sophiaAuf DVD und Blu-ray seit dem 12. Januar , Teil 3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das fängt so was von normal an. Da ist ein verschlafener Typ, der sieht gleich so aus, wie einer, der nicht ein Generalmanager einer bedeutenden Firma ist, sondern wie einer, der sich über seine Zukunft nicht allzu viel Gedanken gemacht hat – und in den Tag hineinlebt, phantasieren wir, wenn wir Reiner (Dimitrij Schaad) erblicken, der auf das Klingeln hin die Tür aufmacht, vor dem sich ein ellenlanger, sehr streng aussehender Mann aufbaut, der ihn anblafft: „Ich bin Ihr Tod, und Sie müssen jetzt mitkommen. Sie haben drei Minuten, um über alles nachzudenken.“

Aha, der personalisierte Tod, jetzt erschließt sich die Eingangsszene, wo eine Frau mit auffälliger Perücke silberner, langer Haare (Lina Beckmann) auf einer Dach im Irgendwo einen Imbiß betreibt, MICHAELA’S, wobei beim Öffnen des Blende des Imbiß’ ein himmlisches Licht erstrahlt, auf dessen Theke sie legt, woraufhin die Schattengestalten sich die Bücher schnell in die Taschen stecken, nur der Nachzügler Morten de Sarg (Marc Hosemann) bekommt ein schäbiges, kleines Buch, das er öffnet und sie fragend ansieht: „So jung?“, denn es geht um Reiner, vor dessen Tür er nun steht. Als dieser die Tür auf die Ansprache von Morton schnell zuhaut, kann der Tod seine Meisterschaft gleich beweisen und tritt ihm gleich darauf im Bad gegenüber. Schließlich sind menschliche Vorrichtungen wie Wände von Häuser kein Grund für Überirdische, nicht hindurchzugehen.

Aber zuvor ist Reiner erst nach Hause gekommen, er ist Altenpfleger und braucht doch eigentlich selbst Lebensberatung. Aber nicht von den Zeugen Jehovas, die gerade an seiner Tür klingeln. Viel Betrieb, denkt man, aber das sind nur die zarten Hinweise darauf, daß Reiners Welt nicht in Ordnung ist. Er schreibt, die gekauften Weinflaschen, erleichtern dies, einen Brief an seinen Sohn Johnny, der schon sieben Jahre ist, den er seit Jahren nicht gesehen hat, weil dieser bei seiner Mutter lebt.

Das erklärt er dem Tod, noch kann er nicht abtreten, doch dieser weiß es besser und weist ihn auf einen von den Ärzten nicht entdeckten Herzfehler hin, an dem er in den nächsten Minuten sterben wird. Genau wie sein Vater übrigens. Und als Reiner immer noch nicht an seinen Tod glaubt, liest ihm dieser aus dem kleinen Büchlein Lebenssituationen vor, auf die Reiner nicht unbedingt stolz ist. Also gut, dann soll er halt sterben.

Doch erneut klingelt es. Das geht ja zu hier. Es ist Sophia (Anna Maria Mühe), seine Exfreundin, mit der er verabredet war, endlich einmal zum Geburtstag seiner Mutter Lore (Johanna Gastdorf) zu fahren, was er natürlich vergessen hatte. So ist er halt. Deshalb bemerkt sie auch ärgerlich sofort, daß er alles vergessen hat und drängt zur Eile, der Zug fährt gleich. Darüber hat der Tod seine drei Minuten glatt vergessen und nun tritt etwas ein, was sozusagen die streng befolgten Spielregeln der Tode sind. Stirbt Reiner nicht innerhalb der drei Minuten, muß der Tod auf einen neuen Termin warten und anwesend bleiben wie ein x-beliebige Mensch.

Sie merken gleich, hier geht es übersinnlich zu und den ganzen Film hindurch empfinden wir eine fast angenehme Melancholie. Übrigens ein völlig anderes Gefühl als in mexikanischen Filmen, wo der Tod ja ganz real ins Leben eingreift. Die drei sind nun im Haus der Mutter muß sich zudem der eine Tod mit einem anderen Tod namens Morck herumschlagen, der auch den Zugriff auf Reiner anmeldet und unangekündigt vor der Tür steht. Das ist wohl üblich, daß der Tod sich immer mit Klingeln an der Haustür ankündigt. 

Und schon wieder sind die drei Minuten um, das Leben von Reiner verlängert erneut und nun fliehen die, die zusammengehören: die Familie mit dem Ursprungstod Morten. Vor wem? Vorm zweiten Tod. Wohin? Ganz klar, zum kleinen Sohn, der in Süddeutschland lebt. Womit? In Lores Wagen. Nun erleben wir einen aufregenden Autobahnfilm. Ein richtiges Roadmovie entwickelt sich. Deutschland, das Land der Autobahnen. Lange Einstellungen, mit den vielen Spuren, auf der die Autos wie kleine Spielzeugautos schnurren und man sich im Geiste den Wiener Walzer denkt, denn diese vielen Linien der Autobahnen, ihre Kreuze haben etwas Tänzerisches.

Im Inneren des Wagens geht es dagegen hoch her. Lore will endlich wissen, was Sache ist und bricht zusammen, als sie die Wahrheit hört, aber dann sagt: "Wer an Gott glaubt, der muß auch an den Tod glauben.“, nun gut, aber wer nicht an Gott glaubt, der auch. Doch die innere Dramatik ist nicht alles. Der zweite Tod, Morck, hat mit Hilfe von Lores Nachbarn (Rocko Schamoni), die Verfolgung per Auto aufgenommen, weshalb die Insassen von der Autobahn von Morck heruntergedrängt in einem Waldstück beraten, wie es weitergehen soll. Ins nächste Hotel, wo Regisseur Charly Hübner, den Wirt mimt und die Gäste in Männer- und Frauenzimmer unterbringt. Doch Sophia und Reiner nehmen sich zusätzlich ein eigenes Zimmer und probieren es für eine Nacht wieder miteinander und Sophia setzt sich auch durch, als Reiner aufgeben und nur noch sterben will, daß erst der Sohn besucht wird.

Gute Idee, die Weiterreise mit der Ouvertüre von ORPHEUS AUS DER UNTERWELT von Jacques Offenbach musikalisch zu begleiten. Klar, wie es es weitergeht. Der Sohn Johnny (Mateo Kanngiesser) ist glücklich seinen Vater zu sehen und der noch glücklicher. Irgendwie ist ihm, der immer das Gefühl hatte, am Leben vorbeizuschrammen, in diesen wenigen Tagen mehr Leben geschenkt worden als in den Zeiten zuvor. Er wird sterben, aber es wird ein guter Tod, sofern Tode gut sein können.

Klar, daß nun Michaels’s wieder zum Zuge kommt. Morten meldet ihr den Vollzug, bekommt das nächste Buch. So ist das Leben. So ist der Tod.

Eigentlich für deutsche Verhältnisse ein sanfter, ein witziger, ein nachdenklicher und auch versöhnender Film. Vielleicht denkt ja mancher Zuschauer darüber nach, was er vor dem eigenen Tod doch lieber noch erledigen möchte.

Foto:

Charly Hpbner, Regisseur und Mitspieler
©swr.de

Info: 
Sophia, der Tod und ich

DVD und Blu-ray
Literaturverfilmung
BRD, 2023
FSK ab 12 freigegeben 
Genre: Komödie, Drama, Literatur
Spieldauer: 98 Min.
Regie: Charly Hübner
Darsteller: Dimitrij Schaad, Marc Hosemann, Anna Maria Mühe, Johanna Gastdorf, Lina Beckmann
Drehbuch: Lena May Gray
Basierend auf dem Bestseller Roman von: Thees Uhlmann
Sprache: Deutsch
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Bild: Widescreen
Erscheinungstermin: 12.1.2024
Besetzung: Dimitrij Schaad, Anna Maria Mühe, Marc Hosemann, Johanna Gastdorf, Carlo Ljubek, Lina Beckmann, Josef Ostendorf und Rocko Schamoni