Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos seit Mittwoch, 12. Juni 2024, Teil 1
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Riley ist jetzt 13 Jahre alt und hervorragend in ihrer Schule und ihrem Eishockey-Team integriert. Ihre Emotionen – Freude (gelb), Kummer (blau), Wut (rot), Furcht (lila) und Ekel (grün) – managen seit langem erfolgreich das Kontrollzentrum in Rileys Kopf. Jetzt steht ein Schulwechsel an und Riley und ihre zwei Freundinnen werden zu einem Trainings-Camp für die Eishockey-Mannschaft der High-School eingeladen, die Riley gerne besuchen würde.
Auf dem Weg zum Camp erfährt Riley, dass ihre Freundinnen Bree und Grace auf eine andere Schule wechseln wollen. Plötzlich taucht über Nacht eine neue Emotion auf – der orangefarbene Zweifel, kurz danach begleitet vom recht kurz geratenen cyanfarbenen Neid, der dunkelblauen Langweile und der riesigen rosafarbenen Verlegenheit.
Da die alten Mannschaft sich nicht sicher sind, wie sie bei den neuen Emotionen umgehen sollen, übernimmt der Zweifel erst einmal die Regie an der Schaltzentrale in Rileys Kopf. Deshalb sorgt sie dafür, dass Freude, Kummer, Wut, Angst und Ekel durch ein Rohr aus der Schaltzentrale herausgesaugt werden. Daneben kommt ein Bautrupp vorbei und reißt auch noch das Hauptquartier in Rileys Kopf komplett ab. Gleichzeitig sollen auch einige von Rileys Erinnerungskugeln aus ihrem Langzeitgedächtnis einfach verschwinden.
Während Riley versuchen muss, sich in der neuen Umgebung, mit neuen Mitstreiterinnen und mit ihren neuen Emotionen während der Eishockey-Camps zurecht zu finden, versuchen Kummer, Wut, Angst und Ekel unter der Leitung von Freude, die Schaltzentrale in Rileys Kopf wieder zu erreichen. Doch es gibt viele Fallstricke auf dem Weg und inzwischen handelt Zweifel…
″Alles steht Kopf 2″ ist die Fortsetzung des Computeranimationsfilms von Pixar ″Alles steht Kopf″ (2015) von Regisseur Pete Docter und Ronaldo del Carmen, der 2016 – neben vielen weiter Auszeichnungen - sowohl bei den Golden Globes als auch den Academy Awards als bester Animationsfilm ausgezeichnet wurde.
Der erste Film erzählt von Riley, die nach ihrer Geburt mit Freude, Kummer, Wut, Furcht und Ekel nach und nach fünf anthropomorph dargestellte Basisemotionen entwickelt, die ihr mithilfe eines Schaltpultes durch den Alltag helfen. Als Riley elf Jahre alt ist, zieht sie mit ihren Eltern aus ihrer Heimat in Minnesota nach San Francisco. Jetzt müssen ihre fünf Emotionen ihr helfen, den Übergang in eine neue Umgebung zu schaffen.
In dem hier besprochenen Animationsfilm führt jetzt Kelsey Mann Regie und das Drehbuch stammt von Dave Holstein und Meg LeFauve, die bereits am Drehbuch des ersten Films mitgearbeitet hat. In dem Film ist Riley jetzt 13 Jahre alt und sehr gut in ihrer Umgebung und ihrem Eishockey-Team integriert. Doch jetzt stehen plötzlich Veränderungen an.
Regisseur und Drehbuchautoren haben die pubertären Probleme eines Teenagers ganz hervorragend getroffen. Dabei fragt man sich natürlich, inwieweit sich das Kreativ-Team an die eigene Jugendzeit erinnert oder ob sie sich ihre halbwüchsigen Töchter etwas genauer angesehen haben. Der Zuschauer kann sich vermutlich sehr gut an sein eigenes 13jähriges Ich erinnern.
Auch wenn es in diesem Film wieder darum geht, dass die (alten) Emotionen aus der Schaltzentrale rausgeworfen werden und ihren Weg dorthin zurück finden müssen, sind doch so viele neue Situationen und Ideen mit eingeflossen, dass man nie das Gefühl hat, dass man das alles schon einmal gesehen hat. So zieht bei der Reise von Freude und ihre Kompagnons plötzlich ein aus Gedanken bestehendes Unwetter auf, ein sogenannter ″Brainstorm″. Aber auch die seltsamen Wesen, die in der Fantasie-Werkstatt an Zeichentischen sitzen, machen großen Spaß. Weitere Highlights sind auch der gezeichnete Hund Bloofy mit seiner sprechender Bauchtasche, eine Cartoon-Figur aus Rileys Vergangenheit, oder Lance Swordblade, die Videospielfigur in die Riley heimlich verknallt ist, die mit Charisma und der Fähigkeit gesegnet ist, eine kraftvolle Pose einzunehmen, aber keinen brauchbaren Power-Move beherrscht.
Daneben wird auch wunderbar dargestellt, wie Zweifel in der Zentrale ein ziemliches Chaos anrichtet. Denn vor allem Zweifel übernimmt in dieser neuen Lebensphase eine führende Rolle in Rileys Leben. Jeder Zuschauer wird sich vermutlich an die vielen Momente der eigenen Selbstzweifel erinnern, denn gerade diesen Aspekt hat die Inszenierung hervorragend umgesetzt. Dabei zeigt der Film aber auch deutlich, dass Zweifel vor allem darüber nachdenkt, was alles so schiefgehen kann (was Riley in große Panik versetzt und sie auch egoistisch handeln lässt) während Freude stattdessen mit positiven Fantasien vom Siegen, vom Zusammenhalt und von Freundschaft dagegen zu steuern versucht.
Zweifel ist der starke Antagonist zur bisherigen Führerin Freude. Trotz des Chaos das er in Rileys Kopf anrichtet, nimmt man ihm jederzeit ab, dass er eigentlich nur das Beste für Rileys Zukunft will. Die anderen drei neuen Emotionen - Verlegenheit, Neid und Langeweile - sind nette Sidekicks. Während die Langeweile sich regelmäßig mit dem Handy aufs Sofa zurückzieht, bekommt die riesengroße Verlegenheit, die sich immer wieder in ihren lila Kapuzenpullover zurückzieht, einige sehr wichtige Szenen, in denen sie trotz aller Ängstlichkeit deutlich Zweifel entgegen zu arbeiten versucht.
″Alles steht Kopf 2″ ist eine gelungene Fortsetzung zu ″Alles steht Kopf″. Es werden die Abenteuer von alten und neuen Emotionen tempo- und actionreich weitergeführt. Dabei zeigt der Animationsfilm im Minutentakt neue Pointen und Aktionen sowohl der Emotionen in Rileys Kopf als auch vom Teenager selbst, die erkennen muss, wer eigentlich ihre Freundinnen sind und welche ihrer Handlungen noch legal und welche es nicht mehr sind.
Ganz sicher nimmt der Film trotz farbenfrohen Feuerwerks, liebevoll-präziser Konturzeichnung, grafischen Detailreichtums und rundum positiver Wohlfühl-Botschaft die unterschiedlichen Gefühle eines Teenagers in all ihrer Komplexität erfreulich ernst, denn es werden auch die unerfreulichen Seiten des Lebens und der Pubertät keinesfalls vergessen.
Die FBW Jugend Filmjury hat den Film mit 5 von 5 Sternen bewertet, denn er steckt voller Liebe zum Detail, emotionalen Momenten, Witzen und Weisheiten. Dabei schafft er es, uns in die Welt der Protagonistin zu ziehen und mit ihr zu leben und zu empfinden, als wäre ihr Alltag unser eigener.
Insgesamt ist ″Alles steht Kopf 2″ nicht nur eine sehenswerte und anspruchsvolle Unterhaltung und damit eine gelungene Weitererzählung von Rileys Leben und ihren Emotionen, sondern es ist auch ein Animationsfilm, bei dem man als Zuschauer gespannt ist, wie es mit Riley in späteren Lebensphasen weiter gehen könnte.. Da denkt man natürlich zuerst einmal an die Freuden und Probleme der ersten Liebe…
Foto 1: v.l.n.r.: Freude, Traurigkeit, Wut, Furcht und Abscheu werden mit einer alarmierenden Realität konfrontiert: Da Riley 13 ist, ändert ganz plötzlich sich alles © 2023 Disney/Pixar
Foto 2: v.l.n.r.: In Rileys Kopf tauchen als neue Emotionen auf: Verlegenheit, Zweifel, Neid und Langeweile sind bereit, das Kontrollzentrum zu übernehmen © 2023 Disney/Pixar
Foto 3: Zweifel (Mitte) ist nicht die Art von Emotion, die freiwillig in den Hintergrund tritt © 2023 Disney/Pixar
Foto 4: v.l.n.r.: Neben den alten Emotionen Wut, Furcht, Freude, Traurigkeit und Ekel treten in Rileys Kopf nun auch die neuen Emotionen Neid, Zweifel, Verlegenheit (und Langweile) auf. © 2023 Disney/Pixar
Info:
Alles steht Kopf 2 (USA 2024)
Originaltitel: Inside Out 2
Genre: Animation, Sequel, Emotionen
Filmlänge: ca. 96 Min.
Regie: Kelsey Mann
Drehbuch: Dave Holstein, Meg LeFauve
Englische Sprecher: Amy Poehler, Phyllis Smith, Lewis Black, Tony Hale, Liza Lapira, Maya Hawke, Ayo Edebiri, Adèle Exarchopoulos, Paul Walter Hauser, Kensington Tallman, Diane Lane, Kyle MacLachlan, Frank Oz, John Ratzenberger, Flea, June Squibb u.a.
Deutsche Sprecher: Olaf Schubert, Hans-Joachim Heist, Tahnee Schaffarczyk, Dr. Leon Windscheid, Younes Zarou, Bastian Pastewka u.a.
Verleih: The Walt Disney Company Germany
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 12.06.2024
