Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 25. Januar 2024, Teil 6
Redaktion
Berlin (Weltexpresso) - Sollte man darauf hinweisen, daß Stella Goldschlag nicht die einzige Jüdin war, die, um zu überleben und das Leben ihrer Familie zu retten, was ja nicht gelang, andere ans Messer lieferte, verriet, was ihr in der Konsequenz klar war: daß es ein Verrat in den Tod war. Es ist für uns sehr schwierig, mit dem Lebensgefühl von heute und den freiheitlichen Möglichkeiten von heute unser eigenes Verhalten in solchen Situationen zu simulieren - und eben auch, ein solches Verhalten von heute her zu qualifizieren. Daß man nicht einverstanden ist, ist die eine Seite. Aber was die andere? Die Redaktion
10. Juli 1922 |
Stella Goldschlag wird in Berlin-Charlottenburg als Tochter des Journalisten, Dirigenten und Komponisten Gerhard Goldschlag und seiner Frau Toni, einer Konzertsängerin, geboren |
1926 |
Als Vierjährige spielt Stella Goldschlag im Film „Rosen aus dem Süden“ (Regie: Carl Froelich) mit. |
1. September 1929 |
Einschulung in der 3. Volksschule Berlin-Halensee. |
1. September 1933 |
Stella wechselt auf das Hohenzollern-Oberlyzeum in Berlin-Wilmersdorf. |
1935 |
Gerd Goldschlag, Chefredakteur bei der Kino-Weltwoche, verliert als Jude seine Anstellung. Danach schlägt er sich als Komponist und Klavierlehrer durch. |
10. September 1935 |
Stella muss das Oberlyzeum aufgrund ihrer jüdischen Herkunft verlassen, wechselt auf die jüdische Privatschule Dr. Leonore Goldschmidt am Roseneck in Grunewald |
10. November 1938 |
Die Pogromnacht ist ein Schock für Stella. Ihr Vater taucht zwischenzeitlich aus Angst vor einer willkürlichen Verhaftung unter. In der Folge bemühen sich ihre Eltern vergeblich um ein Ausreise-Visum. |
1939 |
Stella singt als 17jährige in einer jüdischen Jazzband, besucht die höhere Handelsschule und belegt im Anschluss einen 2jährigen Kurs als Modezeichnerin an einer privaten jüdischen Zeichenschule in der Falkenstraße in Berlin |
1940 |
Auftritte bei jüdischen Familienfeiern. Der Traum von der Karriere in den USA. |
1. September 1941 |
Die Familie Goldschlag wird zur Zwangsarbeit verpflichtet. Stella arbeitet zunächst bei der Firma Siemens & Schuckert in Fürstenbrunn, anschließend – wie auch ihre Eltern – bei der Firma Ehrich & Graetz in Berlin-Treptow. |
23. Oktober 1941 |
Stella heiratet den jüdischen Musiker Manfred Kübler. |
27. Februar 1943 |
Tausende jüdische Zwangsarbeiter – in den historischen Quellen werden um die 7.000 aufgeführt – werden in den Berliner Rüstungsfirmen im Zuge der sogenannten „Fabrikaktion“ verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Darunter auch Stellas Ehemann Manfred. Er wird am 3. März in Auschwitz ermordet.
Stella und ihre Eltern entkommen, können sich bei Bekannten verstecken und leben mehrere Monate in Berlin im Untergrund. |
Juni 1943 |
Stella lernt den jüdischen Fälscher Rolf Isaaksohn, der u.a. als Statist bei der Oper arbeitet, kennen. Die beiden werden ein Paar. |
2. Juli 1943 |
Stella und Rolf werden im Café Bollenmüller von der Gestapo verhaftet. Zuvor hat Stellas Schulfreundin Ingeborg Lustig die beiden als untergetauchte Juden identifiziert. In der Leitstelle der Berliner Gestapo wird Stella gefoltert. Sie soll die Herkunft ihrer gefälschten Papiere verraten. |
10. Juli 1943 |
Bei einer Zahnbehandlung gelingt ihr die Flucht. Sie wird noch am gleichen Tag, ihrem 21. Geburtstag, zusammen mit ihren Eltern in einer Pension von der Gestapo verhaftet. |
24. August 1943 |
Stella gelingt nach einem Bombenangriff die Flucht aus dem Frauengefängnis in der Bessemerstraße in Tempelhof. Mittellos, ohne Perspektive stellt sie sich noch am selben Tag im jüdischen Sammellager in der Großen Hamburger Straße in Berlin-Mitte, wo auch ihre Eltern inhaftiert sind. |
August 1943 |
Um sich und ihre Eltern vor dem Transport nach Auschwitz zu bewahren, willig sie ein, die Fahndung nach dem untergetauchten jüdischen Passfälscher Samson „Cioma“ Schönhaus zu unterstützen. Ihre Suche in Begleitung von weiteren jüdischen Fahndern bleibt erfolglos. |
September 1943 |
Um die ständig drohende Deportation aufzuschieben, erklärt sie sich gegenüber dem Lagerleiter Walter Dobberke bereit, fest für den jüdischen Fahndungsdienst zu arbeiten. Sie erhält einen Passierschein und soll in ganz Berlin untergetauchte Juden aufspüren. |
November 1943 |
Sie bittet um die Zusammenarbeit mit ihrem früheren Geliebten und Komplizen Rolf Isaaksohn. Die beiden arbeiteten effektiv, bekommen ein gemeinsames Zimmer im Lager. |
23. Februar 1944 |
Stellas Eltern werden nach Theresienstadt deportiert. |
21. April 1944 |
Stella „rühmt“ sich vor Ida Nöckler, dass ihre 100. Verhaftung ein 70 Jahre alter Mann war. Sie arbeitet mittlerweile seit knapp acht Monaten für die SS. |
1. Oktober 1944 |
Stellas Eltern werden nach Auschwitz deportiert und ermordet. |
23. Oktober 1944 |
Stella heiratet auf Veranlassung von Lagerleiter Dobberke Rolf Isaaksohn. |
17. April 1945 |
Rolf Isaaksohn taucht mit 40.000 Reichsmark unter und verlässt Berlin. |
30. April 1945 |
Mithilfe ihres jüdischen Geliebten und Mithäftlings Heino Meissl gelingt es Stella, sich nach Liebenwalde abzusetzen. |
7. Oktober 1945 |
Stellas Tochter Yvonne wird geboren. Angeblicher Vater war Heino Meissl. |
Dezember 1945 |
Stella wird in Liebenwalde verhaftet. |
31. Mai 1946 |
Stella wird von einem russischen Militärtribunal zu zehn Jahren Haft verurteilt. |
28. Juni 1946 |
Inhaftierung im Gefängnis Torgau. |
17. Juli 1948 |
Überstellung in das frühere Konzentrationslager Sachsenhausen. |
3. Februar 1950 |
Weitere Haft im Zuchthaus Hoheneck und der Strafanstalt Waldheim. |
23. Januar 1956 |
Nach 10 Jahren Haft wird Stella entlassen. Sie zieht nach West-Berlin, um Kontakt mit ihrer Tochter aufzunehmen. Auf Betreiben der jüdischen Gemeinde kommt es zu einem erneuten Prozess. |
19. April 1956 |
Untersuchungshaft bis 2. November 1956. Aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes wird sie entlassen. Man sieht keine Fluchtgefahr. |
29. Juni 1957 |
Verurteilung vom Landgericht Berlin zu 10 Jahren. Die bereits nach der Verurteilung durch das russische Militärtribunal verbüßte Haft wird angerechnet. Stella wird freigelassen. |
2. November 1957 |
Heirat mit Werner Friedhelm Schellenberg. |
1971/1972 |
Heirat mit Karl Gärtner. |
9. Oktober 1972 |
Erneute Verhandlung vor dem Schwurgericht: Das Urteil aus dem Jahre 1957 wird bestätigt. |
1980 |
Stella zieht nach Freiburg und lebt dort unter dem Namen Ingrid Gärtner. |
1984 |
Stella stürzt sich aus einem Fenster, der Suizidversuch misslingt. Sie wird in der Folge in der psychiatrischen Abteilung des Universitätsklinikums Freiburg behandelt. |
26. Oktober 1994 |
Stella stirbt im Alter von 72 Jahren durch Ertrinken im Moosweiher in Freiburg-Landwasser. |
Foto:
©Verleih
Info:
Besetzung
Stella Goldschlag Paula Beer
Rolf Isaakson Jannis Niewöhner
Toni Goldschlag Katja Riemann
Gerd Goldschlag Lukas Miko
Peter Joel Basman
Manfred Kübler Damian Hartung
Aaron Salomon Bekim Latifi
Dobberke Gerdy Zint
Stab
Regie Kilian Riedhof
Drehbuch Marc Blöbaum, Jan Braren & Kilian Riedhof
Abdruck aus dem Presseheft