Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. Juli 2024, Teil 6
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) – Der neue Film von Regisseur Giorgos Lanthimos erzählt drei unterschiedliche Stories, die die Themen Macht, Kontrolle, freier Wille und die Dynamik menschlicher Beziehungen aufgreifen.
In ″The Death of R.M.F.″ geht es um Robert (Jesse Plemons), einen getriebenen Mann, der sich sein ganzes Leben lang von seinem kontrollsüchtigen Chef Raymond (Willem Dafoe) alles hat vorschreiben lassen – was er isst, was er liest oder auch wann und mit wem er Sex hat. Doch dann versucht er, die Kontrolle über sein Leben zu erlangen und trifft dabei auf eine Frau namens Rita (Emma Stone), die ein ähnliches Schicksal zu teilen scheint. Doch gelingt ihm wirklich der Absprung?
In der zweiten Episode ″R.M.F. is flying″ kehrt die bei einer Forschungsreise verschollene und eigentlich schon totgeglaubte Liz (Emma Stone) doch noch nach Hause zurück. Ihr Ehemann - der Polizist Daniel (Jesse Plemons) - verdächtigt diese Frau, nicht seine Frau, sondern in Wirklichkeit eine ganz andere Person zu sein. Hat er Recht?
In der dritten Geschichte ″F.M.F. eats a sandwich″ versuchen die Sektenmitglieder Emily (Emma Stone) und Andrew (Jesse Plemons) im Auftrag ihrer charismatischen Sektenführer und Wasser-Gurus Omi (Willem Dafoe) und Aka (Hong Chau) eine Person zu finden, die dazu bestimmt ist, ein großer spiritueller Führer zu werden. Allerdings hat er sehr spezielle Voraussetzungen zu erfüllen, dazu gehört auch, dass er die Fähigkeit besitzen muss, Tote erwecken zu können. Doch Emilys Mann Joseph (Joe Alwyn) versucht, sie zu sich und ihrer gemeinsamen Tochter (Merah Benoit) zurück zu bekommen. Werden Emily und Andrew den Messias finden?
″Kinds Of Kindness″ ist der neuste Film des griechischen Film- und Theater-Regisseurs Giorgos Lanthimos, dessen letzte Spielfilme ″The Lobster″ (2015), ″The Killing of a Sacred Deer″ (2017), ″The Favourite – Intrigen und Irrsinn (2018) und ″Poor Things″ (2023) immer sehr unterschiedliche Kritiken erhalten haben, aber auch immer viele Auszeichnungen entweder für die Filme selbst, für die Crew oder ihre Darsteller gewonnen haben.
Für die hier besprochenen schwarze Komödie erhielt Giorgos Lanthimos seine dritte Einladung für den Wettbewerb um die Goldene Palme 2024 beim 77. Filmfestival von Cannes. Die Weltpremiere fand am 17. Mai 2024 statt. Auch wenn ″Kinds Of Kindness″ selbst nicht gewinnen konnte, wurde doch Jesse Plemons als bester Darsteller des Festivals ausgezeichnet.
Mit ″Kinds Of Kindness“ hat Giorgos Lanthimos einen aus drei Episoden bestehender Anthologie-Film geschaffen, bei dem er auch zusammen mit Efthymis Filippou das Drehbuch geschrieben hat. In dem Drama spielen zwar in den jeweils etwa einstündigen Episoden dieselben Schauspieler und Schauspielerinnen mit, allerdings verkörpern sie jedoch jeweils ganz unterschiedliche Rollen.
Dabei werden die verschiedenen Charaktere von der zweifache Oscar-Preisträgerin Emma Stone, dem Oscar-nominierten Jesse Plemons, dem Oscar-nominierten Willem Dafoe, der Oscar-nominierten Hong Chau sowie von Margaret Qualley, Joe Alwyn, Mamoudou Athie und Hunter Schafer gespielt. Für Emma Stone ist es bereits die dritte Zusammenarbeit mit dem griechischen Regisseur, für Willem Dafoe und Joe Alwyn die zweite.
Auch wenn die drei Episoden sehr verschieden sind, geht es im weitesten Sinne bei allen Stories um Menschen mit einer Besessenheit, andere Menschen zu beeinflussen, damit sie ihren Willen durchsetzen können. Natürlich geht es um Sex und Macht, aber auch um die Schwierigkeiten, eine Erfüllung im Leben zu finden. Denn alle drei Kurzfilme handeln eindeutig von Abhängigkeiten in der Liebe, von Gurus, von Sekten und von Kontrollfreaks. Alle drei Geschichten verbindet zudem der schwarze Humor, der gnadenlose Biss und die reichlich zynischen Twists, daneben aber auch die nie ein Wort sprechende Figur R.M.F. (Yorgos Stefanakos), nach dem auch die einzelnen Episoden benannt wurden. Deshalb sind auch die nach dem möglicherweise unwichtigen Nebencharakter benannten Episoden-Titel eine Pointe für sich.
Insgesamt sind die drei Episoden von ″Kinds Of Kindness″ ein surreales Triptychon. Denn die lose miteinander verbundenen Stories sind ausgesprochen rätselhaft, beeindruckend verstörend und ziemlich finster. Dabei macht die Überraschung, in welche abgefahrenen Rollen die Hauptdarsteller in den einzelnen Episoden schlüpfen, einen großen Teil des Reizes aus. Deshalb muss auch jeder Zuschauer für sich selbst entscheiden, ob auf ihn der Film überwältigend oder beunruhigend wirkt. Ganz sicher ist ″Kinds Of Kindness″ optisch und technisch ein Vergnügen, das viel schwarzen Humor und eine herrlich unvorhersehbare Handlung mit gut aufgelegten Stars in jeweils drei sehr unterschiedlichen Rollen bietet. Ob die schwarze Komödie daneben allerdings auch genug Substanz beinhaltet, um mit dem zugegeben sehr gelungenen Stil einher zu gehen, sei dahin gestellt.
Foto 1: Margaret Qualley, Jesse Plemons und Willem Dafoe © 2024 Searchlight Pictures
Foto 2: Emma Stone und Jesse Plemons © 2024 Searchlight Pictures
Foto 3: Emma Stone und Joe Alwyn © 2024 Searchlight Pictures
Foto 4: Hong Chau und Jesse Plemons © 2024 Searchlight Pictures
Info:
Kinds Of Kindness (Großbritannien, Irland 2024)
Originaltitel: Kinds of Kindness
Genre: Drama, schwarze Komödie
Filmlänge: ca. 165 Min.
Regie: Giorgos Lanthimos
Drehbuch: Giorgos Lanthimos, Efthymis Filippou
Darsteller: Emma Stone, Jesse Plemons, Willem Dafoe, Margaret Qualley, Hong Chau, Joe Alwyn, Mamoudou Athie, Hunter Schafer, Merah Benoit, Yorgos Stefanakos u.a.
Verleih: The Walt Disney Company Germany
FSK: ab 16 Jahren
Kinostart: 04.07.2024