Schwangerschaftskonflikt im deutschen Film vom 4. Februar bis 27. März 2023 im Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums
Romana Reich
Berlin (Weltexpresso) - Diesmal ist der Filmüberblick besonders interessant, denn der Zeitraum fällt in die Berlinale, wo rund 4 000 Journalistinnen und Journalisten in Berlin sind und einen Film nach dem anderen sehen. Das Thema ist auch neute noch von großem Interesse. Dass eine Abtreibung in Deutschland offiziell unter Strafe steht und nur durch die Fristenlösung mit Beratungspflicht und Indikationsregelungen legal möglich ist, ist seit Einführung des Paragraphen 218 im Jahre 1871 ein Dauerthema der feministischen Bewegung.
Die Geschichte dieses Kampfes schlägt sich auch in der deutschsprachigen Filmgeschichte nieder, woran die Retrospektive ob kinder oder keine – Schwangerschaftskonflikt im deutschen Film erinnert. Von der Frauen- und Sexualreformbewegung in der Weimarer Republik (Kreuzzug des Weibes, Cyankali) und der Bundesrepublik (Unter dem Pflaster ist der Strand, Kampf um ein Kind) über die Erfindung der Anti-Baby-Pille (Macht die Pille frei?) und der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in der DDR (Kalender einer Ehe, Kinder kriegen?) zeichnen die Filme Kontinuitäten und Brüche dieser Entwicklungen bis in die heutige Zeit nach. Oft eint die Filme ein interventionistischer Anspruch und der Wunsch, auf öffentliche Debatten und Diskurse Einfluss zu nehmen. Wurde vor allem ab den 1970er Jahren das Modell der bürgerlichen Kleinfamilie, ihre beschränkenden Konventionen und patriarchalen Machtstrukturen zunehmend in Frage gestellt, zeigt sich in späteren Filmen die Frage nach dem Kinderkriegen meist auf individueller Ebene.
Die von Mathias Barkhausen und Fiona Berg kuratierte Retrospektive ob kinder oder keine lädt dazu ein, diese gesellschaftlichen Entwicklungen nachzuvollziehen. Der Titel der Reihe nimmt Bezug auf den virulenten Slogan der Neuen Frauenbewegung, „ob kinder oder keine, entscheiden wir alleine“, und greift die Forderung nach reproduktiver Selbstbestimmung auf. In wiederkehrenden Situationen werden wir den unterschiedlichen, auch staatsformabhängigen Argumentationsmustern und Zwangslagen gewahr, denen sich die Betroffenen ausgesetzt sehen. So geraten diese nicht nur in juristische und ethische Konflikte, sondern befinden sich meist in ökonomischen wie sozialen Not- und Schieflagen. Die Entscheidung für oder wider eine Schwangerschaft bleibt so auch bei legalen Abbrüchen keine leichtfertige Entscheidung.
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