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Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 23. Mai 2024, Teil 8

Redaktion

Basel (Weltexpresso) - Ich bin 1964 als Tochter italienischer Gastarbeiter in der Schweiz geboren. Meine Kinder sind in München geboren, haben einen deutschen Pass, deutsche Freunde. Kinder leben nicht „zwischen“, sondern „mit“ den Welten. Trotzdem brauchen sie die Chance, irgendwo anzukommen – in einer selbst definierten „Mitte“, in einem Raum, der ihnen dafür eröffnet wird. Diese Chance hatte ich als Kind nicht. Meine Mutter musste mich verleugnen, um ihren Status in der Schweiz nicht zu verlieren. Das ließ sie zu Mitteln greifen, die sie schließlich krank machten. Heute sehe ich, wie sehr sie litt, und weiß, dass sie mich trotz der empfundenen Ausweglosigkeit liebte.


Ich werde oft gefragt: „Warum jetzt dieser Film?“ "Wo die Angst ist, ist der Weg", dachte ich mir, und habe mich ihr mit diesem Film gestellt. Das Geheimnis um das Foto, das mich mit zwei fremden Kindern zeigt, hat mich ein Leben lang begleitet. Erst die intensive Auseinandersetzung mit den Verletzungen meiner Kindheit haben mir die Kraft und die Instrumente gegeben, um meine Ängste entgegenzuwirken, die auch viele Gastarbeiterfamilien betreffen. Sie waren von der menschenfeindlichen Migrationspolitik betroffen und leiden bis heute an ihren Traumata. Ich mache mich und sie mit diesem Film sichtbar.

Mit MUTTERLAND möchte ich das Bewusstsein für die nachhaltigen Folgen einer restriktiven Gesetzgebung wecken, die nicht den Menschen in Mittelpunkt stellt. Migrant:innen haben viel zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung beigetragen. Doch immer noch und immer wieder diskutieren Politiker:innen darüber, wie man Europa noch mehr von der Migration schützen kann. De facto aber existiert eine multikulturelle Gesellschaft bereits. Vor allem für die Kinder, die hier geboren wurden, ist sie Realität. Und sie sind irritiert, wenn sie und ihre Identität aus verschiedenen Kulturen in Frage gestellt werden.

Mein Sohn Angelo, begeisterter Fußballspieler, in München geboren, offenbarte mir mit 16 Jahre: „Weißt du Mama, vielleicht kehre ich eines Tages zurück.“ „Aha? Und wohin?“ „Mama, ist doch klar, nach Bayern! Um bei 1860 zu spielen!“

Foto:
©Verleih

Info:
Stab

Regie und Drehbuch Miriam Pucitta
mit
Marcella Tonin, Catia Porri, Daniela Perco, Antonio Grasso, Giulia Chauvistré