one1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. März 2024, Teil 1

Redaktion

London (Weltexpresso) - Die Produzenten Emile Sherman und Iain Canning kamen zum ersten Mal auf die Geschichte von Sir Nicholas Winton zu sprechen, nachdem sie einen Ausschnitt aus der Sendung „That's Life" gesehen hatten. Das war vor über 15 Jahren, als sie See-Saw Films mitbegründeten.

Emile Sherman sagt dazu: „Wir wussten, dass der erste Schritt darin bestehen würde, Nicholas Winton zu treffen.“ Iain Canning fährt fort: „Wir hatten das große Glück, ihn noch vor seinem Tod kennenzulernen. Er war äußerst bescheiden und großzügig. Seiner Meinung nach sollte der Film nicht ihn glorifizieren, sondern feiern, wie die gewöhnlichsten Menschen Großes erreichen können.“
Später gab Nicholas‘ Tochter Barbara Winton See-Saw Films ihr Einverständnis, ihr Buch „If It’s not impossible...“ zu adaptieren. Man engagierte die Drehbuchautorin Lucinda Coxon. „Ich hatte das Gefühl, es wäre bei diesem Projekt besser, eine Unterstützung zu haben. So fragte ich auch den Autor Nick Drake, mit dem ich schon öfter zusammenarbeitete“, sagt Coxon. Drake ergänzt: „Das hat mich sehr erfreut. Nicht zuletzt, weil mein Vater und Großvater Flüchtlinge aus der ehemaligen Tschechoslowakei sind. Ich war sofort von der Möglichkeit hingerissen, eine Geschichte zu schreiben, die auch meine Familiengeschichte betrifft.“

Barbara Winton gab den beiden Drehbuchautoren ihr Buch, das sie über ihren Vater schrieb, und ermöglichte ihnen den Zugang zu seinem Archivmaterial sowie alten Briefen.

Die Produzentin Joanna Laurie erklärt, worauf es bei der Stoffentwicklung ankam: „Wir mussten genau das tun, was Nicholas als schwierig empfand – ihn hervorheben. Er sah sich wirklich nicht als Held. Unsere Herausforderung bestand also darin, seine außergewöhnliche Geschichte zu erzählen und gleichzeitig seine Bescheidenheit zu würdigen. Der Filmtitel ONE LIFE kann für verschiedene Menschen unterschiedliche Bedeutungen haben. Ich denke aber, der Film fordert uns alle auf, so wie Nicky, über unsere Entscheidungen als Individuen und als Gemeinschaft nachzudenken.“

Der Regisseur James Hawes fügt hinzu, dass es typisch für Generationen sei, die mit den Gräueltaten eines Krieges konfrontiert wurden: „Wir müssen uns in die Lage dieser Menschen versetzen. Man sprach nicht über den Krieg. Ich bin sicher, dass viele Menschen Großeltern und Ur-Großeltern haben, die Kriegserinnerungen haben, aber nicht darüber sprechen, weil es zu schrecklich war.“
Das Buch von Barbara Winton war auch für die Schauspieler eine wichtige Quelle. Helena Bonham Carter erklärt, wie sie sich ihrer Figur Babi, Nicholas' Mutter und Barbaras Großmutter, näherte: „Barbara Winton wurde nach ihrer Großmutter Babi benannt. Ich hatte das große Glück, auch mit Barbara sprechen zu können und ihre Perspektive als Enkelin zu erfahren. Denn Babi war ganz wunderbar in ihrem Buch beschrieben.“

Johnny Flynn, der den jungen Nicky Winton spielt, fügt hinzu: „Barbaras Buch war für mich sehr wichtig als Recherchequelle, zusammen mit einigen anderen Büchern, darunter auch eines, dass von Vera Gissing mitverfasst wurde (eines der von Nicky geretteten Kinder).“
 
Unglücklicherweise starb Barbara Winton während der Dreharbeiten zu dem Film.


1938 und 1988

Die Drehbuchautorin Lucinda Coxon über die Herausforderung, die verschiedenen Zeitabschnitte (1938 und 1988) zusammenzuführen: „Wir entschieden uns dafür, die Geschichte mit einem Zeitsprung von 50 Jahren zu erzählen, anstatt auf lineare Weise. Obwohl die Ereignisse 1938 sehr dramatisch waren, stellte sich die Frage nach den langjährigen Nachwirkungen, die sie bei allen Beteiligten hinterließen.“
Einer der Aspekte, den das Drehbuch aufgreifen musste, war Nickys eigene familiäre Geschichte und wie sie seine Entscheidungen beeinflusste. Drake sagt dazu: „Aufgrund seiner jüdischen Abstammung wusste er, was es bedeutet, ein Flüchtling vor dem sich ausbreitenden Nationalsozialismus in Europa zu sein. Er schämte sich für den Verrat der Alliierten am tschechischen Volk durch das Münchner Abkommen. Drake fährt fort: „Nicky sah die humanitären Konsequenzen dieses Abkommens und diese abstoßenden Lager, in denen die Flüchtlinge aus Deutschland, Österreich und dem Sudentenland unter inakzeptablen Umständen lebten. Die Realität, mit der er sich konfrontiert sah, motivierte ihn. Er beschloss, etwas dagegen zu tun.“

Für den Schauspieler Johnny Flynn war dieser Aspekt bei der Ausarbeitung seiner Rolle sehr wichtig: „Nicky sagt, dass er ein Europäer, ein Sozialist, ein Agnostiker ist. Sein Glauben und seine Überzeugung lagen in der Menschlichkeit. Er betrachtete jeden als gleich, für ihn war jedes Leben wert, gerettet zu werden. Er hatte jüdische Wurzeln, wurde aber als Christ erzogen. Er konnte sich aber mit seiner eigenen jüdischen Familie, ursprünglich aus Deutschland stammend, identifizieren.“

Zu seinem persönlichen Interesse an dem Projekt, das auch sein Regiedebüt darstellt, sagt Hawes: „Ich fühlte mich zu dieser wahren Geschichte hingezogen. Eine Geschichte zu finden, die so menschlich ist, aber auch in der Welt, in der wir heute leben, nachhallt – am Ende aber auch erlösend und eine Botschaft der Hoffnung ist – das hat mich angezogen."
Flynn stimmt zu: „Es ist selten, dass man etwas liest, das in seiner Aktualität so unvergänglich ist. Das ist ein Problem, mit dem jede Generation konfrontiert ist. Wir verlieren den Kontakt zu dem Sinn für Anstand, den Nicky verkörperte.

Foto:
©Verleih

Die Besetzung
Info:
ANTHONY HOPKINS – Sir Nicholas ‚Nicky‘ Winton
JOHNNY FLYNN – Young Nicky
HELENA BONHAM CARTER – ‚Babi‘ Babette / Barbara Winton
LENA OLIN – Grete Winton
ROMOLA GARAI – Doreen Warriner

Der Stab
JAMES HAWES – Regie
LUCINDA COXON – Drehbuch
NICK DRAKE – Drehbuch

Abdruck aus dem Presseheft