rbbSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. April 2023, Teil 2

Emily Atef

Berlin (Weltexpresso) - Was mich von Anfang an Daniela Kriens Roman fasziniert hat, ist ihre Darstellung des Begehrens einer jungen Frau, weiblichen Begehrens in all seinen Facetten – ohne Auslassung oder Beschönigung. Die Neugier der Hauptfigur Maria, ihre Grenzen auszutesten und dabei sich selbst und das Leben kennen zu lernen, ohne Angst vor den dunklen Seiten und moralischen oder gesellschaftlichen Grenzen.Dass sie das als Frau und speziell als junge Frau darf, das auf die Leinwand zu bringen hat mich sehr interessiert.

Ebenso das primitive, archaische, das reine und rohe Begehren zwischen zwei Menschen – Maria und Henner –, auch das hat mich sehr angezogen, das zu erforschen und zu zeigen, in all seiner Intensität und Kraft. Diese Anziehung zwischen den beiden hat eine unglaubliche Kraft, die mich von Beginn an in ihren Bann gezogen hat. Es ist eine Amour Fou: Beide sind Außenseiter, beide sind in ihrer eigenen Welt gefangen. Ihre Liebe würde gesellschaftlich nicht akzeptiert werden, darf nicht sein und kann daher nur im Verborgenen stattfinden, aber sie bahnt sich mit aller Kraft ihren Weg. Einziger Zeuge der verbotenen Liebe ist die Natur. Eine archaische Landschaft, die bleibt, Zeuge von so vielen Dingen ist. Eine Natur die überdauern wird, auch in einer Zeit des Aufbruchs, in der der Film spielt.


Es ist der erste Sommer nach dem Fall der Mauer: Eine Zeit von Chaos, von Neuanfang und Zusammenbruch, von Hoffnung aber auch Resignation. Auf dem Land ist das Chaos ein anderes, hat der Aufbruch ein anderes Tempo. Aber wir sehen auch hier, dass Lebenswege auseinandergehen, manch einer die Chancen des Neuanfangs zu nutzen weiß, andere orientierungslos sind und manche unter die Räder kommen. Maria sucht ihren Platz im Leben und in der neuen Zeit noch und findet ihn zunächst im Verharren im Hier und Jetzt – bei Henner, dessen Hof sich anfühlt wie aus einem anderen Jahrhundert, ein Verharren in Vergangenheit, bei dem das Leben bereits tiefe Narben hinterlassen und ihn geprägt und verhärtet
hat, ein zerrissener Mensch. Henner hat eine Dunkelheit, die Maria anzieht, er nimmt sie ernst, sieht sie und erwartet nicht von ihr, weiterzugehen, Pläne zu haben. Und beinahe schafft es Maria, Henner zu überzeugen, mit der unendlichen Stärke und dem Willen der Jugend und dem Glauben an Dinge, gegen die man kaum ankommt, fast überzeugt sie ihn und uns, dass sie funktionieren kann, diese unmögliche Amour Fou.

Foto:
©rbb24

Info:
Darsteller
Maria     Marlene Burow
Henner.  Felix Kramer
Johannes    Cedric Eich
Marianne Silke Bodenbender
Hannah    Jördis Triebel
Siegfried    Florian Panzner
Hartmut    Christian Erdmann
Frieda     Christine Schorn
Alfred      Axel Werner
                                                                                                                 
Stab
Regie        Emily Atef
Drehbuch. Emily Atef & Daniela Krien
Romanvorlage Daniela Krien

Abdruck aus dem Presseheft