in voller bluteEine gekonnte Mischung von Altwerden und D-Day. Seit dem 8. März auf DVD

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Gerne sagt man weiter, wie überrascht man über den Verlauf dieser Geschichte ist, die so unwahrscheinlich erscheint, aber wie die meisten der unwahrscheinlichen Geschichten tatsächlich passiert ist und hier dichterisch auf die Leinwand gebannt wird, wobei man gleich hinzufügen muß, daß das Vergnügen ohne die beiden Hauptdarsteller, den Rentner Michael Caine als Bernie Jordan und Glenda Jackson als dessen Ehefrau Rene Jordan nicht dasselbe wäre. Sogar die echten Namen sind beibehalten worden, weil Bernie Jordan sich mit 89 Jahren im Jahr 2014 tatsächlich von England aus auf den Weg machte zum am Ort des Geschehens nach Frankreich, um dort den 70. Jahrestag des D-Day zu feiern.

Im Film geht es ganz sacht los, wenn morgens im Altersheim Ehefrau Rene im Bad allein sein möchte, denn sie pflegt sich, schminkt das Gesicht, weil sie weiß, daß Alter Auffrischung vertragen kann und vor allem, weil sie eine Lady ist, die nicht ungewaschen und ungepflegt selbst ihrem Ehemann vor Augen kommen möchte. Das sind so kleine Gesten, in denen der Film die beiden charakterisiert, in ihrer Verbundenheit genauso wie darin, daß jeder auch ein Leben für sich hat. Am Anfang wissen wir es noch nicht, was als Motivation Bernies diese ganze Geschichte in Gang setzt. Er ist damals dabei gewesen, als seine Truppe als Teil der Alliierten am 6. Juni 1944 an der Küste der Normandie zu Wasser und aus der Luft landeten und damit vom Westen her die Deutschen attackierten, die gerade damit beschäftigt waren, im Osten, in der UdSSR Land zu gewinnen, wobei das Scheitern seit Stalingrad in der Luft lag. Diese Zange, in die die Deutschen gerieten, war der Anfang vom Ende des Zweiten Weltkriegs. Insofern ist der D-Day über das eigentliche Ereignis hinaus, der Tag, an dem sich der 2.Weltkrieg entschieden hat, auch wenn er noch fast ein Jahr weiter wütete. Heute ist der D-Day darüberhinaus auch all den Toten gewidmet, die ihr Leben gaben, damit ein autoritäres, verbrecherisches System besiegt wurde.

Der D-Day wird jedes Jahr gefeiert, aber der Siebzigste Jahrestag im Jahre 2014 war auch deshalb wichtig, weil immer mehr der damaligen Soldaten, alt geworden, sterben. Bernie wollte an der Gruppenreise teilnehmen, die geplant war, aber eine der Pflegerinnen im Altersheim teilt ihm bedauernd mit, daß seine Anmeldung zu spät kam, daß die Seniorengruppe längst ausgebucht war. Was tun? Frauen seien die, die Männer hemmen, in die Welt zu gehen? Mitnichten. Hier ist es gerade Rene, die eigentlich Irene heißt, wie auch Bernie eigentlich Bernard heißt, die ihren Mann ermuntert, sich alleine auf den Weg zu machen. In dem Alter. Ohne Reservierungen und wie ist es mit der Fahrkarte? Im Heim wird Rene einige Stunden verbergen können, daß er überhaupt nicht da ist. Und als er eigentlich in den Bus steigen will, der ihn zur nächsten Stelle, Bahn und Fähre bringen soll, steigt eine Pflegerin aus, die ihn sofort anspricht, woraufhin er so tut, als sei er zufällig da und den Bus abfahren läßt. Muß er halt den nächsten nehmen. Aber solch kleine Szenen machen den Film lebendig, so daß man ständig mit Bernie fühlt und ihm wünscht, daß er weiterkommt.

Der Weg ist das Ziel, gilt auch hier. Denn unterwegs passieren die wahrscheinlichsten und unwahrscheinlichsten Dinge, er trifft auf Kameraden und auch auf Heinrich, einen damaligen Soldaten der Wehrmacht, der heute auch froh ist, daß damals die Gegner siegten.

Was dem Film aber eine zusätzliche Spannung und auch Rührung gibt, ist, daß Bernies Aktion von den Medien aufgegriffen wird. Verblüfft sieht er an einem Kiosk sein eigenes Gesicht auf den Titelseiten; begeistert wird von seinem Mut gesprochen und sein Unternehmungsgeist gerühmt. Doch nicht nur das, jetzt wird in Rückblenden auch seine Vergangenheit beleuchtet und die Liebesgeschichte mit seiner Frau wiedergegeben.

Es gibt eine Vielzahl weiterer Schauspieler, die kleine, aber eindrucksvolle Rollen spielen. Doch bleibt der Film in erster Linie ein Abschied der beiden Hauptdarsteller: Michael Caine will mit dieser Rolle das Filmen aufgeben und Glenda Jackson starb im Juni 2023, bevor der Film im September in London Premiere hatte und Ende November 2023 in Deutschland anlief.

Foto:
Umschlagabbildung

Info:
DVD
Großbritannien, 2023
FSK ab 12 freigegeben 
Erscheinungstermin: 8.3.2024

Genre: Drama, Biopic
Spieldauer: 94 Min.
Regie: Oliver Parker
Darsteller: Michael Caine, Glenda Jackson, Will Fletcher, Laura Marcus
Originaltitel: The Great Escaper (2023)
Sprache: Deutsch, Englisch
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Bild: Widescreen
Untertitel: Deutsch
Specials: 3 Featurettes (Making of, Love Story, War)