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23. goEast Filmfestival vom 26.April bis 2. Mai in Wiesbaden, Teil 15

Claudia Schulmerich

Wiesbaden (Weltexpresso) – Also so was. Was für ein merkwürdiger Film. Irgendwie spröde. Irgendwie seltsam. Etwas ruft Widerstand in mir hervor. Ich mag den Film nicht. Da geht der erste Zuschauer, dann wieder welche und noch welche. Dann niemand mehr. Längst habe ich mir gesagt, daß ich ein Diktum aus der Kunstgeschichte ernst nehmen will: Wenn man Widerstände hat, sie spürt, bedeutet das was, man muß darauf kommen, warum, also an den Widerständen arbeiten.


Doch da ist die Geschichte von der gerade verwitweten Hana, die einen erst einmal ratlos macht, längt in anderes übergegangen. Ein völlig verrückter Film, der sich erlaubt, zu machen, was er will, der Naturphänomene verändert, mit einem Federstrich die Welt verändert, wobei aber die Art und Weise, wie einfach die äußere Welt aus den Angeln gehoben wird und sich die Drehbuchschreiberin und die Regisseurinnen zu Weltschöpfern machen, schon von Mut, ja Frechheit zeugt.

Und jetzt von vorne, denn es gibt eine Geschichte, die mit Witwe Hana beginnt, dann mit anderen weitergeht, wobei dann immer wider die schon bekannten Personen wie Hana in anderen Zusammenhängen wieder auftauchen, insbesondere am Schluß.

Hana kann man in ihrer Trauer um ihren Mann verstehen, sonst weniger. Sie kommt von der Beerdigung nach Hause. Alles ist fremd. Da erinnert sie sich an was und holt in einem Regal ganz unten eine große Kiste heraus. Sie öffnet und zieht einen erst nach dem zweiten Blick erkennbaren Hund hervor, riesengroß mit reichlichem lockigem Fell. Statt eines Gesichts hat er ein Bedienungsfeld. Er ist ein Roboterhund, den ihr Mann einmal mochte und mit dem sie sich jetzt anfreundet und alles gemeinsam machen will.

Zuvor war sie in einer Gesprächsrunde, jeder gibt ihr einen anderen Vorschlag mit auf den Weg, wie sie die Trauer um ihren Mann produktiv verarbeiten kann, statt wie gelähmt so zu tun, als ob der Mann noch da sei, bzw. sie nicht weiter berührt von seinem Tod ist. Das ist ihr alles zu blöde. Da wird sie nicht wiederkommen, aber als eine der Frauen sie anspricht und sagt, ihr sei es auch so gegangen, sie habe beim Tod des Mannes nicht weinen können, erst ein halbes Jahr später, und sie solle sie doch anrufen, wenn es bei ihr so weit sei, nimmt sie gleichgültig die Karte. Am Schluß des Films, in dem noch viel passiert, sehen wir, wie Hana sie Telefonnummer anruft und sich auf ein Gespräch verabredet.

Dazwischen haben wir die Lebenssituationen von anderen mitbekommen. Tereza ist ein leicht dicklicher Teenager, ein Alter also, wo man sich fragt, wer man ist und was man auf der Welt überhaupt will. Sie auf jeden Fall will nicht das, was ihre Eltern von ihr erwarten. Ständig hat sie das Gefühl, den Ansprüchen nicht zu genügen. Gleichzeitig tut ihre Mutter, als ob sie nichts merke, als ob sie nicht merke, daß Tereza keine Freundinnen hat. Sie organisiert ein großes Geburtstagsfest, wo dann außer zwei Geschwistern, die schnell wieder abhauen, niemand kommt. Tereza langt es. Sie verläßt das Haus und geht ihrer Wege. Die verlassenen Eltern werden mit Hilfe der Polizei eine große Suchaktion starten.

Dann gibt es noch die überforderter junge Mutter Silva. Ist sie nur überfordert oder ist es schlimmer, will sie gar nicht Mutter sein. Das läßt sich oft nicht auseinanderhalten. Sie agiert kopflos, statt sich Hilfe zu holen.

Doch diese Geschichten, in denen wie gesagt Protagonisten der vorherigen Episode auftauchen, finden unter einem Himmel statt, der sich nicht normal verhält, sondern verzerrt, die Gegenstände auf Erden verzerrt, verbiegt, Nebel, Weltuntergangsstimmung. Doch unsere drei nehmen das gar nicht wahr. Sie sind so mit sich und ihren Problemen beschäftigt, daß nur die Bewältigung des Hauptproblems ihnen gewärtig ist.

Das ist ein so merkwürdiger Film, der schon deshalb in der Erinnerung haften bleibt, weil man eine innere Abwehr spürte und weiß, daß das mit einem selber zu tun hat.

Info:
ORDINARY FAILURES
ITA, SVK, CZE, HUN 2022 / 84 min / OmeU
Sprache: Tschechisch
Regie: Cristina Groșan
Drehbuch: Klára Vlasáková
Kamera: Márk Győri
Schnitt: Anna Meller
Musik: Jonatán Pastirčák
Ton: Filippo Barracco, Ivan Caso, Pavel Jan
Produktion: Marek Novák
Co-Produktion: Judit Stalter, Marica Stocchi, Monika Lošťáková, Simona Hrušovská, Veronika Kocourková, Zuzana Jankovičová
Produktionsfirma: Xova Film
Co-Produktionsfirma: Lakoon Cinema, Rosamont, Czech Television, Super Film

Besetzung:
Taťjana Medvecká, Nora Klimešová, Beáta Kaňoková, Vica Kerekes, Rostislav Novák jr.

Weltvertrieb: Totem Films

Caligari FilmBühne So, 30.04. / 20:15 Uhr