Bildschirmfoto 2023 12 01 um 01.24.01VERSO SUD 29 vom 24. November bis 6./30. Dezember im Kino des DFF Frankfurt, Teil 6

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Schon wieder eine Mutter! Na ja, stimmt, mit EINE MUTTER von 1990 hatte Claudia Cardinale in den Filmen ihrer Hommage einen großen Auftritt, den ihre, den Film vorstellende Tochter sogar zu ihrer besten schauspielerischen Leistung erklärte. Na ja. Da müßte sie sich jetzt mal Penelope Cruz als Clara und fantastische Mutter anschauen, eine intensive, ja fast schmerzhafte Rolleninterpretation, wo das Leid der Mutter derart nach innen geht, wohl um die Kinder nicht zu gefährden, daß sogar das Zuschauen weh tut.

Die Geschichte, die in den Siebziger Jahren spielt, ist einfach, aber doppelbödig. Da geht es der Familie mir drei Kindern finanziell gut. Sie sind in ein neues Zuhause gezogen, thronen oben und gucken über die Welt, die jenseits des Grüns eine Gruppe von Menschen in Bretterverschlägen beherbergen, die man früher Zigeuner genannt hätte. Clara, die aus Spanien kommt und sich in ihren italienischen späteren Mann verliebt hatte, verbietet den Kindern, sich dorthin zu begeben. Ansonsten erlaubt sie ihnen alles, denn sie ist eine Mutter, die in ihren Kindern ihren Lebenssinn sieht und sich ihnen voll widmet. Mit dem Ehemann läuft nicht mehr viel. Er hat ständig andere, derzeit in seiner Sekretärin praktischerweise auch eine Geliebte, die dann auch noch ein Kind von ihm erwartet, und Clara mag eigentlich nicht mehr intim mit ihm werden. Nach außen allerdings wird Fassung bewahrt. Noch.

Der Ehemann ist nämlich der typische Sohn einer typischen italienischen Mutter der besseren Gesellschaft, die erwartet, daß die Familie ständig zusammenkommt, große Essen im Familienverbund, die vielen Kinder der Großfamilie an einem Tisch. Das alles ist doppelbödig, denn für Kinder ist das schön, mit so vielen anderen verwandten Kindern was anzustellen, für die Erwachsenen sicher durchwachsen, denn potentielle Konflikte in den Kleinfamilien werden hier alle unter den Teppich gekehrt.

Das doppelbödig betrifft aber vor allem die älteste Tochter von Clara und, …, die zwar ein Mädchen ist, aber sich als Junge fühlt und immer wieder auch so aussieht. Die junge Schauspielerin macht das hervorragend und zeigt einfach die Ambiguität, die in ihr steckt.Das fängt mit dem Namen an. Sie heißt nennt sich aber und wird, ja älter sie ist, immer mutiger, sich als Junge zu geben. Insbesondere bei den heimlichen Besuchen im Lager hinter dem Grün, das zu durchstreifen eine Lust für sie ist, wartet doch mit ein kluges, waches Mädchen auf sie mit den ersten Ahnungen, sich zu mögen, ja sogar einen Kuß zu wagen.

Dramatisches geschieht, als Clara als Pflegefall vorübergehend in eine Klinik kommt, die Mutter des Vaters den haushalt führt, den Kindern beim Essen Zucht und Ordnung beibringt und diese unglücklich auf ihre Mutter warten. Die kommt auch ‚geheilt‘ zurück, setzt das Familienleben fort, die Kinder atmen auf, sogar zieht ein Kleid an. Wie es weitergeht?
So durcheinander wie in anderen Familien auch.

Foto:
©Verleih

Info:
Regie.  Emanuele Crialese
Darsteller
Penélope Cruz
Luana Giuliana
Vincenzo Amato
Elena Arvigo