hennerSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. April 2023, Teil 5

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) -  … das Lesen des Drehbuchs: Ich lese Drehbücher generell völlig schnörkellos, tagsüber, mit frischem Kopf und ausgeschaltetem Telefon. Ich würde übrigens gern einmal ein Drehbuch bekommen, ohne zu wissen, wen ich spielen soll, das wäre spannend.

... Bei IRGENDWANN WERDEN WIR UNS ALLES ERZÄHLEN habe ich zuerst den Roman gelesen. Die viel zu früh verstorbene Casterin Simone Bär hat mich als Henner gesehen und ich fand es ganz wunderbar, dass hier eine Regisseurin den Roman einer Autorin inszeniert. Ich lasse mir gern von Frauen die Welt erklären, habe aber Emily Atef schon in frühen Gesprächen gesagt, sie solle bitte achtgeben auf die Figur des Henner, ich würde gern mit ihm, stellvertretend für Emily, in die kontroverse Auseinandersetzung ziehen, ihm wirklich gern eine Biografie, Charakter und Sensibilität geben.


… seine Figur des Henner: Man ist geneigt, sehr schnell mit dem Finger auf Henner zu zeigen und dann wird es sehr schnell eine Geschichte über Gewalt. Dabei ist sie beim genauen Hinschauen viel komplexer. Ich weiß, wir leben jetzt in einer Zeit, in der sich Menschen sehr gern abgrenzen und in Sicherheit fühlen und unbedingt das Richtige sagen wollen, alles um sich herum begradigen wie ein übereifriger Gärtner. Henners Essenz liegt für mich in seiner unendlichen Einsamkeit. Er ist einer der einsamsten Charaktere, die ich je gespielt habe. Es ist Einsamkeit in ihrer tiefsten Form. Hinzu kommt seine Angst vor Verbindlichkeit, die Flucht in die Tierwelt, hin zu den Pferden. Henner ist dunkel, fast wie ein dunkler Reiter aus dem Märchen, aber eben auch ganz zart. Er besitzt eine Zartheit, die langsam wächst. Am Anfang ist es der reine Hunger, die pure Sucht, einfach nur Kraft. Erst die Zartheit lässt eine zweckfreie Beziehung zu Maria zu, aus der schließlich die Liebe erwächst. Echte Liebe als das eine wirklich große Ding. Der Altersunterschied zwischen Maria und Henner interessierte mich sehr schnell nicht mehr.


… Nachwirkungen der Rolle: Henner klebte mir einige Zeit im Nacken. Es gab kein richtiges Ende, das gibt es, denke ich, nie. Ich war angefüllt und er wurde Teil von mir. Doch es ist ja immer eine Wechselbeziehung, auch ich werde immer ein Teil von ihm bleiben, lasse Gefühle bei ihm zurück. Das beruhigt. Ich habe mich in Henner hineinfallen lassen. Anfangs, vor der Annäherung, gab es bei mir das ganze Spektrum an Gefühlen: Unsicherheit, Angst, Bedenken, große Neugier, so, als würde ich ihn durchs Schlüsselloch betrachten. Ich durfte den Druck
nicht zu groß werden lassen, trotzdem ging es am Ende für mich um ein „All in“ mit allen Nuancen.Geholfen hat mir, dass Emily Atef nicht wollte, dass ich ein Klischee von einem Mann oder einen Gewalttäter spiele, sondern einen, der anders ist, weicher und belesen, was extrem wichtig wird für Henners Geschichte mit all den Turbulenzen und Verletzungen seitens seiner Mutter.


… Maria: Sie emanzipiert sich im Laufe der Geschichte immer mehr. Das ist für mich die Essenz ihrer Figur. Wenn man als Leser oder Zuschauer mahnend den Zeigefinger heben möchte, gibt sie zu verstehen, dass es genau richtig ist für sie. Dass sie langsam auf Augenhöhe mit Henner kommt. Dass aus purem Sex nach und nach Liebemachen wird. 


… Marlene Burow: Die Verbindung zu ihr war schon beim Casting einerseits am bedeutendsten, andererseits dann am einfachsten. Marlene besitzt erstaunliche Klarheit und Stabilität.


… Wortlosigkeiten: Natürlich kannst du mit Worten viel besser lügen. Worte sind wie Söldner, die Wahrhaftigkeit aber stellt sich ohne Worte ein, was für mich als Schauspieler eine tolle Herausforderung ist. Deshalb finde ich es auch so schön, dass Emily Atef dieser Choreographie der Körper so viel Raum gibt, dem Zuschauer zutraut, dass er es aushalten kann. Da herrscht dann in Henners Höhle einfach mal Stille. Unser größtes Abenteuer ..

Foto:
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Info:
Darsteller
Maria     Marlene Burow
Henner.  Felix Kramer
Johannes    Cedric Eich
Marianne Silke Bodenbender
Hannah    Jördis Triebel
Siegfried    Florian Panzner
Hartmut    Christian Erdmann
Frieda     Christine Schorn
Alfred      Axel Werner
                                                                                                                 
Stab
Regie        Emily Atef
Drehbuch. Emily Atef & Daniela Krien
Romanvorlage Daniela Krien

Abdruck aus dem Presseheft