Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom Donnerstag, 15. Juni 2023, Teil 3
Redaktion
Hollywood (Weltexpresso) - 1955, Südwesten der USA. Asteroid City, Einwohnerzahl: 87 – eine Imbissstube mit zwölf Plätzen, eine Tankstelle mit einer Zapfsäule, ein Hotel mit zehn Zimmern, eine Telefonzelle und etwas außerhalb der Stadt ein riesiger Krater und eine Sternwarte. Hier treffen wir Augie Steenbeck (Jason Schwartzman), Midge Campbell (Scarlett Johansson) und Stanley Zak (Tom Hanks).
Bald werden wir sie wiedersehen, diesmal hinter der Bühne eines Theaters, als Jones Hall (Schwartzman) und Mercedes Ford (Johansson) zusammen mit den anderen Darstellern des Stücks „Asteroid City“. Die Ereignisse, die wir sehen, sind ein Stück im Stück, und zwar eines, das nie aufgeführt wurde. „Sie sehen letztlich eine Schauspielerin, die eine Schauspielerin spielt, die eine Schauspielerin spielt“, erklärt Wes Anderson.
Es sind zwei unterschiedliche Welten, die Anderson so geschickt erdacht und miteinander verwoben hat, dass wir in das Leben der Figuren und ihres Schöpfers eintauchen können.
Augie, ein Kriegsfotograf und frisch gebackener Witwer, kommt mit seinen drei kleinen Töchtern und seinem Sohn Woodrow (Jake Ryan), einem „Junior Stargazer“-Ehrenmitglied, hierher. An diesem Wochenende wird der Asteroidentag gefeiert, der an den 27. September 3007 v. Chr. erinnert, als der Meteorit Arid Plains auf der Erde einschlug. Auch Midge Campbell (Scarlett Johansson), ein Filmstar, und ihre Tochter Dinah (Grace Edwards), ebenfalls „Junior Stargazer“, sowie drei weitere „Space Cadet“-Preisträger mit ihren wissenschaftlichen Erfindungen und Eltern im Schlepptau besuchen Asteroid City. Sie werden von Fünf-Sterne-General Grif Gibson (Jeffrey Wright) und der Astronomin Dr. Hickenlooper (Tilda Swinton) als Gastgeber der Feierlichkeiten erwartet.
Doch springen wir einen Moment zurück und beginnen mit dem Moderator (Bryan Cranston) auf der Studiobühne eines Fernsehstudios in den 1950er-Jahren, der uns einführt: „Das Programm des heutigen Abends führt uns hinter die Kulissen und zeigt uns aus erster Hand, wie ein neues Theaterstück für die amerikanische Bühne entsteht.“ Der Schauplatz ist das Tarkington Theatre in einem Viertel, das an den Great White Way in New York erinnert. Wir lernen den Dramatiker Conrad Earp (Edward Norton) und das Ensemble kennen, darunter die Hauptdarsteller Jones Hall (Jason Schwartzman) und Mercedes Ford (Scarlett Johansson).
Jetzt, da der kastenförmige Schwarz-Weiß-Bildschirm auf Breitbild-Farbe umschaltet, sind wir bereit, an der Spitze eines Güterzuges direkt in die Asteroid City zu rasen. Wir erinnern uns an die Worte des Moderators: „Asteroid City existiert nicht. Es ist ein imaginäres Drama, das ausdrücklich für diese Sendung geschaffen wurde. Die Figuren sind fiktiv, der Text hypothetisch, die Ereignisse eine apokryphe Erfindung – aber zusammen ergeben sie einen authentischen Bericht über die Abläufe einer modernen Theaterproduktion.“
Mehr als jeder andere Film von Wes Anderson ist ASTEROID CITY durchdrungen von der Geschichte und den Mythen zweier Pole des Amerikas der 1950er-Jahre: dem Westen und dem Broadway mit ihren jeweils eigenen Helden und Legenden. Es ist die Zeit der Expansion nach Westen und der Bodenspekulanten, die immer weiter in die Wüste vordringen. Vor dem Hintergrund der Nachkriegsparanoia, streng gehüteter Atomgeheimnisse und großer Erfindungen beginnen die Amerikaner, zu den Sternen zu blicken. Vielleicht wird es ein junger „Junior Stargazer“ sein, der in anderthalb Jahrzehnten für die NASA arbeitet, wenn wir zum ersten Mal den Mond betreten. 1955 gab es in der Welt der Technik und Wissenschaft ein vorherrschendes Gefühl: Alles ist möglich.
Genau dieses Gefühl, der Wunsch, neue Welten zu schaffen, war auch auf der Erde, in der Kunst, zu spüren. Eine Revolution, die in den 1930er- und 1940er-Jahren auf der Bühne begann, erreichte in den 1950er-Jahren mit den Stücken von Tennessee Williams und mit Stars wie James Dean und Marlon Brando ihren Höhepunkt. Ebenso wie die Theaterstücke, die in dieser Zeit geschrieben und gedreht wurden, und die Rollen, die von ikonischen Stars verkörpert wurden, erzählt das wahre Leben der Menschen, die diese großen Werke schufen, die Geschichte Amerikas in der Mitte des Jahrhunderts. Diesen Menschen begegnen wir, während sie in „Asteroid City“ auftreten. Die Stadt mag am Rande des Nirgendwo liegen, aber es ist ASTEROID CITY, der Film, in dem wir einen Blick hinter die Kulissen werfen, die Schauspieler in und außerhalb ihrer Rollen sehen: Hier trifft der Broadway auf den Westen.
In den Filmen von Wes Anderson tauchen oft melancholische Figuren auf: Richie, Margot und Chas Tenenbaum, die sich nach ihrem Vater sehnen, oder die Brüder auf der Suche nach ihrer Mutter in Darjeeling Limited. In ASTEROID CITY muss Augie Steenbeck ohne seine geliebte Partnerin die Rolle des Vaters erfüllen, er muss sich mit seinem Schwiegervater versöhnen und seine Familie neu erfinden. Und wenn er den Mut findet, muss er seinen Kindern sagen, dass ihre Mutter verstorben ist, sie aber schon seit Tagen mit ihrer Asche in der Tupperware-Box unterwegs sind.
Eine junge Liebe wird erblühen, eine Wissenschaftlerin wird einem bemerkenswerten Schüler anbieten, seine Mentorin zu sein, ein Witwer und eine Geschiedene werden für ein paar Nächte zueinander finden – für jeden wird die Flugbahn des zukünftigen Lebens nur ein klein wenig angepasst. Wie immer in seinem Werk wird zwischen Filmemacher und Publikum Empathie herrschen, ASTEROID CITY wird sich in ihre Herzen einprägen.
Foto:
©Verleih
Info:
STAB
Regie. WES ANDERSON
Drehbuch WES ANDERSON
Basierend auf einer Idee von WES ANDERSON,
Produktion WES ANDERSON,
Ausführende Produktion ROMAN COPPOLA , STEVEN RALES, JEREMY DAWSON ROMAN
Herstellungsleitung FRÉDÉRIC BLUM COPPOLA, HENNING MOLFENTER, CHRISTOPH FISSE, CHARLIE WOEBCKEN
Koproduktion OCTAVIA PEISSEL, JOHN PEET
Kamera ROBERT D. YEOMAN, A.S.C.Szenenbild ADAM STOCKHAUSEN
Schnitt BARNEY PILLING, A.C.E.
Zusätzlicher Schnitt ANDREW WEISBLUM, A.C.E
KostümbildMILENA CANONERO
Musik ALEXANDRE DESPLAT
BESETZUNG
Rolle Schauspieler*in
Augie Steenbeck JASON SCHWARTZMAN
Midge Campbell SCARLETT JOHANSSON
Stanley Zak TOM HANKS
General Gibson JEFFREY WRIGHT
Dr. Hickenlooper TILDA SWINTON
Host BRYAN CRANSTON
Conrad Earp EDWARD NORTON
Schubert Green ADRIEN BRODY
J.J. Kellogg LIEV SCHREIBER
Sandy Borden HOPE DAVIS
TECHNISCHE DATEN
Länge: 105 Min 33 Sek
Altersfreigabe: Freigegeben ab 12 Jahren, feiertagsfrei
Bildformat: Scope 4K
Tonformat: Dolby 5.1, 7.1,
Motionchair: N/A
Sprachfassungen: GV, OV, OmU
Barrierefrei: Greta & Starks
Prädikat: Besonders wertvoll