dogSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. Oktober 2023, Teil 11 

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Bilder verfolgen einen. Diese Hunde, die ihre Rollen spielen, als ob sie menschliche Sprache und die Sinnzusammenhänge der Situation genau verstünden, die morden und stehlen, ja nachdem. Dieser Caleb Landry Jones, der den geschundenen Sohn Doug des sadistischen Vaters und ebensolchen Bruders, beide Anhänger einer evangelikalen christlichen Sekte, spielt, der sich kraft eigener Imagination (und perfekter Maske) in eine singende Dragqueen verwandelt, von Edith Piaf bis Marilyn Monroe, wobei die Imagination so weit geht, daß dem gelähmten Mann Tanzflügel wachsen und er sich auf der Bühne dreht.

Wir glauben dem Film alles, denn wie es in der Literatur den phantastischen Realismus gibt, gibt es ihn auch im Film und wir glauben ihm um so mehr, als wir moralisch völlig auf Seiten dieses Dogman Doug (aha, dog-Doug) stehen, der den väterlichen Mißbrauch gleich doppelt rächt. Er wird zu einer Frau, die dem christlichen Fundamentalismus Hörner aufsetzt und Vater und Bruder bekommen die tödliche Quittung von Hunden dafür, daß sie Hunde auf bestialische Hundekämpfe trainiert haben und das alles für Geld, von dem sie lebten. Nein, Doug lebte nicht, er vegetierte, denn der nach der Mutter gehende Knabe, die unter Bedauern für dieses zarte, schüchterne, mißhandelte Kind, die Familie verläßt, wird dafür von Vater und Bruder um so härter bestraft und wächst im Käfig mit diesen riesigen, furchterregenden Hunden auf.

Übrigens gab es doch gerade einen Dogman-Film aus Italien. Es gibt massenhaft Hundefilme, die Serie Lassie läßt grüßen, auch Wes Anderson hat in ISLE OF DOG Hunden ein Denkmal gesetzt. Hunde verkörpern menschliche Eigenschaften auch deshalb, weil Menschen sie trainieren können und auf Befehle hören. Katzen dagegen – unmöglich sich das als Katzenfilm vorzustellen – werden im Internet und in unendlich vielen Katzenkalendern geliebt, weil sie nur auf sich selber hören.

Die Handlung ist ganz einfach. Wir sind dabei, wenn Doug am Steuer als Marilyn Monroe von der Polizei angehalten wird, die Polizisten sowohl funkelnde Diamanten wie todgefährliche Hunde im Wagen finden, Doug in Untersuchungshaft schicken und nun eine Polizeipsychologin Licht ins Dunkel bringen soll, denn tatsächlich haben die Hunde – wie die Überwachungskameras beweisen – den Einbruch in ein Juweliergeschäft, ach was Geschäft, Juwelierpalast ganz alleine bewältigt. Das sind hinreißende Bilder, genau wie die, wenn der Knabe eingesperrt mit den Hunden sich an diese schmiegt und sie sich an ihn. In diesem Film muß man beides zusammendenken. In den Käfig wurde Doug vom Vater geworfen, der zudem für seine Querschnittslähmung verantwortlich ist, ein besonders brutaler, gemeiner Typ, den Clemens Schick leider furchtbar realistisch verkörpert.

Doch als Erwachsener – das alles wird in den Verhören nach und nach deutlich – erlöst das Varieté die geschundene Kreatur Doug. Wir sehen seine Anfänge, die Probeauftritte und wie er nach und nach dazulernt und sich und die Umwelt in seinen weiblichen Gesangsrollen verzaubert. Höchste Zeit von der Darstellungskunst des Caleb Landry Jones zu schwärmen, der nicht nur alle Verwandlungen perfekt darstellt, sondern uns auch an der minutiösen Aneignung seiner Drageigenschaften beteiligt. Danke.

Foto:
©Verleih


Info:

Besetzung

Douglas    CALEB LANDRY JONES
Evelyn.       JOJO T. GIBBS
Ackerman.    CHRISTOPHER DENHAM
Salma.           GRACE PALMA
Mike               CLEMENS SCHICK
El Verdugo        JOHN CHARLES AGUILAR
The Aristocrat Lady.     MARISA BERENSON
Young Douglas        LINCOLN POWELL 
Richie             ALEXANDER SETTINERI


Stab

Regie & Drehbuch    LUC BESSON