Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. März 2024, Teil 10
Redaktion
München (Weltexpresso) –
Kaum im Märchenschloss eingetroffen, erkennt Chantal, dass sie in der neuen Umgebung zwar durch ihre prollige Sprache auffällt, ansonsten aber nicht als Fremdkörper empfunden wird. Alle im Schloss halten sie für König Wilderichs Tochter Rosa, deren Schicksal vorbestimmt ist:
Durch einen Fluch der Hexe Sansara soll die Prinzessin bald in einen hundertjährigen Schlaf fallen. „Das Hauptmärchen, auf dem unser Fokus liegt, ist Dornröschen“, sagt Lena Schömann.
„Es gibt von dieser Geschichte zwar einen Animationsfilm aus dem Hause Disney, aber bis jetzt noch keine moderne Realverfilmung. Wir wollten das selbst in die Hand nehmen, den Brüdern Grimm ein Update verpassen und Chantal mal so richtig in dieser altmodischen Märchenwelt aufräumen lassen.“ Bora Dagtekin ergänzt: „Wenn es eine Frau gibt, die sich bestimmt nicht wachküssen lässt, dann ist es Chantal. Sie kanalisiert auf humorvolle und wilde Art die Themen der Unterdrückung und weiß selber gar nicht, dass sie dabei politisch ist.”
Chantal staunt nicht schlecht, als sie im Schloss erstmals auf ihre royalen Märcheneltern trifft: König Wilderich gleicht einem Teenager, die Königin ist als lebendes Gemälde in einem Bilderrahmen gefangen. „Der König ist süchtig nach dem Wasser eines Jungbrunnens und nach ewiger Jugend“, sagt Bora Dagtekin. Ursprünglich war geplant, diesen König von einem ebenso betagten wie erfahrenen Kinostar spielen zu lassen und sein Gesicht später virtuell zu verjüngen. Doch als die Filmemacher auf Cooper Dillon aufmerksam wurden, bekam dieser die markante Rolle. „Cooper ist gerade mal 15 Jahre alt und spielt diesen tyrannischen König, der sich im Jungbrunnen zum Teenager gesoffen hat“, sagt Bora Dagtekin. „Cooper war auch im letzten TRIBUTE VON PANEM-Film dabei und portraitiert einen alten frustrierten Mann mit einer Präzision und einem Ehrgeiz, wie es in seinem Alter selten ist.“ Lena Schömann ergänzt: „Es ist sensationell, welche Präsenz Cooper in seinen jungen Jahren auf die Leinwand bringt. Dieser König ist Chantals wichtigster Antagonist, ihr größter Widersacher. Er zensiert die Märchen und will von allem zu viel: Macht, Jugend, Schönheit. Das muss man erstmal spielen können.“
Cooper Dillon beschreibt den König als „total besessen von sich und allem, was ihm gehört.“ Bei der Rollenfindung orientierte sich der deutsch-amerikanische Schauspieler am englischen König George VI, da dieser „auch besessen von sich und seinem Territorium“ war. Cooper Dillon empfand die Rolle des Königs als ein besonderes Geschenk: „In meinem Alter bekommt man selten die Möglichkeit, sich so mit einem Charakter auszutoben. Er ist ein Despot, ein Tyrann und doch irgendwie unsicher. Es war großartig, ihm Leben einzuhauchen.“ Für die Rolle der Königin besetzte Bora Dagtekin eine der gefragtesten Darstellerinnen des Landes: Alexandra Maria Lara. „Alex ist, genau wie Elyas, mit mir befreundet. Ich freue mich sehr, dass sie für die Rolle der Königin zugesagt hat. Diese tragische Figur ist in ein Gemälde gezaubert worden und wird immer nur im Schloss herumgetragen“. Alexandra Maria Lara agierte für ihre Szenen vor einer grünen Leinwand. „Im Bilderrahmen ist die Bewegungsfreiheit
auf jeden Fall eingeschränkt“, lacht die Schauspielerin. „Normalerweise habe ich Kolleginnen und Kollegen, deren Blicke, Gefühle, Eindrücke und Stimmungen ich wahrnehme und auf die ich reagieren kann. Wenn aber nur Stative und Tennisbälle mein Gegenüber sind, muss ich vieles aus meiner Vorstellungskraft nehmen.“
Cooper Dillon beschreibt die ungewöhnliche Beziehung des Paares: „Der König liebt seine Königin, aber die Königin liebt ihn nicht. Sie wollte ihn vor 16 Jahren verlassen, darum hat er sie schnurstracks verzaubern lassen und hält sie seither in einem Gemälde gefangen. Das schleppt er mit sich herum und sobald die Königin aufmuckt, wird sie weggestellt.“ Alexandra Maria Lara ergänzt: „Die Königin hatte keine Chance, dem mächtigen König zu entkommen. Da muss erst eine moderne Frau wie Chantal in die Märchenwelt kommen, um der Königin vorzuleben, dass eine Frau eben doch ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen kann. Das verleiht ihr neue Kraft.“ So sieht es auch Bora Dagtekin: „Sie ist die tollste Königin der Welt. Würdevoll, verzweifelt, aber dank Chantal nicht ohne Hoffnung auf ein Happy End.“
In ihrer Rolle als Königin trug Alexandra Maria Lara das mit Abstand teuerste Kleid der Produktion. „Es ist so viel Liebe in mein umwerfendes Kleid geflossen. In einem solchen Kostüm fühlt man sich seiner Figur sofort sehr nah“, schwärmt die Schauspielerin. Für Kostümbildnerin Esther Walz ging mit der Arbeit an CHANTAL IM MÄRCHENLAND ein großer Traum in Erfüllung: „Das war das Schönste, was ich in meiner bisherigen Laufbahn machen konnte. Normalerweise arbeitet man an historischen oder zeitgenössischen Filmen und muss sich an der jeweiligen Realität orientieren. Hier konnte ich die Historie mit der Fantasie vermischen und einen eigenen Stil auf einem sehr hohen ästhetischen Niveau erschaffen.“
Esther Walz wollte nicht die übliche Märchenwelt mit „Prinzessinnen in blauen oder rosa Puffärmelkleidern“ zeigen, sondern moderne Elemente, bis hin zur Haute Couture, einfließen lassen. Historisch ließ sie sich zunächst von der Mode des Jahres 1630 inspirieren, also jener Zeit, in der das Dornröschen-Märchen seinen Ursprung hatte. „Entsprechend haben wir die Stoffe in Lyon bei den Seidenhändlern und bei den großen Lieferanten französischsprachiger Theaterbühnen gekauft“, sagt Esther Walz. Weitere Quellen waren die Stoffhändler und Stickereien in der Schweiz, die sonst nur für große Haute-Couture-Schauen und arabische Modehäuser arbeiten. „Mit der Stoffwahl steht oder fällt die Anfertigung eines Kleides – deshalb wollte ich Stoffe haben, die sonst niemand hat und die man eigentlich nie in deutschen Kinoproduktionen sieht.“
Esther Walz und ihr bis zu 60-köpfiges Team fertigten allein für die Haupt- und Nebenrollen mehr als 70 Kostüme an. Auch die Schuhe und Stiefel sind maßgeschneidert, meist von Schuhmachern aus Italien. Darüber hinaus wurden mehr als 1000 Kompars*innen mit Kostümen aus der Renaissance und dem Frühbarock eingekleidet, die aus Theater- und Film-Fundi in Berlin, Prag, Rom und Madrid kamen. Sobald eine Komparsin oder ein Komparse etwas prominenter aus der Menschenmasse hervorstach, wurde auch dieses Kostüm in der Regel extra hergestellt. „Ich kann kaum beschreiben, wie viel Freude ich an dieser Arbeit hatte“, sagt Esther Walz. „Bora hat mir viel Vertrauen entgegengebracht und mir sehr viel Freiheit gelassen.“ Da Chantal und Zeynep aus einer fremden Welt im Reich des Märchenkönigs landen, folgen ihre Kleider am wenigsten historischen Stilvorgaben, sondern sind fantasievolle Kreationen. „Als ich das erste Mal eines dieser wundervollen Kleider trug, kamen mir die Tränen“, sagt Jella Haase. „Solch ein Kostüm verändert sofort die Haltung und man wird zur Prinzessin. Ich liebe es, wie diese schönen Kleider mit dem Charakter brechen, den man eigentlich von Chantal kennt.“
Auch für Gizem Emre war die erste Anprobe eine besondere Erfahrung: „Man spürt sofort, wie viel Liebe in diesen Kleidern steckt. Als ich das erste Mal mein grünes Lieblingskleid anhatte, war ich beeindruckt, aber auch Esther Walz und die Schneiderinnen standen ganz verzaubert daneben. Es hat mich gefreut, sie so glücklich zu sehen.“ Die opulenten Gewänder des Königs Wilderich wurden aus Stoffen genäht, die ein älteres Ehepaar aus London traditionell nach Mustern weben lässt, die auf historischen Gemälden zu sehen sind. Die Königskrone wurde in Polen geschmiedet, echt vergoldet, von Goldschmieden in München verfeinert und mit echten Edelsteinen besetzt. „Der Aufwand lohnt sich, denn es irritiert sehr, wenn in Großaufnahmen sichtbar wird, dass eine Krone nur mit künstlichen
Glassteinen verziert wurde“, sagt Esther Walz, die auch schon für Sönke Wortmanns Geschichtsepos DIE PÄPSTIN (2009) eine massive Papstkrone mit echten Edelsteinen herstellen ließ. „Die Krone war ziemlich schwer, ungefähr zwei Kilogramm“, sagt Cooper Dillon, der die Last auf seinem Kopf trug, „so, wie der König auch die ganze Last der Verantwortung für sein Volk tragen muss.“
Foto:
©Verleih
Info:
Stab
Drehbuch und Regie Bora Dagtekin
Besetzung
Chantal Jella Haase
Zeynep Gizem Emre
Aladin Mido Kotaini
Prinz Bosco Max von der Groeben
Prinzessin Amalia Maria Ehrich
Sansara Nora Tschirner
Artolf Frederick Lau
König Wilderich Cooper Dillon
Königin Alexandra Maria Lara
SONSTIGES
Drehorte Penzing Studios, München & Umgebung, Neues Schloss
Schleißheim, Barrandov Studios, Prag & Umgebung, Karlsbad
u.v.m.
Drehzeit 66 Drehtage (März bis Juni 2023)
Länge ca. 114 Minuten
Abdruck aus dem Presseheft