Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom Donnerstag, 25. Mai 2023, Teil 4
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) – Robert Montague Renfield (Nicholas Hoult) will in einer Selbsthilfegruppe für gewalttätige und missbräuchliche Beziehungen sich endlich aus seiner viele Jahrzehnte dauernde Abhängigkeit vom Grafen Dracula (Nicolas Cage) befreien, denn er ist seit langer Zeit der Gehilfe, der dem Grafen die menschliche Beute beschafft und alle seine Befehle befolgt, egal wie unwürdig sie auch sein mögen. Für seine Dienste hat Dracula ihm ein langes Leben sowie eine ungewöhnliche Stärke und Schnelligkeit verliehen (vor allem wenn er Insekten isst, die er immer im einer Dose mit sich herumträgt).
Nach vielen Umzügen im Laufe der vielen Jahrzehnte sind die beiden jetzt im heutigen New Orleans gelandet, denn Dracula wurde vor Kurzem beinahe von einem Priester erledigt, dabei wurde sehr stark verbrannt und muss sich jetzt regenerieren, damit er wieder seine alte Stärke zurück gewinnt.
Jetzt ist der Graf allerdings mit der Beute, die Renfield ihm beschafft, nicht zufrieden, sondern verlangt statt männlichen Verbrechern nach unschuldigerem und frischerem Blut – wie von Nonne oder Cheerleadern.
Zur gleichen Zeit versucht die etwas aggressive Polizistin Rebecca Quincy (Awkwafina) Teddy Lobo (Ben Schwartz), den Sohn der örtlichen Gangsterchefin Bella-Francesca Lobo (Shohreh Aghdashloo) wegen fahren unter Alkohol und Besitz von (größeren Mengen) Kokain zu verhaften, doch Teddy wird sofort wieder durch einen Anwalt seiner Mutter aus der Haft entlassen.
Bei einer seiner Streifzüge - während der für seinen Meister nach frischem Blut sucht - begegnet Renfield Rebecca in einer Bar, weil sie wieder einmal versucht, den Lobos etwas nachzuweisen. Da Renfield ihr in einem Kampf beisteht, will sie ihn dabei unterstützen, sich aus seiner Co-Abhängigkeit von Dracula zu befreien und besorgt ihm eine eigene Wohnung. Zur gleichen Zeit trifft der inzwischen regenerierte Dracula auf Bella-Francesca Lobo, mit der er gemeinsame Geschäfte machen will.
Letztendlich wird es zum finalen Kampf zwischen Dracula und seinen Verbündeten sowie Renfield und Rebecca kommen, der darüber entscheidet, ob es Renfield endlich gelingen wird, sich aus den Fängen seines Meisters zu befreien…
″Renfield″ ist eine Dracula-Neuverfilmung des Horror-Romans von 1897 des irischen Schriftstellers Bram Stoker. Graf Dracula ist vermutlich eine der am häufigsten in Filmen dargestellten literarischen Charaktere. Die bekanntesten Darsteller des Vampirs waren Max Schreck in Friedrich Wilhelm Murnaus ″Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens″ (1922), Bela Lugosi in ″Dracula″ (1931) von Regisseur Tod Browning, Christopher Lee in Terence Fishers ″Dracula″ (1958), Frank Langella in ″Dracula″ (1979) von John Badham, Klaus Kinski in Werner Herzogs ″Nosferatu – Phantom der Nacht″ (ebenfalls 1979) oder Gary Oldman in ″Bram Stoker’s Dracula″ (1992) unter der Regie von Francis Ford Coppola.
Außerdem gab es mit ″Dracula Untold″ (2014) von Regisseur Gary Shore eine vermeintlich unbekannte Vorgeschichte des Romans von Bram Stoker. Daneben basiert der Film sehr frei auf der Geschichte des realen Vlad III. Drăculea (~1431 – 1476/77), dessen Leben Bram Stoker ganz sicher für seinen Roman inspiriert hat. Die Hauptrolle spielte Luke Evans als Vlad der Pfähler/Dracula.
In dem neuen Film von Regisseur Chris McKay nach dem Drehbuch von Ryan Ridley spielt jetzt Nicolas Cage den Grafen. Cage orientiert sich in seinem Spiel an Bela Lugosi, der vermutlich auch heute noch der bekannteste Dracula-Darsteller ist. Die Dreharbeiten erfolgten vom 3. Februar bis zum 14. April 2022 in New Orleans.
Allerdings ist in dem hier besprochenen Film nicht der Fürst der Finsternis der zentrale Charakter, sondern sein treuer Diener Robert Montague Renfield, dessen bekanntester Darsteller sicher Tom Waits in ″Bram Stoker’s Dracula″ war. Dieses Mal ist Renfield nicht der Insasse eines Irrenhauses, der Insekten isst, in der Hoffnung dadurch unsterblich zu werden, sondern er ist eine Mischung aus dem literarischen Renfield und Jonathan Harker, dem jungen Mann, der Dracula wegen Immobiliengeschäften besucht. Renfield lebt in einer Co-Abhängigkeit mit dem Grafen und versucht jetzt nach vielen Jahren sich endlich daraus zu befreien.
Regisseur Chris McKay hat mit ″Renfield″ eine Horror-Komödie geschaffen, die in der heutige Zeit in New Orleans spielt und die hauptsächlich aus der Sicht von Renfield gefilmt wurde, denn er selbst spricht auch das Voice-Over während des gesamten Films. Dabei kommt nicht unbedingt jeder einzelne Witz an, denn manche sind doch etwas flach, aber der Film macht viel Spaß, vor allem, wenn es darum geht, wie albern die Prämisse eigentlich ist. Ganz sicher ist der Action Film ein chaotischer Spaß mit jeder Menge Blut und viel unnötiger Gewalt. Allerdings spielen sowohl Nicolas Cage als Graf Dracula als auch Nicholas Hoult als R. M. Renfield hervorragend und zeigen eine authentische Meister-Diener-Beziehung. Dabei wurde vom Regisseur darauf geachtet, dass das Problem der Co-Abhängigkeit nie ins Lächerliche gezogen wurde.
Auch die weiteren Hauptdarsteller/innen füllten ihre Rollen perfekt aus, das gilt vor allem für Awkwafina als Polizistin Rebecca Quincy, die unbedingt den Mord an ihrem Vater (hat den gleichen Namen wie Quincey P. Morris, einer der Verschwörer, die Dracula verfolgen) rächen will und deshalb mit allen Mitteln versucht, der Lobo-Familie etwas illegales nachzuweisen. Dabei wird sie aber immer wieder von den korrupten Cops ausgebremst. Während Shohreh Aghdashloo als Bella-Francesca Lobo sehr zurückhaltend aber durchaus gefährlich spielt, darf Ben Schwartz als ihr inkompetenter Sohn Teddy Lobo so richtig die Sau rauslassen.
Die Handlung ist inhaltlich eigentlich nichts Besonderes, da hätte man sicher noch mehr in die Story einbauen können, aber sie ist immer noch ziemlich spannend und lustig und die moralische Botschaft ist gut zwischen den häufigen, rasanten Actionszenen verwoben. Daneben gibt es tolle Spezialeffekte, gelungene Einstellungen von Kameramann Mitchell Amundsen, ein hervorragendes Make-up (von Dracula) und einen perfekten Einsatz der Musik vom zweifach für einen Oscar nominierten Marco Beltrami, doch manchmal wäre doch noch etwas mehr Komik möglich gewesen.
Trotz aller Kritik ist ″Renfield″ sowohl eine schaurig schöne Horror-Komödie als auch eine wundervolle Liebeserklärung an den Dracula-Mythos und seine Filme (dies zeigt sich bereits in der schwarz-weiß gehaltenen Eingangssequenz, bei der Nicolas Cage und Nicholas Holt in die Originalaufnahmen aus ″Dracula″ (1931) digital eingefügt wurden). Nicolas Cage ist als Dracula zwar nicht die Hauptrolle des Films – eigentlich hat er recht wenig Szenen – aber alle wurden mit wunderbaren Wucht, unübersehbarer Spielfreude und viel Dramatik hervorragend gespielt. Nicholas Hoult verleiht R. M. Renfield Herz und Menschlichkeit. Überhaupt hat der Film absolut seine witzigen (und blutigen) Momente, in denen er herrlich schräge Unterhaltung auf hohem Niveau bietet.
Insgesamt ist der Film nicht unbedingt durchweg so spektakulär, wie man es sich erhoffen könnte, aber er hat viele komische und blutige Szenen, so dass man diesen Film lieben kann. ″Renfield″ ist eine durch und durch unterhaltsame Horror-Komödie, die man sich mit gutem Gewissen im Kino ansehen kann.
Foto 1: Renfield (Nicholas Hoult) und Rebecca (Awkwafina) © 2023 Universal Studios
Foto 2: Dracula (Nicolas Cage) und Bella-Francesca Lobo (Shohreh Aghdashloo) © 2023 Universal Studios
Foto 3: Dracula (Nicolas Cage) und Renfield (Nicholas Hoult) © 2023 Universal Studios
Info:
Renfield (USA 2023)
Originaltitel: Renfield
Genre: Horror, Action, Komödie, Fantasy, Dracula Mythos
Filmlänge: 93 Min.
Regie: Chris McKay
Drehbuch: Ryan Ridley (nach einer Idee von Robert Kirkman)
Darsteller: Nicholas Hoult, Nicolas Cage, Awkwafina, Shohreh Aghdashloo, Ben Schwartz, Adrian Martinez, Brandon Scott Jones u.a.
Verleih: Universal Pictures International Germany
FSK: ab 16 Jahren
Kinostart: 25.05.2023