Sebastian stanInternationale Filmfestspiele Berlin vom 15. bis 25. Februar 2024, BERLINALE, Wettbewerb Teil 5

Claudia Schulmerich

Berlin (Weltexpresso) – Edward ist ein Mann mit einem Gesicht, das zum Fürchten ist, aber er ist ehrgeizig und will als Schauspieler reüssieren. Und das kommt einem Chirurgen gerade recht, der an Edwards Beispiel die Rückverwandlung eines durch Wucherungen entstellten Gesichtes in ein ebenmäßiges mit glatter Haut auch sein wissenschaftliches und pekuniäres Renommee steigern will.

Wir schauen fassungslos zu, wie aus einer von uns als Maske wahrgenommenen Fratze ein schöner Mann zum Vorschein kommt. Filmisch ist das interessant gemacht, weil die Schichten der Haut, die abfällt verwackelt und diffus im Licht rüberkommt. Edward wohnt in New York in einem Haus mit vielen Parteien, neben ihm eine Autorin, die keine Berührungsängste hat, sondern sogar betont mit ihm befreundet sein will. Noch schreibt sie nur in Gedanken, aber sie will für das Theater Stücke schreiben und sein Schicksal hat sie gerade in der Mache.

Renate Teinsve Adam pearson Die Ironie der Geschichte schlägt hier zu. Denn gleichzeitig mit seiner Verwandlung in einen Schönling, wird im Theater das Stück geprobt, wo ein Mann mit einem Gesicht, wie es Edward gerade noch besaß, die Hauptrolle spielt. Da sein Chirurg ihm vor der Operation eine Gesichtsmaske abnahm, die er ihm schenkte, kann Edward jetzt mit der Maske seines alten Gesichts die Rolle spielen. Doch da kommt ein anderer Maskenmann daher, übel zugerichtet, der noch dazu ein sicheres Auftreten hat, Autorität ausstrahlt und im Nu ist Edward seine große Rolle los und soll jetzt nur am Schluß erscheinen.

Das Raffinierte an diesem Film, der einem Theaterstück folgt, ist also, daß die Normalität, ja Schönheit seines heutigen Gesichts für Edward bedeutet, daß er die Rolle in dem Stück nicht mehr spielen kann. Was privat ein Gewinn ist, ist für die Schauspielerei ein Verlust.

Das ist die grobe Geschichte, im Film gibt es viele einzelnen Szenen, wo man das typische New York eingefangen findet und das Zusammenleben so vieler in einem Haus, wo auf jeder Etage mindestens sechs Wohnungstüren sind,  in der Mischung aus Nähe und Distanz hervorragend wiedergegeben wird. Nur über die Autorin (Renate Reinsve) müßten wir mehr Information bringen. Sie ist eine, die ein Helfersyndrom hat, denkt man. Denn als Edward noch extrem häßlich war, daß man sein Gesicht, eine Fratze, kaum anschauen konnte, war sie in ihn vernarrt. Aber jetzt läuft sie bedingungslos zum nächsten Maskenträger über, gibt ihm die Hauptrolle im Stück und auch in ihrem Leben.

Ein interessanter Aspekt, der aber nicht weiter Thema wird, ist hier das Streifen des Identitätsproblems, das aus den USA ja längst zu uns rübergeschwappt ist, wie alles, was in Amerika passiert, Jahre später hier landet. Darf ein Normalgesichtiger einen solchen Verunstalteten spielen, wozu er natürlich eine Maske braucht, die hier aberwitzig sogar mal sein eigenes Gesicht war. Aber das wird nicht vertieft. Der Clou bleibt, daß der, der mit einem Gesicht zum Fürchten durch die Gegend läuft, die Rolle seines Lebens erhält, die eigentlich Edward zugestanden hätte, der nun als Schönling weiterlebt, aber ohne Schauspielerkarriere.

Foto:
Sebastian Stan, dann alle drei erwähnten Schauspieler


Info:
Edward    Sebastian Stan

                Renate Reinsve

                 Adam Pearson