Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. März 2024, Teil 13
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ärgerlich, einfach ärgerlich, einen solchen Film für einen Filmmarkt zu produzieren, wo man sich höchstens Zweierlei versprechen kann: Schulgeschichten mit erotischem Touch zwischen Lehrer und Schüler, ja, richtig, meist Schülerin, sind ein eigenes Genre und ziehen oft Publikum an. Berühmte Namen als mitwirkende Schauspieler ziehen auch, auch wenn sie hier jämmerliche Rollen spielen, in denen sie ihren Namen eher kaputtmachen, als den Film ins Bessere zu heben. Die Geschichte ist einfach fade und führt diejenigen auf falsche Fährten, die glauben, hier bekämen sie jetzt Schulmädchensex mit Lehrern zu sehen.
Mitnichten und das ist das einzig Erfreuliche an diesem schlecht geschriebenen Drehbuch, es geht um Literatur. Jenna Ortega mimt die begabte Literaturstudentin, die mit aufgeworfenen Lippen und einer Mähne à la einst Brigitte Bardot hier Cairo Sweet heißen muß. Sie ist 18 Jahre und verliebt in die Literatur, ob auch in den Professor, der Literatur unterrichtet, Jonathan Miller (Martin Freeman), muß sich erst noch zeigen. Auf jeden Fall tut sie so. Von Anfang an, und warum Miller den Braten nicht unmittelbar riecht, versteht sowieso keiner, der die Verhältnisse an Klassen in dieser Altersgruppe kennt. Nein, vom französischen Ministerpräsidenten Emmanuel Macron reden wir hier nicht, denn auch das gibt es, obwohl viel unwahrscheinlicher, daß ein Schüler und eine Lehrerin zusammenkommen und dann auch noch ein Leben lang zusammenbleiben, was das Besondere daran ist. Das gäbe wenigstens genug Stoff in einem Film über die gesellschaftliche Umwelt, die sich empört, aber hier eine Literaturstudentin uns als Person vorzuführen, die ihren Professor stalkt, ohne daß dieser das richtig merkt, ist mehr als überholt. Sie, die naiv tut, aber genau weiß, was sie will, nämlich ihn. Da muß es einen nicht wundern, daß ihre bevorzugten literarisches Gebiete spezielle Liebesgeschichten sind, wo auch sprachlich dem Begehren Form gegeben wird.
Zwischendurch erleben wir den Lehrenden zu Hause am Eßtisch, wo seine erfolgreiche Frau (Beatrice (Dagmara Domincyk) ihm deutlich zeigt, welche geringes Interesse sie bei ihrem aufregenden Leben an ihm hat. Sie trinkt auch gerne. Kein Wunder, daß er sich gerne anbeten läßt, denn Cairo hat ihm inhaltlich viel zu bieten. Sie kennt sich wirklich aus in der Literatur, das hat er längst gemerkt, es ist echtes Interesse bei ihr, sie ist nicht nur belesen, sondern auch klug, dazu hat sie sogar - woher wußte sie davon? - den einzigen Roman gelesen, den er veröffentlicht hat. Der wurde damals zudem verrissen und natürlich gefällt er ihr. Geht's noch? Das ist doch alles, wie aus der Klischeekiste von anno dazumal. Für wie einfältig hält die Regisseurin Jade Halley Bartlett - nein, nicht Bartleby, das wäre ja was gewesen, aber sie trägt immerhin den Namen einer erfolgreichen spanischen Krimischriftstellerin Bartlett - , die auch das Drehbuch schrieb, das Publikum, wenn sie ihren Erstling so primitiv angeht und auch im Weiteren keine Überraschungen bringt. Denn es ist längst klar, daß hier gar nichts passieren wird, aber es wird über eine weitere Stunde immer so getan, als ob das schwülstige Klima, das durch die permanenten Annäherungsversuche der attraktiven Studentin gegenüber ihrem Creative-Writing-Lehrer erzeugt wird, zu einer Entladung führen müßte.
Sprechen wir über die Schauspieler. Die Rollen sind eindeutig und nicht schwer zu spielen. Aber, weil es synthetische Figuren sind, entsteht keine Spannung im Film. Das geholzte Sprechen über Literatur ist schwer zu ertragen und als sich Cairo dann noch entschließt, nachdem sie Miller dazu gebracht hat, sich außerhalb der Studienorte mit ihr zu treffen, ihm den Hotspot zu bieten und sich bei ihren Schreibversuchen im Rahmen des Unterrichts auf Henry Miller bezieht, dessen erotische Literatur in den USA zu Porno erklärt wurde und teils verboten war, früher. Miller, aha, die Namensgleichheit zwischen dem Schriftsteller und dem Literaturprofessor ist auffällig, aber was hat sie zu bedeuten.? Auf jeden Fall versucht sich Cairo an einer Geschichte, die im Stile Millers eine Affäre zwischen einer Schülerin und ihrem Lehrer erzählt, wo also tatsächlich was passiert. Das kann Jonathan Miller ihr nicht durchgehen lassen, endlich versteht er, in welche Falle er da tappen soll, er lehnt die Arbeit ab, aber sie landet im Rektorat.
Und jetzt geht's rund.
Das ist so unecht wie unangenehm, dabei auch noch zuschauen zu müssen. Kein bißchen organisch, alles künstlich aufgepfropft. Der Zuschauer wird für dumm verkauft, denn die Geschichte ist einfach nicht stimmig. Die junge Studentin steinreicher Eltern, die luxuriös lebt, alles unglaubwürdig. Peinlich beim Zusehen. Dabei sind es doch die Themen der Zeit: Metoo sowieso, aber auch Cancel Culture, pädagogischer Eros und die immer schon wichtige Frage, wo pädagogischer Eros endet.
So auf jeden Fall geht's nicht. Beim Zuschauen fällt man von einem Unwohlgefühl in das andere. Das tut weh.
©Verleih
Info:
Stab
Regie Jade Halley Bartlett
Drehbuch Jade Halley Bartlett
BESETZUNG
Jonathan Miller Martin Freeman
Cairo Sweet Jenna Ortega
Boris Fillmore Bashir Salahuddin
Winnie Black Gideon Adlon
Beatrice June Harker Dagmara Domińczyk
Joyce Manor Christine Adams
Elliot Augustine Hargrave
Suzette Elyssa Samsel