IMG 2548Internationale Filmfestspiele Berlin vom 15. bis 25. Februar 2024, BERLINALE, Teil 13


Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - In diesem Jahr fand die Pressekonferenz der Filmfestspiele hinter dem Kanzleramt, im Haus der Kulturen der Welt statt. Während sich hier drumherum am Sonntag hunderttausend Demonstranten drängten, war der edle Saal nur halb mit Presseleuten gefüllt. Am Bühnenrand lagerten die Devotionalien der Festspiele, der Berlinale-Teddybär, Baskenmützen und Fahrradklingeln.

 

Mariette Rissenbeck und Carlo Chatrian, die scheidende Doppelspitze des Festivals, gab zunächst ein Statement zur interkulturellen Verständigung ab. Die Berlinale wolle friedliche Dialoge, Empathie füreinander und Verständigung fördern. Man müsse das Leid aller Menschen wahrnehmen, Filmschaffende hätten dazu in diesen Krisenzeiten viel zu sagen.

Im Anschluss ratterte Chatrian schnell auf englisch, die Inhalte der zwanzig Wettbewerbsbeiträge für den Gold- und die Silber-Bären herunter. Übersetzungen gab es - wie bisher unter seiner fünfjährigen Ägide - für die Presse nicht. Mit Freude denkt man da an die neue Leiterin, Tricia Tuttel, die nach dieser Berlinale ihre Arbeit aufnehmen wird und sich bei ihrer Vorstellung entschuldigte, kein Deutsch zu können: „Ich verspreche, dass ich in einem Jahr so gut spreche, dass Sie sich über meinen Akzent lustig machen können.“

Der Wettbewerb ist eine Reise um die Welt, präsentiert werden Filme aus Nepal, Tunesien, Süd-Korea und anderen fernen Ländern, darunter tatsächlich auch drei afrikanische Beiträge. Aus dem deutschsprachigen Raum kommen ebenfalls vier Streifen, mit dabei sind Lars Eidinger, Corina Harfouch und Ronald Zehrfeld in „Sterben“. Französische Werke haben ein Übergewicht, doch es gab keine Quoten für den Wettbewerb, es wurden nur eingereichte Arbeiten ausgewählt. Allerdings sei Chatrian weltweit mit Filmschaffenden in Kontakt und ermuntere manche zur Teilnahme. 

Die Leitungen der übrigen Sektionen waren anwesend, gaben jedoch keine Erklärungen zu den gut 200 Filmen ab, deren Auswahl sie zu verantworten haben. Gerade diese weiteren Bereiche sind für den vielfältigen Charakter und die Besonderheit der Berliner Festspiele wesentlich. Auch hier gibt es überall Weltreisen, etwa im „Forum“, das seit 40 Jahren im Rahmen der Berlinale ungewöhnliche und eigensinnige Werke zeigt: Morgens einen indischen Film über eine Frau, die sich nicht in ihr Schicksal fügt und exorziert werden soll. Mittags ist man in einem argentinischen Frauengefängnis und nachmittags lernt man den Aktivisten der Dekolonisation Franz Fanon kennen. 

In „Generation“ mit Filmen für Kinder und Jugendliche, sind die Grenzen zu den übrigen Bereichen fließend, gerade bei den Streifen für Heranwachsende. Hier reist man von Berlin-Kreuzberg in die Mongolei oder nach China, später in digitale Fantasiewelten. Manche dieser Werke sind nicht jugendspezifisch, sondern könnten auch in anderen Sektionen oder sogar im Wettbewerb gezeigt werden.

Weiterhin bleibt die Berlinale ein Publikumsfestival, das alljährlich bis zur Corona-Pandemie von 350.000 Leuten besucht wurde. Davon waren 20%, also etwa 70.000 Kinder und Jugendliche. Alle Veranstaltungen können von „normalen Menschen“ besucht werden. Im Gegensatz zu den elitären Festspielen in Cannes oder Venedig, die immer als Vergleich herangezogen werden. Die Berlinale lebt von ihr Breite und Vielfältigkeit, die für unterschiedliche Interessen zahlreiche Angebote bereitstellt.

Foto:
Mariette Rissenbeck und Carlo Chatrian © Hanswerner Kruse