Presseheft VerleihSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos am 5. September 2024, Teil 6

Aslı Özarslan

Berlin (Weltexpresso) - Als ich 2017 in einem Buchladen stand, sah mich eine selbstbewusste junge Frau direkt an. Es war das Buchcover von Ellbogen. Schon die ersten Seiten des Buchs zogen mich in den Bann, da ich die Perspektive dieser jungen migrantischen Heranwachsenden als einzigartig empfand. Mit meinen zwei langen Kinodokumentarfilmen in der Tasche sprach ich Fatma Aydemir, die Romanautorin an, ob sie sich vorstellen könnte ,das Buch zu verfilmen.

Mir war klar - ich möchte Hazal, die Hauptfigur auf Augenhöhe erzählen. Nicht über sie, sondern mit ihr. Ich wollte konsequent nur ihren Blick auf die Welt zeigen. Mit all ihren Ambivalenzen, ihrer Wut . ohne sie erklären oder verteidigen zu müssen. Sie sollte einfach Sein dürfen. Meine Ideen und auch den Wunsch mit Laiendarstellerinnen zu arbeiten, überzeugten Fatma und sie gab mir das GO. Ein unglaublicher Moment. "Scham ist schlimmer als Angst", sagt Hazal im Roman wütend zu sich selbst und spiegelt damit ihre eigene Innenwelt. ELLBOGEN ist ein atmosphärisch dichtes Porträt einer jungen Frau, die einen hohen Preis zahlt, um sich von den Projektionen der Gesellschaft zu befreien. Vor allem die Tat und Hazals scheinbar fehlende Reue haben uns gepackt und lassen uns nicht mehr los. Hazal wende t sich - im positiven Sinne - von der Meinung der Mehrheitsgesellschaft ab. Doch sie ist weder ein eindimensionales "Opfer" noch eine Muster-Migrantin, die alles richtig macht. Sie ist eine komplexe Frauenfigur, die sich der Täter-Opfer-Dichotomie verweigert. Für uns ist sie eine manchmal ruppige, aber dennoch sympathische Figur. Sie trägt dazu bei, die Barrieren der Gesellschaft aufzuzeigen, die so schwer zu durchbrechen sind. Hazals Welt ist eine, die nicht nur ich, sondern viele Migrant*innen in Deutschland und Europa kennen. Es ist ein Leben, das darin besteht, sich ständig behaupten oder beweisen zu müssen. In Hazal wird diese Gesellschaft entlarvt. Ihre Stärke berührt uns tief. Nach fünf Jahren Arbeit an diesem Film freue ich mich wahnsinnig, dass ELLBOGEN all den jungen Hazals in Deutschland eine Sichtbarkeit geben wird.

DIE REGISSEURIN ASLI ÖZARSLAN
19.07.1986 in Berlin, studierte von 2007-2011 Theater und Medien an der Universität Bayreuth sowie Philosophie und Soziologie an der Université Sorbonne IV in Paris. Es folgten redaktionelle Tätigkeiten
für 3sat Kulturzeit, ZDF, ARD Auslandstudio Warschau. Sie besuchte Filmworkshops in Israel und in der Türkei. Von 2012- 2017 folgte ein Studium der Dokumentarfilmregie an der Filmakademie Baden-Württemberg.
2014 erhielt sie das Deutschlandstipendium, 2015 das Stipendium der Akademie der Künste in der Sektion Film- und Medienkunst und 2017 das Stipendium der Kulturakademie Tarabya in Istanbul. 2023
wurde sie von NETFLIX für ein Talent Workshop in Prag eingeladen. INSEL 36 (2014) und ihr Diplomfilm DIL LEYLA (2016) gewannen internationale und nationale Auszeichnungen. Ihr aktuelles Debütfilmprojekt ELLBOGEN (2024) hat seine Weltpremiere auf der 74. Berlinale in der Sektion Generation.

Filmographie (Auswahl)
2016 DILLEYLA, 71 MIN
2014 INSEL36, 61 Min
2012 KANAK SPRAK BIST DU
2009 REFLEKTZONE, Kurzfilm

Foto:
©Verleih

Info:
Ein Spielfilm von Aslı Özarslan nach dem gleichnamigen Roman von Fatma Aydemir
Kinostart: 05. September 2024
Verleih: jip film & verleih
Deutschland 2024, 86 Minuten, DCP, 1:1,66, Farbe, 5.1, FSK tba
Sprachfassung: Deutsch, Türkisch mit deutschen oder englischen Untertiteln
Regie: Aslı Özarslan
Romanvorlage: Fatma Aydemir
Drehbuch: Claudia Schaefer, Aslı Özarslan (Co-Autorin)
Kamera: Andaç Karabeyoğlu-Thomas
Schnitt: Ana Branea, David J. Achilles
Ton: David Almeida-Ribeiro, Andreas Radzuweit
Musik: Delphine Mantoulet
Casting: Manolya Mutlu
Produktion Jamila Wenske, Achtung Panda!
Koproduzent*innen: Delphine Schmit & Guillaume Dreyfus, Tripode Film (FR);
Anna Maria Aslanloğu, Istos Film (TR); Julia I.Peters & Jutta Feit, jip film & verleih (DE)
Förderungen und Partner: HessenFilm und Medien GmbH,
Medienboard, FFA/CNC Mini-Traité, Kuratorium junger deutscher Film,
MFG Baden-Württemberg, DFFF, ZDF Das kleine Fernsehspiel,
Tarabya Kulturakademie, Torino Film Lab, Into The Wild
CAS
Melia Kara – Hazal
Jamilah Bagdach – Elma
Asya Utku – Gül
Nurgül Ayduran – Ebru
Doğa Gürer – Mehmet
Mina Özlem Sağdiç – Semra
Jale Arikan – Sultan
Ali Emre Şahin – Onur
Ercan Karaçayli – Salih
İdil Baydar (Gilet Ayse) – Frau Göktan
Shadi Eck – Mahdi
Haydar Şahin – Halil
Orhan Kiliç – Ömer Kuzu
Katrine Eichberger – Frau Meyer
Jörg Pintsch – Lars Immer/Ladendetektiv
Denis Riffel – Thorsten

Abdruck aus dem Presseheft