Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 24. Juli 2014, Teil 1

 

Corinne Elsesser

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die drei Schwiegersöhne der Verneuils sind eigentlich ganz passabel, in ihren Berufen tüchtig und alles in allem eine gute Partie. Nur - sie sind Ausländer. Und dies ist für die vornehm und elegant an der Loire lebenden Schwiegereltern Claude und Marie Verneuil gewöhnungsbedürftig.

 

MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER

 

Der Unmut gegenüber den Fremden und deren Sitten kommt aber nicht allein, wie man erwarten würde, seitens der konservativen Schwiegereltern, sondern auch von den Einwanderern selbst. Jeder feindet den anderen an, jeder hat gegen jeden irgendetwas in der Tasche, das er einer Spielkarte gleich hervorzieht. Chinesen, wie der mit der Tochter Ségolène Verneuil verheiratete Chao Ling (Frédéric Chau) würden immer lächeln und sich damit als unverbesserliche Arschkriecher prädestinieren. Der Vorwurf kommt vom arabischen Schwiegersohn Rachid Benassem (Medi Sadoun), der sich wiederum mit dem jüdischen Schwiegersohn David Benichou (Ary Abittan) darüber streitet, ob die Beschneidung, zu deren Feier die Familie zusammengekommen ist, acht Wochen oder besser sechs Monate nach der Geburt vorgenommen werden sollte.

 

Ich jedenfalls“, meint Rachid aufschneiderisch, „habe an meine Beschneidung sehr gute Erinnerungen.“ „Ach ja?“, wirft eine seiner Schwägerinnen ein, „als sechs Monate altes Baby?“ Und so lösen sich immer wieder die quer durch die Bank verlaufenden rassistischen, antireligiösen oder politischen Anfeindungen in leichtfüßig inszenierter Situationskomik auf. Jeder macht sich mit seinen plakativen Thesen im Grunde selbst lächerlich. Und bald darauf vereint man sich beim nächsten Familientreffen zu Weihnachten in einem inbrünstigen Intonieren der Marseillaise. Man ist schließlich in erster Linie französisch.

 

Doch die Globalisierung streckt ihre Fühler aus bis in die französische Provinz. Keiner bleibt verschont. In einer ihrer nächtlichen Autofahrten nach Hause fragen sich die Eltern einmal, warum sie ihre Töchter nur in Paris haben studieren lassen. Dort lernten sie schließlich ihre Ehemänner kennen. Die Mutter Marie (Chantal Lauby) gerät in eine Depression, der Vater Claude (Christian Clavier) nimmt das Selbstportrait der Tochter Ségolène, die Malerin geworden ist, von der Wand und macht sich daran, alle alten Bäume im Garten abzusägen. Die Eltern wünschen sich nichts sehnlicher als endlich eine traditionelle katholische Hochzeit. Alle Hoffnung richtet sich deshalb auf die vierte und jüngste Tochter Laure (Élodie Fontan), die allerdings ebenfalls in Paris studiert. Und wirklich kommt sie eines Tages nach Hause mit der Nachricht, sie habe jetzt einen Freund, Charles heiße er und er sei katholisch.

 

Der Vater bleibt noch skeptisch, die Mutter jedoch freut sich und bespricht sogleich die möglicherweise bevorstehende Hochzeit mit dem Gemeindepfarrer. Als es zu einem ersten Antrittsbesuch bei den zukünftigen Schwiegereltern kommt, stellt sich heraus, daß Laure ihren Eltern doch noch etwas verschwiegen hat. Ihr Freund Charles Koffi (Noom Diawara) ist zwar Katholik, aber er ist schwarz und kommt von der Elfenbeinküste - womit der Nationalitäten- und Religionenmix in der Familie perfekt ist. Die Eltern von Charles sind noch weniger davon angetan, daß ihr Sohn, der Hoffnungsträger der Familie, ausgerechnet eine Französin heiraten will. Den Franzosen will der Vater (Pascal Nzonzi) dann wenigstens ihr Kolonialgehabe so richtig heimzahlen. Er meldet sich zur Hochzeitsfeier mit 400 Verwandten an, das sei an der Côte d‘Ivoire so üblich, und erscheint in der traditionellen hellblauen Tunika, worüber sich selbst sein Sohn wundert. Und durch all die Provokationen und Anspielungen hindurch entwickelt sich die Begegnung zu einem Versöhnungszeremoniell der beiden Väter, das weit über die kolonialen Grenzen hinwegreicht.

 

Die Hochzeit wird schön, die letzte in der Familie Verneuil ist eine katholische und doch auch eine sehr afrikanische. Und ob aller Versöhnung und Freude verliert der Film, der zu Beginn so vielversprechend leichtfüßig schwer lastende Probleme anging, seinen Biß und plätschert festestrunken im Seichten dahin.

 

 

Info:

Monsieur Claude und seine Töchter (frz. Originaltitel: Qu'est-ce qu'on a fait au Bon Dieu?)

Regie: Philippe de Chauveron

Frankreich, 2014