rodeoSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. Juli 2023, Teil 4

Claudia Schulmerich

Paris (Weltexpresso) – Wir leben in Zeiten sich wandelnder Werte und vor allem: sich wandelnder Vorlieben und Symbole. Als was galt früher ein Motorrad? Der Ausdruck von Unbändigkeit, von Sehnsucht nach Schnelligkeit, Abhauen, das Alte zurücklassen, Davonbrausen, Weg sein, Stärke symbolisieren, Geschwindigkeitsrausch, Freiheit, ja Sehnsucht nach Freiheit und vor allem ist das Motorrad Ausweis von Männlichkeit, von jugendlicher Männlichkeit! Und nun sind die jungen Frauen dran!

Hätten wir gesagt und für die Vergangenheit an Filme erinnert wie EASY RIDER, wo Dennis Hopper und Peter Fonda für die 60er Jahre den Aufbruch in neue Zeiten symbolisierten. Aber das war nicht neu, die beiden konnten anknüpfen an die Fünfziger Jahre, wo Marlon Brando ein Bild neuer, viriler Männlichkeit verkörperte, zu der einfach ein Motorrad dazugehörte. Das Motorrad stand aber auch immer für Bewegung nach vorne, Ziele zu erreichen, selbst dann, wenn wie im deutschen Film von 2018 25 km/h Lars Eidinger und Bjarne Mädel als Brüder den Kindheitstraum mit Mofas zurücklegen.

Und nun ein Mädchen, eine junge Frau und das unter verschärften Bedingungen. RODEOS sind nämlich die illegalen Rennen, die sich Motorradfahrer leisten und dabei ihre Gesundheit, ja ihr Leben riskieren. Es sind nämlich halsbrecherische Unternehmungen derart, daß das Vorder- oder das hintere Rad in der Luft schwebt und aus dem Motorrad ein Einspänner wird. Das nur als Beispiel, denn es gibt sehr viele Möglichkeiten, mit dem Motorrad Unsinn anzustellen, sich dabei aber als Held zu fühlen. Und auch, wer das ablehnt, albern und tödlich gefährlich hält, kann sich im Film der Faszination, die solche Fahrten auf die Fahrenden ausüben, schwer entziehen. Und schon gar nicht den Fahrten der schnellen Julia (Julie Ledru), die auch ohne Fahren eine Energie ausströmt, die den Film trägt.

Doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Man erlebt die männliche Dominanz wie eh und je. Denn sie wird von den jungen Männern erst einmal nicht rangelassen. Die führen ihre Kunststücke vor und tun alles, um sie vom Fahren und auch vom Lernen abzuhalten. Aber da sind sie falsch gewickelt. Julia läßt sich nicht aufhalten. Und wenn ihr einer schräg kommt oder sie angegriffen wird, dann wird das mit Gewalt erledigt, schließlich hat Julia gelernt, wie man Fäuste benutzt.

Solche illegalen RODEOS sollen in den Banlieues von Bordeaux stattfinden, wo Julia nun mitmischt und Teil einer Subkultur wird, die eigentlich Männern vorbehalten ist. Erstaunlich, daß dies ein Debütfilm, noch dazu von einer Frau ist. Lola Quivoron traut sich was, konnte aber auf die Hilfe von Mathieu Lardot zurückgreifen, der Stuntkoordinator ist und dem schon die Verfolgungsjagden in den James Bond- und Jason Bourne-Filmen zu verdanken ist.

Julia hat sich durchgesetzt und den Jungspunden gezeigt, wo der Barthel den Most holt und wird nun ins Geschäft miteinbezogen. Die örtliche Gang fährt nämlich nicht nur höchst gefährliche artistische Rennen, sondern ist im kriminellen Geschäft genauso firm. Motorradklauen gehört dazu. Das kriminelle Hirn sitzt allerdings im Gefängnis und ist ein Mann: Domino (Sébastien Schroeder). Er steuert von dort aus die Gang und zeigt sich von Julias Talenten entzückt. Weniger begeistert ist er dann allerdings, als sich Julia mit seiner Frau Ophélie anfreundet, die von der Mitschreiberin am Drehbuch Antonia Buresi dargestellt wird.

Der Film folgt ästhetisch den schnellen Rennen, ist quietschbunt, auch laut, schnell geschnitten und etwas übersinnlich. Manches kann man sich nicht als realistisch vorstellen, aber das macht nichts, weil man den ganzen Film auch als einen Fingerzeit einer anderen Zeit sieht, wo es auf die Details nicht so sehr ankommt. Gegen Ende allerdings wird es sehr blumig. Die Hauptdarstellerin behält man im Gedächtnis und will ihr nicht im Dunkeln begegnen, falls sie sich gerade über etwas ärgern mußte.

Foto:
©Verleih


Darsteller 

Julia          Julie Ledru
Kais         Yanis Lafki
Ophélie     Antonia Buresi
Kylian       Cody Schroeder
Ben          Louis Sotton
Manel.     Junior Correira
Mous.      Ahmed Hamdi
Abra        Dave Nsaman
Clark       Mustapha Dianka
Amine.    Mohamed Bettahar
William    Chris Makodi
Sergio     Gianni Caira
Marvin      Quentin Arizzi
Yan           Brice Straehli
Domino.    Sébastien Schroeder

Stab
Regie          Lola Quivoron
Drehbuch   Lola Quivoron, Antonia Buresi