announcement RWD 775Zum Beginn der 73. Berlinale am 17. Februar

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - In diesem Jahr verweilen stilisierte Menschen in Kinosesseln anstelle der traditionellen Bären auf den Plakaten, Flyern und Souvenirs der 73. Filmfestspiele. Nachdem die Pandemie vorüber ist, will die Berlinale damit ihr Publikum feiern, weil die Kinosäle endlich wieder gefüllt werden dürfen.


 Im Gegensatz zu den elitären Wettbewerben in Venedig oder Cannes ist die Berlinale ja das größte Publikumsfestival der Welt, vor Corona gab es während der Festspiele bis zu 340.000 Zuschauer. Die können nun wieder sämtliche Galavorstellungen und Weltpremieren oder die vielfachen Wiederholungen der Berlinale-Filme besuchen und manchen Stars hautnah begegnen.

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Das Publikum wird jetzt - vor jedem der 283 Filme in den nächsten zehn Tagen - wieder mit dem Festival Trailer eingestimmt: Aus sich drehenden goldenen Bären wird eine Erdkugel aus Bären, zu sanfter elektronischer Musik entsteht aus ihnen ein goldenes Feuerwerk… Dann folgt mehr oder weniger Großes Kino, was immer man darunter verstehen mag. Jedenfalls gibt es auf den Berliner Festspielen keine schlechten Filme - sie sind sorgfältig ausgesucht, auch wenn sie nicht jeden Geschmack treffen. Denn oft sollen sie irritieren, Alltägliches fremd machen oder den Blick auf die Realität infrage stellen. Festivalleiter Carlo Chatrian sagt dazu: „Ich will Filme zeigen, die die Zuschauer dazu bringen, sich in der Welt zu positionieren!“

Die Uraufführungen großer Werke gibt es nicht nur im großen Wettstreit um die Gold- und Silberbären, der überall im Mittelpunkt der Berichterstattung steht. Sondern seit jeher werden ebenfalls in den anderen Sektionen der Berlinale – etwa Kinder- und Jugendkino, Serien, Shorts - Trophäen vergeben. Auch wenn Kate Blanchett neulich Preisverleihungen „patriarchalisch“ fand und mehr „Kooperation statt Wettbewerb“ anmahnte, so fördern sie ja die Verbreitung der prämierten Werke. Ein paralleler Teil des Festivals ist übrigens der Europäische Filmmarkt, der die notwendige Vermarktung unterstützt.

202314470 3 RWD 775Wochenlang konnten Presseleute bereits zahlreiche Filme aus vielen Sektionen - außer dem großen Wettbewerb - vorab sehen und Zeitreisen unternehmen: Da erlebte man eine exzentrische Sissi (Foto links) in einer erotisch aufgeladenen Beziehung mit ihrer letzten Hofdame Irma. In der Sahelzone war man dabei, als eine von Islamisten erniedrigte Frau blutige Rache nahm. Die Liebe einer Transfrau und einem Guerillero beobachtete man in einem kolumbianischen Gefängnis. Oder man erfuhr durch eine indische Regisseurin die Poesie des iranischen Kinos, filmte mit ihr die Momente vor dem Aufstand der Frauen. 


Eine Über-Sicht der Berlinale war natürlich nicht zu schaffen. Doch es war ein Vorgeschmack auf das heute beginnende Festival, das sich vor allem durch seine Vielfalt und die Kontraste auszeichnet. Insgesamt wird hier die internationale Bandbreite des zeitgenössischen Films abgebildet. Dazu gesellen sich Klassiker von Walt Disney oder wichtige Werke wie „TÁR“ mit Kate Blanchett, die woanders ihre Premieren hatten. In der Hommage an Steven Spielberg, dem diesjährigen Preisträger für sein Lebenswerk, werden „Schindlers Liste“ oder die neueste Arbeit „Die Fabelmanns“ präsentiert.

In einem Streifen sucht ein muslimisches Paar im Jemen nach einer Möglichkeit zum Abtreiben, die dort sogar möglich scheint. „Aber wer soll so etwas sehen?“, fragte jemand. Das kann man ebenfalls nach dem Gucken anderer cineastischer Dokumentationen oder Fiktionen fragen. Die Antwort kann nur lauten: Die Berlinale war nie nur roter Teppich, Glamour und Großes Kino, sondern immer auch ein Ort, um ausgegrenzten, verfolgten oder vergessenen Menschen eine Stimme zu geben.

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Zitat:

Es gebe keine Quoten, erzählt Carlo Chatrian der Berliner Zeitung,
weder für deutsche Filme noch hinsichtlich der Jurys.
Es gehe nicht per se um Diversität,
sondern wie blicken diese Menschen auf Filme:
„Mir ist ihr cineastischer Background das wichtigste Kriterium.“










Fotos: 
© Berlinale

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