24. goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films (24. April bis 30. April 2024), Teil 9
Claudia Schulmerich
Wiesbaden (Weltexpresso) – In den verschiedenen Sektionen gibt es auch die Zusammenarbeit mit dem europäischen Filmbildungsprojekt CinEd – das Deutsche Filminstitut und Filmmuseum (DFF) ist Partner und ist auch Träger von goEast - , was zur Folge hat, daß im Rahmen des Festivals auch drei Kinderfilme zu sehen sind. DER BLAUE TIGER ist eine tschechische Produktion aus dem Jahr 2012 und ist ein richtig guter märchenhafter Fantasyfilm mit skurrilen Ideen und phantasievoller Umsetzung, wie es tschechische Filme besonders können.
Johanna (Linda Votrubová) und Matthias ( Jakub Wunsch)) sind zwei Kinder, die in einem alten verwunschenen Botanischen Garten leben, der zerstört werden soll. Linda ist neun Jahre und sie kann hier wohnen, weil ihre Mutter dort arbeitet. Die Zeit ist über den Garten hinweggegangen. Er wuchert vor sich hin, aber alles sieht aus wie von gestern, obwohl doch Gärtner Blume (Jan Hartl) sich ständig um die Pflanzen in den Gewächshäusern kümmert. Matthias ist sein Sohn und Freund von Johanna.
Johanna hat eine hinreißende Eigenschaft. Sie hat eine blühende Fantasie und – man glaubt es kaum, sieht es aber auf der Leinwand – wenn sie ihre schönen Tierzeichnungen anschaut, wie jetzt den blauen Tiger, ihr Meisterwerk, dann fängt der an zu fauchen oder die Schlange ringelt sich auf einmal, da ist nichts mehr mit toten Dingen, ihre Zeichnungen werden lebendig. Der blaue Tiger sogar in besonderer Weise. Ihre Mutter, etwas schräg und auf jeden Fall ziemlich unordentlich, läßt sie gewähren und irgendwie liegt eine gute Stimmung in der Luft, so daß Johanna selbst augenzwinkernd sich manchmal selbst als Fantasie ausmacht.
Und dann passiert etwas, was die beiden Kinder zu Superhelden werden läßt. Da gibt es den ständig angebenden Bürgermeister Nörgel – nomen est omen – (Daniel Drewes), der seinen fiesen Plan umsetzen möchte, ohne daß die Bevölkerung zuvor davor erfährt. Das gesamte Viertel mitsamt dem Park soll nämlich abgerissen werden zugunsten eines gigantischen Neubauprojekts. Und jetzt beginnt ein richtiges Aufräumen, denn den Widerstandsaktionen von Johanna kann der fiese Bürgermeister keinen Halt geben, immer wieder zieht er beleidigt und mit Rache drohend ab. Das sind so richtige schöne Szenen, die ihren Reiz vor allem in der Machart haben, wenn, wie erwähnt, gezeichnete Dinge lebendig werden, ein Auge auf dem Blatt, auf einmal zwinkert.
Die Handlung allerdings bleibt irgendwie auf der Strecke. Denn, wenn wir jetzt erwarten, was Johanna alles unternimmt, um den Bürgermeister zu schlagen, stellen wir fest, daß Johanna und der Filmregisseur, der auch das Drehbuch schrieb, sich sehr viel lieber mit den verrückten Phänomenen im Film, mit dieser lustigen Art und Weise der Darstellung beschäftigen, als mit dem Verhindern der Pläne des Bürgermeisters. Es gelingen Attacken, aber erst als der blaue Tiger nun wirklich nicht nur für Johanna sichtbar ist, sondern durch die Stadt streift, geht es voran. Und dann findet sie ihn im Gewächshaus. Seine Pfote ist verletzt, was ihn nicht hindert magische Kräfte zu haben. Kann er den Bürgermeister aufhalten?
Das bleibt ein Rätsel, aber der Film gefällt durch seine Machart und liebevolle Gestaltung einer gegen den Fortschrittswahn revoltierenden kleinen Gemeinde von skurrilen Menschen.
Foto:
©Verleih
Info:
Titel The Blue Tiger
Originaltitel Modrý tygr
Tschechei u.a. 2012
FSK 6
Regie. Petr Oukropec
Drehbuch Tereza Horváthová
Darsteller
Barbora Hrzánová
Jan Hartl
Stano Pitonak
Lenka Vychodilova
Zuzana Stivinova
Linda Votrubova
Jakub Wunsch
Valerie Rosa Hecendorfova
Daniel Drewes
Genre
Familienfilm
Kinderfilm