Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. Juni, Teil 2

 

Hanswerner Kruse

 

Berlin (Weltexpresso) –Die deutsch-türkische Journalistin Hatice Akyün suchte einen blonden, blauäugigen „Hans“, wie die Türken alle deutschen Männer nennen, jedoch mit orientalischem Temperament. Sie wünschte sich also einen „Hans mit scharfer Soße“, so der Titel des kuriosen Buches, in dem sie von dieser Suche erzählt. Die Regisseurin Buket Alakus hat jetzt daraus eine hinreißende Komödie gemacht.

 

 

HANS MIT SCHARFER SOSSE

Schnell düst Akyün vor dem Gespräch noch mal los, um ihre High Heels anzuziehen. Der Schreiber bat darum, weil sie in ihrem Bestseller ironisch erklärt, „Schuhe sind meine Religion“, und behauptet, „immer und überall schwebe ich mit hohen Schuhen mindestens zehn Zentimeter über dem Boden.“

 

Jedoch lässt sich die Deutsche mit türkischen Wurzeln in ihrem Buch nicht nur über Schuhwerk, scharfe Tunke und Enthaarungen aus, Themen die deutsch-türkischen Frauen wichtig sind. „Damals hatte ich das Gefühl, alle diese Geschichten über unterdrückte Türkinnen, die vor Zwangsheiraten und Ehrenmorden davonlaufen, stimmen nicht. Ich habe mich darin nicht wieder gefunden - natürlich nicht, ich komme ja nicht aus solch einer Familie. Die Bilder von den Frauen waren sehr einseitig, ich habe einfach mal aufgeschrieben, wie ich als deutsche Single-Frau in einer Großstadt lebe, aber als türkische Tochter auch in zwei Welten“, erzählt sie unserer Zeitung.

 

Diese zwei Welten erlebt sie als sehr reichhaltig: „Es ist immer selbstverständlich gewesen, zwischen diesen Welten hin- und her zu springen, ich habe mich nie zerrissen gefühlt!“ In ihrem Buch beschreibt sie ironisch und doch liebevoll diese Welten, türkisches Familienleben, die Heimat ihrer Eltern und, natürlich, ihre Erfahrungen mit Goldkettchen behängten Türkenmachos und drögen Deutschlangeweilern.

 

Während das Buch aus dem Jahre 2005 mit reportageartigen Kapiteln aufgebaut sowie mit Reflexionen und Erinnerungen durchsetzt ist, erzählt der Film eine durchgehende Geschichte: Die Deutsche Hatice Coscun (Idil Üner) sucht dringend einen Mann, da nach anatolischer Tradition ihre jüngere Schwester erst heiraten darf, wenn die ältere wenigstens einen Verlobten vorweisen kann. Der darf mittlerweile sogar ein deutscher Ungläubiger sein - da Schwester Fatma (Sesede Terziyan) heimlich schwanger ist, drängt auch die Zeit. Doch von ihrem Geliebten, der sich sogar beschneiden ließ, trennt Hatice sich, weil er ihr zu „türkisch“ ist. Ein schwuler Freund wird als Verlobter vorgeführt, doch ertappt ihn die Familie beim Schmusen mit einem Cousin. Und als dann auf einem Familienfest zwei „Schwiegersöhne“ auftauchen, ist die Katastrophe perfekt…

 

Wenn Hatice mit Minirock und High Heels Party macht oder gar mit einem „Hans“ im Bett landet, tauchen, wie kleine Zwerge, ihre anatolischen Verwandten auf und echauffieren sich über die zügellose Frau. Die Zwerge wirken wie lebendig gewordene moralische Instanzen, die Deutsche ja ebenfalls gut kennen.

 

Wir bedienen viele türkische, aber auch viele deutsche Klischees, die wir jedoch immer wieder brechen. Daraus entsteht Komik und beim Lachen merken wir, wie nahe wir einander eigentlich sind“, meint Regisseurin Alakus. Wie die Autorin Akyün ärgerte auch sie sich über das einseitige Bild der deutsch-türkischen Frauen in den Medien: „Als das Buch erschien, habe ich gedacht, das möchte ich verfilmen. Für einen Spielfilm war es aber notwendig eine Rahmenhandlung zu erzählen, bei der die Essenz der Geschichte erhalten bleibt“, sagt Alakus und fügt stolz hinzu: „Bisher gab es keine Deutsch-Türkin, die als Heldin ihre Geschichte erzählt, da sind wir die ersten!“

 

Die Verfilmung dauerte so lange, weil Produzenten der Autorin immer Geschichten vorschlugen, in denen sie sich nicht wieder erkannte: „Sie fanden den Plot mit der emanzipierten Deutsch-Türkin sehr interessant, aber ihnen fehlte ‚der Konflikt’. Sie wollten meine Geschichte immer in eine dramatische Richtung drängen - aber ich bin kein Drama, ich bin unterhaltend, mein Leben ist lustig.“

 

Daraus entstand nun eine großartige und hochaktuelle Culture-Clash-Komödie, also das fröhliche Aufeinanderklatschen unterschiedlicher Kulturen, wie in „Willkommen bei den Sch’tis“ oder „Hochzeit auf Griechisch.“

 

INFO:

Film:

Hans mit scharfer Soße“, D 2014, 96 Minuten, Regie Buket Alakus, mit Idil Üner, Sesede Terziyan, Adnan Maral u. a. Filmstart 12. Juni 2014

Buch:

Hatice Akyün: „Hans mit scharfer Soße“, Goldmann-Taschenbuch, 192 Seiten, 7,95 Euro

 

Foto:"Frauenpower multikulti"© Wüste Medien GmbH, Fotograf: Boris Laewen / Hatice (Idil Üner, 2.v.r.)