengebracht werden, um für ein gewisses Maß an Chaos zu sorgen – aber nicht Chaos um des Chaos Willen, und auch keine düsteren Momente oder Themen, die einen kitzeln oder schockieren sollen.“
„Ich wollte, dass die Nebenfiguren allesamt ein Eigenleben führen“, sagt McDonagh. „Jeder Mensch ist in seinem eigenen Film die Hauptfigur, und so sollte man auch alle Nebenfiguren behandeln. Weil es diesen kleinen Krieg zwischen diesen beiden Typen gibt, muss man ein Gefühl dafür bekommen, wie die Gemeinde reagiert und damit umgeht und auf welche Seite sich die Leute stellen.“
Letztlich erscheint das Leben auf der Insel Inisherin wie die Hölle, findet Brendan Gleeson: „Wir sind ohne Frage von Schönheit umgeben. Aber der Blick führt nur nach innen. Da ist was faul in der Gemeinde von Inisherin.“
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