youTube1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. November 2023, Teil 4

Redaktion

Amsterdam (Weltexpresso) - Im Frühjahr 2021 führte ich mein erstes Gespräch mit Gregor Weber und Pieter Roelofs vom Rijksmuseum zu einen möglichen Film über die Vermeer-Ausstellung 2023. Dieses Treffen fand, wie fast alles andere zu dieser Zeit, online statt. Die Ausstellung war zu diesem Zeitpunkt noch ein abstraktes Ereignis in der Zukunft. Der intensive Prozess der Verhandlungen und der Diplomatie sowie die enorme Organisation, die eine so große Ausstellung mit sich bringt, mussten erst noch in Gang kommen.

Heute, zwei Jahre später, sind eine halbe Million Eintrittskarten für die Ausstellung verkauft worden, und mein Film, der nur zwei Wochen nach der Eröffnung der Ausstellung herauskam, ist fertig. 

Alte Gemälde sind wie eine Zeitmaschine: Sie haben die Kraft, uns mit Menschen und Orten aus vergangenen Jahrhunderten zu verbinden. Ich glaube, meine Vorstellung des 17. Jahrhunderts wurde weitgehend von Vermeers Werken geprägt. Mehr noch als zu Rembrandts Figuren oder Jan Steens ausschweifenden Szenen fühle ich mich zu Vermeers Gemälden hingezogen. Die ruhigen Bewegungen und die von ihm dargestellten Personen machen den Betrachter zu einem Zeugen des einstigen Alltagslebens. Man ist ganz nah dran an diesen Menschen, an dem Raum mit dem großen Fenster zur Linken, an dem gefilterten Licht, an der sorgfältig arrangierten Szene. Manchmal ist die porträtierte Person tief in das Lesen eines Briefes, das Einschenken von Milch oder den Blick durch ein Fernrohr vertieft. In den wenigen Fällen, in denen sie einen direkt ansieht, schaut sie einem direkt in die Seele.


Schon bei den ersten Interviews, die ich für diesen Film führte, wurde mir klar, wie tief diese Liebe zu Vermeer geht. Einer der wichtigsten Protagonisten, Gregor Weber, bekam einen Kloß im Hals, als er versuchte, es in Worte zu fassen. Genau dieses bedeutungsvolle Schweigen, dieses unbeschreibliche Gefühl, das die Gemälde in ihm auslösten, wurde für mich zum Leitfaden für den Film VERMEER – REISE INS LICHT.

Neben Gregor und Pieter habe ich eine Reihe von jüngeren Restauratoren gefilmt, die im Zentrum der internationalen Vermeer-Forschung stehen. Abbie Vandivere zeigt mit ihrem vermeerblauen Haar ihre 

Liebe zum Mädchen mit dem Perlenohrring. Sie leitete die umfangreichen neuen Forschungen zu diesem ikonischen Gemälde, und ich filmte sie, als „ihr Mädchen“ vom Museum Mauritshuis in Den Haag nach Amsterdam gebracht wurde.

Wir filmten die Debatte über neue Entdeckungen in Vermeers Werk und waren hautnah bei den Erfolgen und Enttäuschungen des Teams dabei, das versuchte, so viele Vermeers wie möglich nach Amsterdam zu bringen. Ein unerwartetes Ereignis, das meine Protagonisten in Aufruhr versetzte, war die Veröffentlichung einer Studie durch die National Gallery of Art in Washington, in der behauptet wurde, dass eines ihrer Vermeer-Gemälde nicht von Vermeer gemalt worden sei. Vielleicht von jemandem, der ihm nahe stand?

Das Tempo des Films ist manchmal absichtlich langsam und zwingt den Zuschauer, sich Zeit zu nehmen und Vermeers Gemälde im Detail zu betrachten. Beim Schnitt habe ich festgestellt, dass viele Szenen besser wurden, wenn ich mir mehr Zeit nahm. Dadurch wurde dieser Film auch zu einem Film über das Sehen und über die unbeschreiblichen Gefühle, die es hervorrufen kann.





Die Regisseurin Suzanne Raes  

Suzanne Raes ist seit mehr als 20 Jahren als unabhängige Filmemacherin tätig. Ihre frühen Filme, u.a. THE HOUSES OF HRISTINA (2007), THE RAINBOW WARRIORS OF WAIHEKE ISLAND (2009), und THE SUCCESSOR OF KAKIEMON (2012) wurden beim IDFA (International Documentary Film Festival Amsterdam) uraufgeführt und auf internationalen Filmfestivals mehrfach ausgezeichnet. Ihr Film BOUDEWIJN
DE GROOT – COME CLOSER erhielt 2015 den IDFA Music Audience Award.

Für ihren Film über den Rotterdamer Sozialdienst, QUID PRO QUO (2015), gewann Raes das Goldene Kalb für den besten langen Spielfilm, den wichtigsten Filmpreis in den Niederlanden. Zuletzt hatte ihr Dokumentarfilm GANZ: HOW I LOST MY BEETLE (2019) einen erfolgreichen Kinostart in den Niederlanden.


Filmografie (Auszug):
2023 VERMEER – REISE INS LICHT
2022 TWO MEN
2020 HEART OF DEMOCRACY
2019 MS
2015 BOUDEWIJN DE GROOT – COME CLOSER
2012 THE SUCCESSOR OF KAKIEMON
2009 THE RAINBOW WARRIORS OF WAIHEKE ISLAND
2007 THE HOUSES OF HRISTINA

Foto:
©Verleih

Info:
Stab
Buch und Regie.     Suzanne Raes
Produktion             Ilja Roomans
Kamera                  Victor Horstink


Protagonisten
Gregor Weber. ehemaliger Leiter der Abteilung Bildende und dekorative Kunst am Rijksmuseum
Peter Roelofs, Leiter der Abteilung Gemälde und Skulpturen am Rijksmuseum
Abbie Vanivere, Restauratorin und Forscherin für Gemälde am Museum Mauritshuis
Anna Krekeler, Gemäldekonservatorin und Forscherin am Rijksmuseum
Jonathan Janson, Maler und Kurator von „Essential Vermeer“

Abdruck aus dem Presseheft