OPERATION NAMIBIA Still 4 ONGHA KopieDokumentarische Arbeiten aus Geschichte und Gegenwart. Die Duisburger Filmwoche in Berlin am  2. & 3.  im Kino Arsenal

Alexander Scholz

Berlin (Weltexpresso) - Zum dritten Mal zeigt das Arsenal Beiträge der vergangenen Ausgabe der Duisburger Filmwoche. Und auch dieses Mal werden im Duo historische Filme gezeigt – erstmals auch aus dem Archiv des Arsenal.

Die Duisburger Filmwoche zeigt alljährlich in der ersten Novemberwoche Dokumentarfilme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Eine konkurrenzlose Aufmerksamkeit – auf Parallelvorführungen wird verzichtet – gilt ihnen erst im Kino und dann im Diskussionssaal, wo das Publikum mit den Filmemacher*innen über deren Arbeiten diskutiert. Was gesagt wurde, kann man nachlesen und selbst diskursive Verbindungen schlagen: Auf protokult.de sind die Protokolle aus bisher 47 Jahren Dokumentarfilmgeschichte abrufbar.

Das Programm „In Rücksprache“ ermöglicht, Zeit und Raum zwischen ausgewählten Filmen der Duisburger Historie abseits des Festivalgeschehens zu vermessen. So entstehen Bezüge, scheinen Gemeinsamkeiten und Differenzen auf, werden aktuelle Arbeiten zum Anlass für archivarische Erkundungen.

Karin Berger und Martin Paret, die Regisseur*innen der aktuellen Filme, werden zum Gespräch im Arsenal begrüßt.


Programm

Di 2.7., 19.30h, Einführung: Alexander Scholz (Leiter Duisburger Filmwoche), Anschließend Diskussion mit Karin Berger, Moderation: Ute Adamczewski
WANKOSTÄTTN Karin BERGER Österreich 2023 OmeU 37‘
Karl Stojka durchmisst gestützt auf einen Regenschirm seinen früheren Wohnort: die Wankostättn, ehemaliger Lagerplatz der Sinti:zze und Rom:nja in Wien. 1941 wurden dessen Bewohner*innen deportiert. In Stojkas Worten wird eine fast vernichtete Vergangenheit dort wieder lebendig, wo sie heute kaum mehr sichtbar ist, wo Geschichte mit Wohnblöcken überbaut wurde. Er deutet auf einen Briefkasten: Hier stand einmal sein Wohnwagen. Berger hatte das Material 1997, im Rahmen eines Films über Karls Schwester Ceija gedreht. 26 Jahre später montiert WANKOSTÄTTN die Zeugen- und Künstlerschaft seines Protagonisten und dessen Verbundenheit zur Regisseurin zu einem Dokument überdauernder Erinnerung.

Di 2.7., 21h
HABEHIRA VEHAGORAL Wahl und Schicksal Tsipi Reibenbach Israel 1993 jidd. OmdU 118‘
HABEHIRA VEHAGORAL baut auch auf Vertrauen auf. Tsipi Reibenbachs Film zeigt ihre Eltern. Wir sehen Rituale ihres häuslichen Lebens in Tel Aviv: Die Mutter flicht bedächtig Gebäck, der Vater schneidet sorgfältig Zwiebeln. Bei Tisch erzählt er: vom Miechower Ghetto, von Auschwitz und Mauthausen. Davon, wie die Zuchthunde immer dünner wurden, weil die Häftlinge ihnen das Futter ­streitig machten. Von Gaskammern. Die Mutter schweigt von ihren Erfahrungen im Lager, blickt unruhig in Richtung Kamera. Wenn ihr Mann spazieren geht, verschließt sie die Tür gleich mehrfach. Beider Umgang mit ihren Erinnerungen ist Teil ihres Alltags geworden – wie der laute Schlag der Wanduhr grundiert er ihr Leben.

Mi 3.7., 19h, Anschließend Diskussion mit Martin Paret, Moderation: Aurora Rodonò
OPERATION NAMIBIA Martin Paret D 2023 engl. OmdU 93´
OPERATION NAMIBIA zeigt Fotos und kurze Filmaufnahmen einer internationalen Gruppe, die sich 1976 mit dem Segelboot aus dem englischen Portsmouth nach Walvis Bay aufmacht. Tausende verbotene Bücher sollen helfen, Frieden in Namibia zu stiften. Im Voiceover entblättern Briefe und Tagebucheinträge mit zunehmender Reisedauer Bedingungen, Frustrationen und Gefahren der Überfahrt. Erwartungen der Daheimgebliebenen und Erfahrungen der Crew geraten in Schieflage. Die Strategien des Protests selbst werden hinterfragt: Können Bücher eine Revolution auslösen?

Mi 3.7., 21h
BRIEFE AUS WIWILI Medienwerkstatt Freiburg BRD 1987 45´
Bernd Koberstein sendet Nachrichten aus Nicaragua in die Breisgauer Heimat. Der Freiburger Gemeinderat finanziert dort 1985 den Bau einer Trinkwasserversorgung. Koberstein ist erstmals Bauleiter, neben Hacke und Schaufel liegt stets ein Gewehr. Er schreibt Reflexionen seines planvollen Gebarens auf, warnt vor der Brutalität des Guerilla-Krieges: „Ihr sollt herkommen, aber ihr sollt auch vorher wissen, wo ihr hingeht.“ Bald wird Koberstein von Konterrevolutionären ermordet. Die Videoarbeit stellt seinen Briefen Interviews mit den Bewohner*innen zur Seite und eine (Gegen)Öffentlichkeit für die Menschen in Wiwili her.

Foto:
OPERATION NAMIBIA Martin Peret D 2023

Info: 
Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V.
030 269 55 143 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! | www.arsenal-berlin.de
Kino Arsenal 1 & 2 | Potsdamer Straße 2 | 10785 Berlin