Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. Januar 2024, Teil 4
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Eine solch tolle Idee! SCHÖNE NEUE WELT in einer ganz anderen Richtung weiterentwickelt. Es geht um das Kinderkriegen, das nicht mehr mühselige weibliche Angelegenheit ist, sein muß, sondern ‚outgesourct‘ wird. Ein Pod (Originaltitel: THE POD GENERATION) dient als Gebärmutter, übernimmt deren Funktion, in der sich in neun Monaten das künstlich befruchtete Ei zum Embryo und dann zum Baby entwickelt.
Also eine künstliche Schwangerschaft, die der Mutter abgenommen wird, die in der ganzen Zeit ihr normales Leben weiterführen kann, was vor allem heißt, ihre berufliche Gegenwart nicht mit dem Kinderkriegen zu unterbrechen, also dem Arbeitsmarkt ungehindert zur Verfügung zu stehen und sich individuell auch Aufstiegschancen nicht zu verbauen, sondern eher zu nutzen, daß andere ihre Kinder noch auf traditionelle Art bekommen und ausfallen im Kampf nach oben.
Höchste Zeit von denen zu sprechen, die sich auf diese POD-Schwangerschaft einlassen. Es sind die zarte Rachel (Emilia Clarke) und der deftige Alvy (Chiwetel Ejoiofor), die schon als Paar die Gegensätze vereinen, um die es auch bei der Schwangerschaft geht: Künstlichkeit gegen Natur, wobei hier – es geht nicht anders – einmal der Mann die Natur übernimmt. Sonst ist es meist umgekehrt. Auf jeden Fall arbeitet Rachel in einem Tech-Unternehmen, wo sie aufsteigen kann und will. Und Alvy ist Biologe, genauer Botaniker, der noch mit echter Erde zu tun hat, in der er begeistert wühlt und Pflanzen durchbringen will, was er seinen Studenten vermittelt. Alles sehr komisch, aber nicht komisch genug.
Wir haben hier den seltenen, aber immer wieder eintretenden Fall, daß die Filmidee revolutionär ist, die Umsetzung auch brav durchgeführt wird, aber irgendwas nicht zündet. Der Widerspruch zwischen Idee und filmischer Ausführung wird beim Zuschauen immer virulenter, obwohl sich die beiden Hauptdarsteller doch alle Mühe geben und die Idee mit dem Ei doch ebenfalls Spitze ist. Denn in dem Pod steht ein überdimensioniertes Ei, in dem die Schwangerschaft stattfindet und das immer wieder seinen Saft braucht, aber auch stundenlang von Mutter oder Vater auf dem Rücken oder der Brust in einer entsprechenden Vorrichtung getragen werden können. Da sind so witzige Szenen dabei, wenn die Mütter in der Pod-Station sich ihre gegenseitigen Kinder, sprich Eier zeigen oder wenn sich die emotionale Nähe einstellt und das zukünftige Elternpaar sich das Ei klauen, weil sie es in ihrem Zuhause wirken lassen wollen.
Man rätselt schon beim Zuschauen, woran es liegt, daß diese tolle Idee so lahm daher kommt. Kann gut sein, daß es daran liegt, daß keiner der Wege konsequent beschritten wird: eine Zukunftsvision, die positiv dargestellt und gleichwohl den Schrecken in die Glieder fahren läßt. Also Utopie und Dystopie in einem mit dramatischem Geschehen. Eine reine Komödie, was alles passiert, wenn man die Kinder nicht mehr selbst bekommt. Oder verschärft eher eine Satire, was in ferner Zukunft zu erwarten ist.
Auf jeden Fall bleibt die Idee mit dem I-Pod zum Kinderkriegen, denn auf Deutsch heißt es zudem ja sprachlich auch noch Ei-Pod, genial. Eigentlich wundert man sich, daß der Verleih nicht als Titel Ei-Pod wählte. Bleibt noch zu erwähnen, daß dies natürlich extrem teuer ist und die privatwirtschaftliche Firma Pegazus die Pods in einem Womb Center zentral versorgt, weil ja – siehe natürliche Schwangerschaft – ständig Hormonzufuhr und anderes nötig sind. Daß sich das Apparatetum verselbständigt und das Ei mehr dem Pod und Pegazus gehört denn den Eltern, liegt auf der Hand. Und auch, daß die zukünftigen Eltern sich das Ei verfügbar machen wollen. Wie gesagt: tolle Idee von der Drehbuchautorin und Regisseurin Sophie Barthes. Aber ein langes Aber.
Foto:
©Verleih
Info:
Stab
Regie & Drehbuch Sophie Barthes
Besetzung
Rachel Novy. Emilia Clarke
Alvy Novy. Chiwetel Ejiofor
Alice. Vinette Robinson
Linda Wozcheck. Rosalie Craig
Gründer Pegazus. Jean-Marc Barr
Ben. Jelle De Beule