Lassnig 1Vor der Berlinale 2024 (3) 

Hanswerner Kruse 

Berlin (Weltexpresso) – Was für ein Film-Tag! An dessen Ende singt die Künstlerin Maria Lassnig mit schräger Stimme die Moritat: “Die Kunst bringt mich / nicht ins Grab / sie macht mich / immer jünger!“ Dieser letzte Kurzfilm des Tages beschloss die mehrstündige cineastische Hommage an die österreichische Künstlerin, die mit ihrer Malerei und später mit schrägen Filmen, die zeitgenössische Kunst ab den 1960er-Jahren stark beeinflusste.


Dennoch kennen wahrscheinlich viele Leute diese Malerin gar nicht, genauso wenig wie ich sie kannte. Doch das könnte sich jetzt durch den großartigen Spielfilm „Mit dem Tiger schlafen“ ändern, der am Vormittag im Forum lief. Der Streifen beginnt mit einer Leichenfeier, ältere Damen und Herren brabbeln „Maria, zeige uns Jesus!“, doch die vermeintlich Sterbende redet immer noch über Farbpigmente. Nach diesem Teaser erleben wir eine szenische Collage, die nicht dem Lebenslauf der Malerin folgt, doch bunt durcheinander gemischt entwickelt sich ihr Porträt.

lassnig 4klWir sehen, wie sie mit wilden Strichen malt und dazu die Haltungen einnimmt, auch auf dem Fußboden, die sie darstellen will. Sie streitet mit der Mutter, die sie für begabt hält, aber lieber verheiraten möchte. Ihr Bild in einer ersten miesen Gemeinschaftsausstellung irgendwo in Kärnten, wird vom Bürgermeister zugehängt, „weil das Pornografie ist.“ Ein junger Mann, der sich später als Arnulf Rainer entpuppt, reißt den Stoff weg und ruft, das sei das einzig gute Bild in der Ausstellung. Es zeigt einen, leicht abstrahierter Mann mit einem roten Penis. Lassnig  legt sich mit Galeristen und Museumsleuten an, „die mir meine Bilder stehlen wollen.“ Denn die Bilder seien ihre Kinder, die sollten nicht ins Waisenhaus-Museum.

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Die großartige Birgit Minichmayr bringt uns die eigenwillige, etwas verschrobene, aber konsequente Künstlerin sehr nahe: In allen Altersstufen und unterschiedlichen psychischen Zuständen, auf ihrem Weg zum Ruhm. „Ich male nicht was ich sehe, ich male was ich fühle!“, verkündet sie häufig. Lassnig will nicht Professorin in Wien werden, versucht aber ihre Bildende Kunst mit dem Film zu verbinden. Zehn von diesen sehr experimentellen Shorts zeigt das Forum am Nachmittag.

(Foto rechts die Künstlerin in einem Kurzfilm übers Heiraten) 



Es ist kaum nachzuvollziehen, warum dieser eher Spiel- als Dokumentarfilm, nicht für den Bären-Wettbewerb ausgewählt wurde. Minichmayr oder die Regisseurin hätten allemal einen silbernen Bären verdient! Überhaupt ist das Forum in diesem Jahr populärer geworden, ohne seinen hohen Anspruch aufzugeben. Die Spannweite ist nach wie vor riesig, vom handgewackelten experimentellem 8mm-Film bis zum Kinofilm, von abseitigen Themen bis zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Problemen. Ich habe bereits einige sehr spannende Arbeiten gesehen, die aber außer ins Berliner Arsenal wohl selten in die Kinos kommen werden. Vielleicht ändert sich das ja durch solche Filme...

Wird fortgesetzt

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Artikel zu Maria Lassnig in WELTEXPRESSO
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