Bildschirmfoto 2023 01 29 um 02.13.15Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. Januar 2023, Teil 18

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) - Auch das private Umfeld der Protagonisten ist promi- nent besetzt: Wotan Wilke Möhring übernahm die Rolle des App-Designers Hoffmann. „Das ist ein al- ter Freund und der beste Freund und vielleicht auch der einzige Freund der Hauptfigur Bobby“, erklärt Wotan Wilke Möhring, der schon in den Kinokomö- dien LAMMBOCK (2001) und LOMMBOCK (2017) an der Seite von Moritz Bleibtreu spielte, woraus eine langjährige private Freundschaft gewachsen ist. „Das merkt man im Zusammenspiel der beiden“, sagt Laura Lackmann. „Die begegnen sich auf einer Ebene, die man künstlich schwer herstellen kann. Am Set waren sie zusammen oft unerträglich gutgelaunt. Eigentlich wie beste Freundinnen.“

Wotan Wilke Möhring sieht in Hoffmann einen „Mittler zwischen den Geschlechtern“, der nie eindeutig Partei für die männliche oder die weibliche Seite ergreift und deshalb gern schon mal Fragen stellt, die man ihm gar nicht zutrauen würde. „Hoffmann ist einer jener Freunde, die immer gern unterschätzt werden“, sagt Produzent Christoph Müller. Das gefiel Wotan Wilke Möhring besonders an seiner Rolle: „Hoffmann hat ein sehr hohes naives Potenzial, das ich mit großem Spaß ausleben durfte. Zugleich trägt Hoffmann ein ge- radezu rührendes Geheimnis in sich, das ebenfalls mit Mann und Frau zu tun hat und für ihn der emotionale Motor ist, um in einer Reihenhaussiedlung mit Bobby und Claudia zu leben.“

In derselben Reihenhaussiedlung wohnt auch Nike, Claudias beste Freundin seit Schultagen. Gespielt wird Nike von Martina Hill, die nach großen Fernseh- erfolgen wie „Switch Reloaded“ und „Knallerfrauen“ in CAVEMAN ihr großes Kinodebüt gibt. „Nike lebt mit ihrer neunjährigen Tochter Tony direkt neben Clau- dia und Bobby“, sagt Martina Hill. „Sie ist alleinerzie- hend, da der Mann sie während der Schwangerschaft verlassen hat. Nike sagt Claudia in regelmäßigen Abständen, dass Bobby ein Vollidiot ist.“ Laura Ton- ke genoss die gemeinsamen Szenen mit Martina Hill: „Jedes Szene mit ihr hätte für mich noch ewig weiter- gehen können. Es war eine wunderbare und witzige Zusammenarbeit.“ Auch Regisseurin Laura Lackmann lobt Martina Hills Beitrag zum Film: „Sie ist ein ganz anderer Typ als Laura Tonke, beide repräsentieren sehr unterschiedliche Seiten vom Frausein, was eine große Bereicherung für den Film darstellt.“


QUATSCH IM COMEDY- CLUB

Die Dreharbeiten begannen am 11. Februar 2020 und somit in einer Zeit, an die Filmschaffende heute gern zurückdenken: nämlich vor der Corona-Pandemie mit all ihren Einschränkungen. Der zentrale Spielort des Films ist der Comedyclub, in dem Bobby die Chance erhält, sich bei einer „Open Mic Night“ als Stand- Up-Comedian zu beweisen. Gedreht wurde im GOP Varieté-Theater in der Münchener Maximilianstraße. 1946 als „Kleine Komödie am Max II“ gegründet, standen dort im Laufe der Jahrzehnte Heinz Rühmann, Johannes Heesters, Walter Sedlmayr oder Ilja Rich- ter auf der Bühne, bevor das Haus 2007 schließen musste und im Jahr darauf von der GOP Entertainment Group übernommen und komplett umgebaut wurde. Die Dreharbeiten mussten mit dem laufenden Betrieb abgestimmt werden, weil im GOP Varieté Theater – vor dem Ausbruch von Corona – noch viele Abendvor- stellungen stattfanden. Szenenbildner Michael Binzer ergänzte die vorhandene Bühne um einen roten Vor- hang und positionierte links und rechts zwei große Plakatwände mit den gemalten Konterfeis von Heinz Rühmann und Heinz Erhardt. Die Zuschauerränge wa- ren gefüllt mit Statisten in durchmischter und legerer Garderobe. „Dieser Comedy-Abend ist kein Schicki-Micki-Anlass“, erklärt Kostümbildnerin Sabin Groeflin. Sie nahm nur Einfluss auf die Kleidung der Kleindarsteller*innen und Komparsen in den ersten vier Stuhlreihen, in denen auch Wotan Wilke Möhring und Martina Hill saßen.

Den Besitzer des Comedyclubs spielt Thomas Hermanns. „Es war mir sehr wichtig, ihn für diese Rolle gewinnen zu können, weil er es war, der die Stand-Up-Comedy nach Deutschland geholt hat“, sagt Laura Lackmann. Der Quatsch Comedy Club, der 1992 unter Thomas Hermanns‘ Leitung in Hamburg entstand und ab 1996 durch die gleichnamige Fernsehshow populär wurde, ist ohne Zweifel die Keimzelle der deutschen Stand-Up-Comedy und gilt als Bühnenheimat nahezu aller Stars dieser Branche. „Indem Thomas Hermanns sich in CAVEMAN quasi selbst spielt, wird deutlich, wie groß Bobbys Chance ist, sich an diesem ereignisreichen Abend als Stand-Up-Comedian zu beweisen“, sagt Laura Lackmann. Die Regisseurin war angenehm überrascht, wie gut der Moderator und Co- median Thomas Hermanns auch als Schauspieler vor der Kamera agierte: „Er war ganz natürlich und entspannt, was vermutlich auch daran lag, dass er viel von sich selbst in diese Rolle einbringen konnte.“ Thomas Hermanns hält dagegen: „Wenn man noch nie gespielt hat, ist das durchaus eine große nervliche Herausforderung, neben einer Granate wie Moritz Bleibtreu bestehen zu müssen. Das wurde dann nur noch getoppt durch die Gruppensze- ne, bei der ich mit noch mehr Granaten am Esszimmertisch saß. Für mich war es ein Fest und eine Ehre, mit solch hochkarätigen Schauspielern und Schauspielerinnen in einer Szene spielen zu dürfen.“

Thomas Hermanns wundert es nicht, dass CAVEMAN irgendwann nun den Sprung ins Kino geschafft hat: „Es ist eines der erfolgreichsten und meistgespielten Solotheaterstücke der Welt, weil es den Nerv des Publikums ge- troffen hat. Es ist sehr schlau, sehr lustig und sehr emotional.“ Hermanns gehörte zu den ersten Besuchern der deutschen „Caveman“-Inszenierung in Hamburg: „Damals ging diese ganze Männer-Frauen-Problematik los und bestimmte auch die Programme vieler Comedians. Ich fand das Stück ganz toll, aber ich hätte nie gedacht, dass sich das Thema so lange hält und Männer und Frauen auch heute noch so viele Dinge zu besprechen haben.“


REIHENHAUS- IDYLLE

Das erste Zusammentreffen zwischen Stand-Up-Club- besitzer Thomas und seinem Comedy-Aspiranten Bob- by findet an dessen Arbeitsplatz statt: einem Autohaus. Gedreht wurde in einer riesigen Ausstellungshalle eines Gebrauchtwagenzentrums in München-Eching. Nicht nur die vielen hundert polierten Fahrzeuge im Hintergrund, sondern auch die symmetrisch angeord- neten Säulen und Lampen wussten den Kameramann Pascal Schmit zu überzeugen. Klar geordnet sind auch die Reihenhäuser in der Johann-Houis-Straße im Münchner Stadtbezirk Sendling-Westpark. Dort woh- nen im Film Bobby und Claudia im mittleren Haus, Hoffmann im linken Nachbarhaus und Nike mit ihrer Tochter Tony (Leni Riedel) im rechten Nachbarhaus. Szenenbildner Michael Binzer ließ die drei Hausfassa- den ganz individuell in Grün, Blau oder Grau streichen und auch die kleinen Vorgärten passend zu den Vorlie- ben und Lebenswelten der Hauptfiguren gestalten. Die Gärten hinter den Häusern wurden zeitweise durch künstlichen Schnee in eine Winterlandschaft verwan- delt, sodass sich Moritz Bleibtreu und Wotan Wilke Möhring an einer bildstarken und überraschungsrei- chen Schneeballschlacht erfreuen durften.

Das Innere der drei Häuser wurde als Studiobau in einer Halle nachgebaut. „Wir mussten die Räume nur einmal bauen und konnten sie dann detailverliebt um- dekorieren, je nachdem, ob die Szenen im linken, im mittleren oder im rechten Haus spielten“, erklärt Michael Binzer. Im Studio entstand auch das Ober- geschoss mit dem Schlafzimmer, dem geräumigen Ba- dezimmer und Claudias begehbarem Kleiderschrank sowie Bobbys letzter Rückzugsort, das kleine Gäste- badezimmer. Denn Bobby muss irgendwann erken- nen: „Claudia hat unser Haus übernommen und mich ganz langsam beiseitegedrängt. Es ist ihre Höhle, ihr Revier.“

Weil Claudia beruflich eingespannt und Bobby keine echte Hilfe im Haushalt ist, engagiert Claudia den gut trainierten Putzmann Alex, dargestellt von Jürgen Vo- gel. „Wenn Jürgen kommt, geht am Set die Sonne auf“, weiß Regisseurin Laura Lackmann und freut sich, dass der Kinostar für eine vergleichsweise kleine Rolle zu- gesagt hat. Beide kennen sich von der gemeinsamen Arbeit an der Vox-Serie „Das Wichtigste im Leben“, in der Jürgen Vogel unter Laura Lackmanns Regie einen Familienvater gespielt hat. „Laura ist eine tolle Regis- seurin und Autorin“, lobt Jürgen Vogel. „Sie hat eine super Art, mit Schauspielern zu arbeiten. Ich mag sie total gern, da war es klar, dass ich für ein paar Drehta- ge vorbeikomme.“ Jürgen Vogel freute sich auch über die Zusammenarbeit mit Moritz Bleibtreu, mit dem er 2014 den Psychothriller STEREO drehte, und Moritz Bleibtreu war genauso erfreut: „Jürgen Vogel ist ein großes Vorbild. Als ich ihn 1992 in KLEINE HAIE ge- sehen habe, wusste ich, dass ich Schauspieler werden will.“

Bobby empfindet den Putzmann Alex als Eindringling in seine Privatsphäre und als Bedrohung für seine ei- gene Männlichkeit. Es entbrennt ein Zweikampf, wie es ihn in der Geschichte des Kinos nur selten oder

noch nie gegeben hat: Fensterputzen und Klappleiter- rennen inklusive. „Wir machen uns lustig über Män- ner, die aus allem einen Wettbewerb machen müssen: Wer ist schneller, größer und besser?“, sagt Jürgen Vogel. Für die Regisseurin machte es einen großen Un- terschied, ob sie mit Männern oder mit Frauen drehte: „Als Moritz, Wotan und Jürgen an einem Tag zusam- men vor der Kamera standen, war die Luft so dick mit Testosteron gefüllt, dass man kaum noch geradeaus gucken konnte. Aber ich hatte mir bei den Männern recht schnell meine Sporen erkämpft. Obwohl das erst mein dritter Kinofilm ist, haben wir auf Augenhöhe gearbeitet, weil diese Schauspielstars mein Drehbuch und meinen Regiestil mochten.“

Ein weiterer prominenter Gast in CAVEMAN ist Es- ther Schweins. Sie hat einen Cameo-Auftritt auf einer Überraschungsparty, die Claudia und Nike für den gestressten Bobby organisieren – um ihm dadurch unverhofft noch mehr Stress zu bereiten. „Mit Esther Schweins schließt sich quasi der Kreis“, sagt Produ- zent Christoph Müller. „Sie war vor 20 Jahren daran beteiligt, den ersten deutschen Caveman auf die Büh- ne zu bringen, und veredelt jetzt den Kinofilm, indem sie darin mitspielt.“ Auch Laura Lackmann fühlte sich geehrt, Esther Schweins an zwei Drehtagen in Szene setzen zu dürfen: „Sie ist nicht nur eine tolle und kluge Frau, mit einem irren Comedy Timing sondern ist auch übernatürlich schön“, sagt die Regisseurin. Als ich sie zum ersten Mal in echt sah, blieb mir sprichwörtlich die Luft weg. „Falls ich mal einen Film machen würde über die Venus und die schönsten Frauen der Galaxie, dann wäre Esther Schweins die Königin dieses Plane- ten.“ In CAVEMAN spielt Esther Schweins die Gynä- kologin Dr. Ekjulat, die Bobby ein wenig unter Druck setzt, weil er Angst bekommt, dass die Kinderlosigkeit im Hause Müller auf seine recht lahmen Samenzellen zurückzuführen sein könnte.

Rückblickend betrachtet Esther Schweins die Theaterinszenierung von „Caveman“ als eine der schönsten Arbeiten ihrer Laufbahn. „Wir sind die deutsche Fassung damals übrigens anders angegangen als das amerikanische Ori- ginal, indem wir dem Stück einen situativen Rahmen gegeben haben“, erklärt Esther Schweins. „In Deutschland gab es noch keine Tradition der Stand-Up-Comedy. Deshalb erzählt unsere Hauptfigur nicht nur von bestimmten Situationen, sondern spielt diese theatralisch nach.“ Eines war Esther Schweins beim Theaterstück genauso wichtig wie jetzt beim Film: „Am Schluss soll herauskommen, dass es besser ist, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen zu akzeptieren. Bevor wir uns in die Haare geraten, sollten wir es lieber mit Humor versuchen!“

 
BASKETBALL-MAMMUT UND SHOP-PING-QUEEN


Ein weiterer Drehort war der Audi Dome, die Spiel- stätte der Basketball-Abteilung des FC Bayern Mün- chen. Einst für die Olympischen Spiele 1972 erbaut und später als Konzert- und Messehalle genutzt, dient der modernisierte Audi Dome seit 2011 als Basket- ballarena mit 6700 Sitzplätzen. „Hier melke ich re- gelmäßig meine Gefühle ab, damit ich sie sonst nicht zeigen muss“, sagt Bobby Müller über seine Vorliebe für den Basketballsport. Diese rührt auch daher, dass seine Frau Claudia dort als Masseurin und Physiothe- rapeutin der professionellen Basketballmannschaft ar- beitet. Bobby nennt sie liebevoll „Knochenbrecherin“. Für den Film kamen sowohl Aufnahmen eines regu- lären Bundesligaspiels vor vollbesetzten Rängen zum

Einsatz als auch nachgestellte Szenen mit mehreren hundert Komparsen. „Die Trikots der Basketball-Mann- schaft und ihrer Fans haben wir nach unserem Design und unseren Farbwünschen anfertigen lassen“, sagt Kostümbildnerin Sabin Groeflin. Auch das lebensgro- ße Maskottchen der Heimmannschaft, ein Mammut auf zwei Beinen und im Basketball-Trikot, gab es nicht von der Stange zu kaufen. Es wurde liebevoll in vielen Handarbeitsstunden aus einem anderen Maskottchen geschaffen und um einen langen, braunen Rüssel er- gänzt.

Die mondäne Boutique, in der kein Geringerer als Guido Maria Kretschmer seine Kollektion anbietet, ließ Szenenbildner Michael Binzer komplett in einer Münchner Veranstaltungshalle errichten. Die ausge- stellte Mode, mit der Claudia ihren Bobby für sein Stand-Up-Comedy-Debüt einkleiden will, stammt tat- sächlich von dem deutschen Stardesigner. Als Fan der Fernsehreihe „Shopping Queen“ hoffte Laura Lack- mann darauf, Guido Maria Kretschmer für einen Gast- auftritt gewinnen zu können. „Ich finde Guidos Show hat viel mit unserem Film zu tun“ Deshalb schrieb sie seinen Namen schon früh ins Drehbuch, als sie einen wichtigen Moment aus dem „Caveman“-Stück adap- tierte: „Es gibt diese sehr bekannte Szene, in der aufgeschlüsselt wird, wie Männer und wie Frauen shop- pen.“ Laura Lackmann war glücklich, als Kretschmer für den Gastauftritt zusagte: „Da habe ich gleich die Produktion vorgewarnt, dass ich mich an diesem Dreh- tag sehr wahrscheinlich nicht so gut auf die Arbeit konzentrieren kann, weil ich so aufgeregt war Guido Maria Kretschmer kennenzulernen.“

Guido Maria Kretschmer freute sich nicht zuletzt auf die Zusammenarbeit mit Moritz Bleibtreu: „Ich sehe ihn wahnsinnig gern und mochte auch seine Mutter sehr. Mit Monica Bleibtreu habe ich mal einen wun- derbaren Abend verbracht. Da schwärmte ich ihr von meiner geliebten Mutter vor und sie schwärmte von ihrem begabten Sohn. Mütter sagen so etwas immer schnell, aber Monica wusste, welche Kraft Moritz hat.“ Kretschmer hält Moritz Bleibtreu für die Idealbe- setzung als Caveman: „Er wirkt aus der Zeit gefallen, obwohl er so real ist. Moritz ist für mich so ein Ham- burger Junge und doch ein feiner, schöner Mann.“ Den Caveman hat Guido Maria Kretschmer erstmals in München und später sogar in Argentinien erlebt: „Ein sehr lieber Freund von mir, Karsten Kaie, spielte den Caveman in München. Später war er als Künstler auf einer Kreuzfahrt engagiert und führte das Stück auch in Buenos Aires auf, wo ich zeitgleich eine Mo- denschau hatte. Viele Zuschauer verstanden gar kein Deutsch, aber der Caveman hat sie trotzdem blen- dend unterhalten. Egal, wo auf der Welt dieses Stück aufgeführt wird, sagen die Frauen: Guck mal, der ist genau wie mein Mann! Natürlich werden da viele Klischees bedient, aber meistens steckt darin ja doch ganz schön viel Wahrheit.“

Dass Bobby in der Glitzerwelt der schicken Boutique überfordert ist und am Ende sogar kollabiert, ist laut Guido Maria Kretschmer nicht aus der Luft gegriffen: „In letzter Konsequenz geht es darum, zu erzählen: Selbst, wenn der Mann kollabiert, will die Frau unbe- dingt den neuen Fummel haben. Ich habe auch schon Situationen erlebt, in denen Frauen beim Einkaufen völlig vergessen haben, dass sie ihren Mann dabei haben.“ Während Claudia sich sehr für Mode interes- siert und ihren eigenen Stil gefunden hat, beschreibt Kostümbildnerin Sabin Groeflin Bobbys Geschmack als deutlich nüchterner: „Er trägt bei der Arbeit einen billigen Anzug und mag es zu Hause einfach und bequem. Mag sein, dass er sogar ein bisschen in seiner Jugend stehengeblieben ist und sich nie etwas aus Mode ge- macht hat. Gegen Ende des Films möchte er aber einen guten Eindruck bei Claudia hinterlassen und gibt sich Mühe bei der Auswahl seiner Kleidung. Dadurch wirkt er dann erwachsener und stilvoller.“

Für Guido Maria Kretschmer musste Sabin Groeflin keine Kostüme entwerfen oder anfertigen lassen: „Da- mit er auch im Film so authentisch wie möglich wirkt, haben wir ihn gebeten, eine Auswahl seiner eigenen Anzüge mitzubringen“, sagt die Kostümbildnerin. „Er war aber offen für alles, ich hätte ihn auch frei nach meinen Wünschen einkleiden dürfen.“ Kretschmer ge- noss regelrecht, bei den Dreharbeiten nur ein kleines Rädchen in der großen Kinomaschinerie zu sein: „Bei meinen eigenen Projekten wird von mir erwartet, dass ich den Ton angebe. Ich bin aber ein Gruppenmensch und tauche bei solch einem Filmprojekt gern in die Gruppe ein.“

Anders als die Boutique musste der ungewöhnliche Friseur- und Beautysalon, den Claudia und Bobby be- suchen, nicht extra für den Film gebaut werden. Das „Beauty Carousel“ gibt es seit 2019 tatsächlich im neu- en Stadtquartier Schwabinger Tor. Dort nimmt die Kun- din auf den chrom-ledernen Behandlungsstühlen eines echten Karussells Platz, das sich dann alle 20 Minuten mit Kirmesmusik und funkelnden Lichtern ein kleines Stück weiterdreht, bis die Kundin den Schönheitsexper- ten in der nächsten Behandlungsstation erreicht.


ZURÜCK IN DIE STEINZEIT

Eine andere Zeitreise ging viele tausend Jahre in der Menschheitsgeschichte zurück und verlangte Moritz Bleibtreu noch viel größere Veränderungen ab: Er spielte Bobbys prähistorisches Ego, den Caveman. „Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass unsere Steinzeitmenschen im Film hochwertig und authentisch wirken“, sagt Produzent Christoph Müller. „Der Film heißt CAVEMAN, da darf unsere Hauptfigur nicht albern aussehen.“ Kostümbildnerin Sabin Groeflin kaufte unter anderem die Felle und Kostüme auf, die auch schon für den deutsch-italienisch-österreichischen Abenteuerfilm DER MANN AUS DEM EIS (2017) zum Einsatz kamen. Darin spielte Jürgen Vogel die fikti- ve Figur des Jägers Kelab, der mehr als 5000 Jahre später als Gletschermumie in den Ötztaler Alpen ge- funden wurde und als „Ötzi“ weltweit Furore machte. „Moritz Bleibtreus Kostüm ist eine Einzelanfertigung aus Fellen und Lederteilen, die zum Teil aus dem Be- stand von DER MANN AUS DEM EIS übernommen wurden, aber wir haben auch neue Felle gekauft, ein- gefärbt, umgearbeitet und stark patiniert“, erklärt Sa- bin Groeflin. „Diese Kuhfelle sind nicht sehr angenehm zu tragen, weil sie eindeutig nach Stall riechen“, sagt Moritz Bleibtreu, der auch lange Maskenzeiten einpla- nen musste, bis alle künstlichen Haarteile, Narben und Zähne an den richtigen Stellen saßen. In einem priva- ten Wald und in einem Steinbruch in Oberbayern ließ das Filmteam die Steinzeit aufleben, wenn Bobby den Caveman und seine Zeitgenossen trifft: die Sammler und Jäger, deren Instinkte angeblich bis heute in den Frauen und Männern des 21. Jahrhunderts weiterleben.

„Wir missverstehen uns, weil wir wie aus zwei unter- schiedlichen Kulturen sind“, erklärt Bobby in einer Szene seiner Claudia, ohne die Ehekrise dadurch merklich zu verkleinern. Dann ergänzt er: „Im Grunde ist es unnatürlich, dass wir überhaupt so viel Zeit mit- einander verbringen. Du darfst mich nicht mal beim Jagen stören. Wenn wir in Einklang leben wollen, dann

nur, wenn jeder die Auf- gaben macht, die uns die Natur vorgegeben hat. Ich habe mich geopfert, weil es meine Aufgabe ist, Dich zu versorgen. Du nimmst mir meine Aufgaben ab und entmannst mich.“

Laura Lackmann hatte das Drehbuch schon fast fertig geschrieben, als sie noch zwei Wissenschaftlerinnen zu Rate zog: „Die eine er- forscht Gender-Fragen im medizinischen Sinne. Da ging es um biologische Unterschiede zwischen Mann und Frau: Inwieweit sind wir körperlich und hormonell in unsere Rollen gepresst?“ Die zweite Wissenschaftlerin erforschte die Geschlechterrollen aus völkerkundlicher Sicht und machte Laura Lackmann auf einen höchst interessanten Aspekt aufmerksam: „In der Archäologie fand man lang Zeit offenbar immer das, was man suchte. Zumin- dest was was die Interpretation der Funde betrifft. Und weil die ersten steinzeitlichen Funde im 19. Jahrhundert gemacht wurden, als die Frauen zu Hause am Herd standen und die Männer bei der Arbeit waren, hat man auch die Funde entsprechend interpretiert und nach- träglich die Frauen zu Sammlerinnen und die Männer zu Jägern erklärt. Das hängt uns heute noch nach.“, hat die Regisseurin erfahren. In Wahrheit weiß man wenig über die Geschlechterrollen in der Steinzeit, aber man kann davon ausgehen das die Steinzeitmenschen aber sehr viel pragmatischer waren, als es die modernen Klischeevorstellungen vermuten lassen: „Wenn nur Töchter geboren wurden, dann gingen die halt auf die Jagd, wenn Jäger gebraucht wurden. Zumindest ist das bei den Eskimos so.“

Die Dreharbeiten waren fast beendet, als die Coro- na-Pandemie und der erste Lockdown die Produktion abrupt zum Stillstand brachten. „Wir hatten Glück im Unglück“, sagt Produzentin Patricia Schnitzler. „Es lagen schon 27 Drehtage hinter uns, und die letzten sieben haben wir dann im Mai nachholen können.” Christoph Müller ergänzt: „Es gab damals noch keine klaren Regeln, aber wir haben unser eigenes Hygie- nekonzept entwickelt und mit Tests und Masken dafür gesorgt, dass die Schauspieler und das Team sicher sind.“ Die Mehrkosten, die durch die Unterbrechung der Dreharbeiten entstanden, konnten durch eine Sonderzahlung des FilmFernsehFonds Bayern aufge- fangen werden. „Es spricht für den Geist dieses Pro- jekts, dass uns auch die große Pandemie am Ende nicht aus der Bahn werfen konnte“, sagt Christoph Müller und lobt die reibungslose Zusammenarbeit mit Laura Lackmann: „Sie ist eine großartige Regisseurin, die etwas ganz Besonderes aus diesem schwierig zu verfilmenden Theaterstück gemacht hat. Und sie hat immer einen gewissen Twist, den ich sehr an ihren Filmen schätze: Wenn man denkt, man weiß, was als nächstes passiert, dann kommt irgendein Dreher oder eine Überraschung.“


PANDEMIE UND HARMONIE

Wotan Wilke Möhring spricht von „Liebe auf den ersten Blick“, wenn er sich an die Begegnung mit Lau- ra Lackmann erinnert. „Sie ist die perfekte Dame für diesen Film und hat das richtige Maß an bewusster Schrägheit, aber zugleich die große Vision und Pro- fessionalität, die man für ein Projekt dieser Größenordnung braucht.“ Martina Hill ergänzt: „Sie strahlt am Set eine unheimliche Ruhe aus, kann aber trotzdem auch total quirlig und verspielt sein. Diese Energie überträgt sich auf uns Schauspieler und schafft Raum für Ideen, die am Set entstehen. Spaß zu haben, ist bei einer Komödie ja auch nicht ganz unwichtig – und den hatte ich mit Laura.“ Auch Moritz Bleibtreu spielte gern unter Laura Lackmanns Regie: „Sie ist eine Regisseurin, auf de- ren Humor und Timing ich mich total verlassen kann. Es gab nicht einen Moment, in dem ich dachte, die Szene funktioniert besser, wenn wir die Pause länger machen oder ich ein Wort anders betone.“ Quatsch Comedy Club Gründer und Entertainer Thomas Hermanns erteilt der Regisseurin zu guter Letzt den Ritterschlag: „Laura Lackmann weiß, wie es geht. Sie versteht Comedy und auch Wärme, denn Comedy ohne Wärme ist kalt und unsympathisch. Sie versteht alles, was die Figuren im Film machen. Sie hat genug Herz und ein gutes Timing, um Geschichten zu erzählen, die man gern im Kino sehen möchte.“

Die Editorin Sandy Saffeels schnitt CAVEMAN aus dem Filmmaterial von 34 Drehtagen, während der Komponist und Jazztrompeter Till Brönner gemeinsam mit Arne Schumann und Josef Bach die Filmmusik schrieb, arrangierte und produzierte. „Wir hatten schon früh die Idee, auf Jazz-Elemente zu setzen, weil diese musikalische Welt eng verwandt ist mit den Comedyclubs“, erklärt Laura Lackmann. „Mir schwebte eine kleine Band vor, die mit auf der Bühne steht und die Gags kommentiert, so wie das auch in Harald Schmidts Latenight-Show der Fall war.“ Die Liste bekannter Musiker, die für diese Aufgabe in Frage kamen, war nicht besonders lang, und so lud Laura Lackmann schon bald Till Brönner ein, um sich mit ihr eine frühe Fassung von CAVEMAN anzuschauen. „Till Brönner und seine Musiker haben sich unserem Film sehr klug und zugleich emotional genähert“, sagt Laura Lackmann und zieht eine sehr positive Bilanz: „Mit ihrer Musik haben sie den Film noch einmal extrem aufgewertet.“ Der Soundtrack umfasst außerdem die Hits und Hymnen vieler Musikgrößen aus mehreren Jahrzehnten, darunter „Fuck You“ von Lily Allen, „From a Distance“ von Bette Midler, „Call Me Maybe“ von Carly Rae Jepson, „Let’s Call the Whole Thing off“ von Ella Fitzgerald und Louis Armstrong, „Holding Out for a Hero“ von Bonnie Tyler und „She“ von Elvis Costello.

 

Foto:
©Verleih


Info:
Stab

Regie.  Laura Lackmann
Buch:   Laura Lackmann

Darsteller
Moritz Bleibtreu (Bobby)  
Laura Tonke (Claudia) 
Wotan Wilke Möhring (Hoffmann) 
Martina Hill (Nike)
Alexandra Neldel (Saskia) 
Jürgen Vogel (Alex)
Thomas Hermanns (Thomas)  
Guido Maria Kretschmer (Guido)  
Esther Schweins (Dr. Ekjulat)  

Abdruck aus dem Presseheft