Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos am 4. Juli 2024, Teil 5
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Gary Johnson (Glen Powell) ist ein unscheinbarer Professor für Psychologie und Philosophie an der Universität in New Orleans. Er ist als Professor bei seinen Studenten recht beliebt. Er versucht den manchmal etwas gelangweilten Zuhörern das Konzept beizubringen, dass die eigene Identität form- und veränderbar ist und deshalb Jeder praktisch alles aus seinem Leben machen kann. Er lebt allein und führt zusammen mit seinen zwei Katzen ein recht unauffälliges Leben.
Allerdings hat er beim New Orleans Police Department einen Nebenjob. Er bedient mit seinem technischen Sachverstand die Abhörtechnik und überwacht seinen Kollegen Jasper (Austin Amelio), der als Fake-Killer Menschen überführt, die ihn anheuern wollen. Doch dann wird Jasper, weil er Teenager verprügelt hat, für 120 Tage vom Dienst suspendiert. Da es keinen Ersatz gibt, bitten ihn die Officers Claudette (Retta) and Phil (Sanjay Rao) doch den Job als Profikiller selbst zu übernehmen.
Gary soll statt Jasper – verkabelt – Personen, die auf der Suche nach einem Auftragsmörder sind, dazu bringen, ihr Vorhaben ganz klar zu äußern und ihm Geld anbieten, damit sie direkt danach festgenommen werden können.
Zur Überraschung aller zeigt Gary ein hervorragendes Talent darin, sich für jeden seiner Kunden eine maßgeschneiderte Killer-Persönlichkeit auszudenken und sie auch zu verkörpern. Er kann für seine dramatische Auftritte problemlos in immer neue Masken eines angeblichen Killers zu schlüpfen. Dazu entwickelt er regelmäßig neue Identitäten mit der dazugehörigen äußeren Erscheinung. So benutzt er aufgemalte Narben und Tätowierungen, Kontaktlinsen und Zahnprothesen, Akzente und Ticks, um jeweils die passende Killer-Performance abzuliefern.
Doch dann wird er von der attraktiven Madison Figueroa Masters (Adria Arjona) kontaktiert, die ihren gewalttätigen Ehemann Ray (Evan Holtzman) los werden will. Gary tritt dabei als gut aussehender abgebrühter Profi-Killer Ron auf. Da Gary die junge Frau gefällt, versucht er zum ersten Mal gegen alle Regeln, Madison vor dem Gefängnis zu bewahren, statt verhaften zu lassen. Letztendlich kann er sie dazu bewegen, von ihrem illegalen Plan abzuweichen, sich von ihrem Mann zu trennen, das ihm angebotene Geld zu nehmen und ein neues unabhängiges Leben zu beginnen.
Später wird Madison Gary wieder anrufen und Gary alias Ron und Madison beginnen aneinander Gefallen zu finden – auch wenn er von seinen Auftraggebern bei der Polizei davor gewarnt wird und Gary ahnt, dass das keine gute Idee ist.
Doch dann löst die heiße Affäre zwischen Ron und Madison eine unheilvolle und turbulente Kettenreaktion aus, da es Gary zuerst einmal nicht schafft, der jungen Frau seine wahre Identität mitzuteilen. Aber nicht nur Gary, sondern auch Madison hat noch nicht alle Karten auf den Tisch gelegt…
Regisseur der romantischen Komödie ist Richard Linklater, der hauptsächlich durch die Filme ″Before Sunrise″ (1995), ″Before Sunset″ (2004) und ″Before Midnight″ (2013) und der Langzeit-Beobachtung ″Boyhood″ (2014) bekannt geworden ist. Bei ″A Killer Romance″, der im Original nur ″Hit Man″ heißt, hat er zusammen mit dem Hauptdarsteller Glen Powell auch das Drehbuch verfasst. Dabei wurden sie von einer unglaublichen wahren Geschichte inspiriert, die auf dem Artikel Hit Man von Skip Hollandsworth basiert, der im Oktober 2001 in Texas Monthly erschienen ist. Darin geht es um Gary Johnson, dem angeblich gefragtesten Profikiller in Houston, der aber in Wahrheit mit der Polizei zusammen gearbeitet hat. Natürlich wurde die Story von den Drehbuchautoren etwas ausgeschmückt und es wurden ein paar Wendungen hinzugefügt.
Im Abspann wurde dem realen Gary Johnson gedacht,der 2022 gestorben ist, und es wurden auch Bilder von ihm gezeigt. Er wurde dabei als ein beliebter Collegeprofessor, Kriegsveteran, tierliebender Buddhist bezeichnet, der keinen einzigen Mord begangen hat.
Die Action-Komödie hatte seine Premiere bei den 80. Internationalen Filmfestspielen in Venedig am 5. September 2023 und war sowohl beim Publikum als auch bei den Kritikern einen Sensationserfolg.
Hauptdarsteller Glen Powell hatte bereits früher eine kleine Rolle in Linklaters College-Komödie ″Everybody Wants Some!!″ (2016) und ist in der letzten Zeit hauptsächlich neben Tom Cruise als Jetpilot Lt. Jake ″Hangman″ Seresin in dem Actionfilm ″Top Gun 2: Maverick″ (2022) und in der Komödie ″Wo die Lüge hinfällt″ (2023) bekannt geworden.
Linklater und Powell haben die Story über Gary Johnson vor allem um Garys (oder Rons) Zusammentreffen mit Madison erweitert, dass Gary sich für die junge Frau zu interessieren und dann eine Affäre mit ihr beginnt, obwohl er von seinen Vorgesetzten bei der Polizei davor gewarnt wird.
Letztendlich ist eine smarte und urkomische romantische Action-Komödie entstanden, in der Hauptdarsteller Glen Powell zeigen kann, dass er nicht nur außerordentlich wandlungsfähig ist, sondern dazu auch noch über ein beeindruckendes komödiantisches Timing verfügt. Das Ergebnis ist temporeich, unterhaltsam und klug, außerdem ist der Film randvoll mit herrlichen Screwball-Dialogen zwischen Glen Powell als Ron und der ebenbürtig energischen Adria Arjona als Madison sowie den teilweise recht skurrilem Nebencharakteren.
Regisseur Richard Linklaters Film mag zuerst wie eine reinen Verwechslungskomödie ausgesehen haben, aber im Laufe des Films wandelt er sich mehr und mehr zu einer verschrobenen und unmoralischen Romanze um eine Lüge, die so weit geht, bis sie fast zur Realität wird. Dabei gibt es vor allem zu Beginn immer wieder kurze Szenen, in denen die Zuschauer Gary in seinen unterschiedlichen Verkleidungen sehen. Doch erst als cool-lässiger Auftragskiller Ron findet Gary seine wirkliche Bestimmung, denn der Charakter färbt mehr und mehr auf ihn selbst ab. Linklater zeigt das auch in einer kleinen Szene bei Gary zu Hause, denn die beiden Katzen des Psychologieprofessor heißen nicht umsonst ID und EGO (ES und ICH).
Insgesamt ist ″A Killer Romance″ eine clevere Mischung aus Liebes-, Kriminal-, Verwechslungs- und Identitätskomödie nach einer realen Begebenheit um die Wechselbeziehungen von Schein und Sein, die dabei außerdem auch sexy und aufregend ist. Das macht den Film zu einem überraschenden filmischen Vergnügen, denn er hat eine tolle Balance zwischen lustig, mysteriös und sogar philosophisch. Dabei kann er auch mit gekonntem Wortwitz und einem charismatischen Hauptdarsteller auftrumpfen, der ein hervorragendes Gespür für aberwitzige Situationskomik besitzt.
Richard Linklater und Glen Powell lassen bewusst ihr irrwitzig kompliziertes Szenario sowohl romantisch und sexy als auch subversiv und amoralisch erscheinen. Die Mischung aus Romantik und lockeren Indie-Humor macht den Film zu einen interessanten Geheimtipp. Allerdings gibt es gegen Ende des Films einige Szenen und Dialoge, bei denen der Zuschauer selbst entscheiden muss, ob sie ihm gefallen. Auf jeden Fall wäre es schade, wenn der Film in Deutschland im Fieber der Fußball-Europameisterschaft untergehen würde.
Foto 1: Madison Masters (Adria Arjona) und Gary Johnson (Glen Powell) © LEONINE Studios Germany
Foto 2: Psychologie-Professor Gary Johnson (Glen Powell) © LEONINE Studios Germany
Foto 3: Madison Masters (Adria Arjona) © LEONINE Studios Germany
Foto 4: Gary Johnson (Glen Powell) und Jasper (Austin Amelio) © LEONINE Studios Germany
Info:
A Killer Romance (USA 2024)
Originaltitel: Hit Man
Genre: Action, Romanze, schwarze Komödie, Thriller
Filmlänge: ca. 115 Min.
Regie: Richard Linklater
Drehbuch: Richard Linklater, Glen Powell nach einem Artikel von Skip Hollandsworth (2001)
Darsteller: Glen Powell, Adria Arjona, Austin Amelio, Retta, Sanjay Rao, Evan Holtzman, Gralen Bryant Banks, Molly Bernard u.a.
Verleih: LEONINE Studios Germany
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 04.07.2024
