Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 27. April 2023, Teil 11
Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es gibt eine Reihe von Filmen, die nur in ausgewählten Kinos laufen, die zuvor keine Pressevorführungen in mehreren Städten hatten und deshalb leicht untendurchfallen, weil man ihr Anlaufen nicht zur Kenntnis nimmt. Auch wir nicht, obwohl wir ja nun wirklich sehr sehr viel über Kino, über Filme, über Filme im Fernsehen berichten. Dieser Film ist einer, der eigentlich die Vielen angeht, aber nur den Wenigen bekannt wird. Also suchen Sie, ob bei der Kinotour Ihr Ort dabei ist oder ein gut erreichbarer.
Außerdem muß man für die Deutschen hinzufügen, daß die Arbeiterkammer eine Einrichtung ist, die eine gesellschaftliche Gleichheit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern herstellen soll; eine vergleichbare Einrichtung gibt es in der Bundesrepublik nicht, bis auf zwei Bundesländer, siehe unten.
Mit einem Porträt der Arbeiterkammer Wien zeichnet FÜR DIE VIELEN ein Bild der Vielfalt unserer Gesellschaft. Im Direct-Cinema-Stil gibt er den Menschen, deren individuelle Geschichten sich hinter abstrakten Begriffen wie Krise, Rezession und Arbeitsmarktverwerfungen verbergen, ein Gesicht. Die Arbeiterkammer ist seit über 100 Jahren die zentrale Interessensvertretung der Beschäftigten und einzigartige Anlaufstelle für die vielen, die um ihre Rechte kämpfen.
Die rote Faust im Foyer markiert die Arbeiterkammer Wien als historische Errungenschaft der Arbeiterbewegung. Dass sich die Idee einer gesetzlichen Interessenvertretung für Arbeitnehmer*innen in der postmigrantisch und pandemisch geprägten digitalen Gegenwart nicht überlebt hat, zeigt die Nachfrage: Am Empfang herrscht reger Betrieb. Die Klientel ist divers, der Zugang niedrigschwellig, das Angebot vielfältig, der Umgang freundlich, die Haltung engagiert. Einblicke in die tägliche Praxis der Institution, von Beratungsgesprächen zum Arbeitsrecht, über Teamsitzungen und kulturelle Veranstaltungen hin zur Präsentation von wirtschaftswissenschaftlichen Analysen zur Vermögensverteilung geben dem Sozialstaat ein Gesicht.. Als die Kampagne zum 100-jährigen Bestehen der Arbeiterkammer im Jahr 2020 mit dem Ausbruch der Coronapandemie kollidiert, wird die interne Organisation des Krisenmodus zentral – und es zeichnen sich ganz neue Herausforderungen für die Welt der Arbeit ab. Die Idee muss weiterleben.
In Deutschland gibt es nur in Bremen und im Saarland Institutionen, die der Arbeiterkammern Wien entsprechen. Wäre das Model nicht auch für ganz Deutschland erstrebenswert?
Kinotour mit Constantin Wulff (Regisseur) und Christoph Klein (ehem. Direktor der Arbeiterkammer Wien):
26. April Hamburg, 20. Dokumentarfilmwoche Hamburg - Hamburg Premiere
19.30 Uhr, 3001 Kino, Schanzenstrasse 75 (im Hof), 20357 Hamburg
27. April Berlin, fsk Kino am Oranienplatz
19.30 Uhr, fsk Kino am Oranienplatz, Segitzdamm 2, 10969 Berlin
28. April Bremen, City46 in Kooperation mit der Arbeitnehmerkammer Bremen
20 Uhr, City 46, Birkenstraße 1, 28195 Bremen
1. Mai Stuttgart, Atelier am Bollwerk
15 Uhr, Atelier am Bollwerk, Hohe Str. 26, 70176 Stuttgart
Ludwigsburg, Caligari Kino
19.30 Uhr, Caligari Kino, Seestraße 25, 71638 Ludwigsburg
2. Mai Köln, Filmhaus
20 Uhr, Filmhaus, Maybachstraße 111, 50670 Köln
Stimmen zum Film
Spannendes Porträt einer Institution, die in einer durch wachsende Ungleichheit gespaltenen Gesellschaft immer wichtiger wird. Kira Taszman, filmdienst.de
Wulff zeigt in FÜR DIE VIELEN, dass man nicht auf die Straße gehen muss, um soziale Ungerechtigkeit abzubilden. Man muss an die Schalter dieser Institution gehen. Menschen, die kaum oder sehr schlecht Deutsch sprechen, stehen da. Viele Ungelernte, viele Frauen, viele Ältere, Menschen mit Behinderung. Solche, die in einem kapitalistischen Arbeitssystem die schwächsten Glieder sind. Und die ausgenutzt werden von denen, die es sich leisten können. Carolin Ströbele, zeit.de
Eine feinfühlig umgesetzte Annäherung an die Helden der Arbeit. Wiener Zeitung
In FÜR DIE VIELEN scheut sich Wulff nicht davor, Menschen reden zu lassen. Dadurch gibt der Film Einblicke in die Geschichte der Arbeiter*innenbewegung sowie in aktuelle Debatten über Gerechtigkeit und den Arbeitsmarkt. So wird eine Studie vorgestellt, nach der das reichste Prozent der Österreicher*innen fast 40 Prozent des Vermögens besitzt.
Inga Dreyer, nd-aktuell.de
Regisseur Constantin Wulff gelingt in FÜR DIE VIELEN ein einfühlsames Porträt einer Institution, die einerseits von den neoliberalen Konditionen des Markts immer wieder überrumpelt wird, andererseits sich mit dem größten Jobvernichter der letzten Jahre, COVID-19 auseinandersetzen muss. uncut.at
Foto:
©Verleih
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BUCH & REGIE Constantin Wulff KAMERA Johannes Hammel, Michael Schindegger SCHNITT Dieter Pichler TON Andreas Hamza, Claus Benischke-Lang REGIEASSISTENZ Catrin Freundlinger, Olga Kosanović PRODUKTIONSLEITUNG Veronika Hraby SCHNITTASSISTENZ Hannes Starz, Matthias Writze DATA WRANGLER Hermann Lewetz TONSCHNITT Andreas Hamza TONMISCHUNG Thomas Pötz TONSTUDIO Cosmix Studios VFX Günter Nikodim COLOUR GRADING Matthias Tomasi DIGITALES MASTERING Tanja Högl, Georg Augsten BILDPOSTPRODUKTION The Grand Post PRODUKTIONSASSISTENZ Emilie Dauptain HERSTELLUNGSLEITUNG Monika Lendl PRODUZENTEN Johannes Holzhausen, Johannes Rosenberger, Constantin Wulff PRODUKTIONSFIRMA Navigator Film, Wien WELTVERTRIEB Cercamon
Info:
© Navigator Film
Regie
Constantin Wulff
Österreich / 2022
120 Min. / DCP / OmU
Originalsprache
Deutsch, Serbokroatisch, Türkisch, Ungarisch
Der deutsche Kinostart wird unterstützt durch das Österreichisches Filminstitut.