depardieu als maigret plakat small medium

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. März 2023, Teil 3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Man kann in keinen neuen Maigretfilm gehen, ohne an die bisherigen zu denken, ohne bisherige Maigretdarsteller vor sich zu sehen und ohne sich an die Lektüre der Maigrets zu erinnern, Maigret, dem sein Schöpfer Georges Simenon in über 40 Jahren 75 Romane und 28 Kurzgeschichten ein Gesicht, eine Gestalt gab, Maigrets, die derzeit im Schweizer Kampa Verlag als Reihe wiederaufgelegt werden.

 

Beim Lesen sah ich als Maigret immer Jean Gabin vor mir, der ideal das Sturköpfige, das Nicht-Großstädtische, das Beharrliche, das Gerechtigkeit Suchende dieser Figur verkörperte, aber auch das Empathische und den Täter als Mensch Betrachtenden. Vor dem Film kann man sich die Besetzung mit Gerard Depardieu gar nicht vorstellen und danach ist man platt, wie sehr man die 88 Minuten gebannt diesem Koloß zuschaut und seiner Fähigkeit, trotz Körperfülle zart zu erscheinen, eine Atmosphäre von Schwermut und Mut gleichermaßen zu verbreiten und ein Gefühl dafür, daß man die Welt gerechter machen muß und es kann.

Patrice Leconte ist ein ein feinfühliger, dichter, berührender Film gelungen, bei dem der Zuschauer weniger auf die Handlung achtet, als auf das Drumherum, das eine düstere Nachkriegszeit der Fünfziger Jahre zeigt, wo alles sehr langsam vorangeht, ja vieles lähmend wirkt. Und gleichzeitig gab es noch keinen Maigret, in dem seine äußeren Attribute von Pfeife, Melone und Mantel so unwichtig werden, weil die Gestimmtheit das Entscheidende ist.

Es ist Nacht in Paris und regnen tut es auch. Die tote Frau, zu der Maigret gerufen wird, die auf einem der Pariser Plätze liegt, kennt niemand. Sie trägt ein Abendkleid, das jetzt blutig, zerfetzt, naß ist. Auch seine Hoffnung, sie werde vermißt, erfüllt sich nicht. Er versucht nun, ihren Weg an diesem Tag zu rekonstruieren. Was hat sie mit einem Pärchen aus der Pariser Bohème zu tun? Sie hat zu tun, das spürt Maigret. Und er wendet einen Trick an, der einem bekannt vorkommt, kein Wunder, es ist Hitchcock. Eine der Toten ähnliche junge Frau quartiert er in der Mansarde ein, die die Tote bewohnte, steckt sie in die gleichen Kleider und tatsächlich, sie wird von diesem Pärchen angesprochen. Doch alles Weitere im Film.

Die Angerührtheit von Maigret, der übrigens Jules mit Vornamen heißt, über Leben und Sterben der jungen Frau, hat auch mit dem frühen Tod seiner Tochter zu tun, deren Grab er besucht. Aber hier wird nichts mit dem Holzhammer beigebracht, sondern verhalten assoziiert.

Foto:
©Verleih

Info:
Stab

Regie Patrice Leconte
Produktion Jean-Louis Livi
Drehbuch und Adaption Jérôme Tonnerre, Patrice Leconte
- Nach dem Roman „Maigret und die junge Tote“
von Georges Simenon

Darsteller
Maigret Gérard Depardieu
Betty Jade Labeste
Jeanine Mélanie Bernier
Madame Clermont-Valois Aurore Clément
Kaplan André Wilms
Docteur Paul Hervé Pierre
Louise Clara Antoons