Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos 17. Oktober 2024, Teil 9
Redaktion
Berlin (Weltexpresso) - „Die Leute denken bei Trump an diese ‚Maschine der Empörung’, an diese hasserfüllte, spaltende Figur, und in vielerlei Hinsicht ist er wie ein Schauspieler, der eine Rolle spielt – allerdings spielt er sie schon so lange, dass sie zu seiner Identität geworden ist“, sagt Sherman. „Aber als er in seinen Zwanzigern noch ganz am Anfang stand, war er [als Person] noch längst nicht so ausgereift. Er trat zwar aggressiv und ehrgeizig auf, sieht man sich jedoch seine ersten Interviews an, spricht er eher leise, irgendwie zögerlich. Er hat einen gewissen Charme und ist leicht unsicher, das Gegenteil von dem Mann, den wir heute kennen. Diese Seite seiner Person zu erkunden, über die eigentlich kaum jemand spricht, war bei diesem Projekt besonders spannend.“
Nach einem Treffen mit Sherman war die ausführende Produzentin Amy Baer von seiner Idee für den Film begeistert und sicherte THE APPRENTICE – THE TRUMP STORY 2018 ihre Unterstützung zu. Schon bei der Lektüre seiner ersten Drehbuchentwürfe war Baer beeindruckt, wie viel Empathie sie für den dort beschriebenen Trump empfand: Er war ein junger Mann, der sich nach Bestätigung und Anerkennung durch seinen Vater und sein Umfeld sehnte. „Diese Verletzlichkeit, dieses Streben sind so universelle menschliche Erfahrungen, dass sie ein gewisses Maß an V erständnis für den Menschen, möglich machen, das für den Politiker womöglich fehlt“, sagt Baer.
Baer (Brian Banks, Jerry and Marge Go Large) fährt fort: „Mit über vierzig dominierte Trump die Pop- und politische Kultur ziemlich durchgängig, doch eine Phase in seinem Lebens, die selten beleuchtet wird, ist die Zeit zwischen zwanzig und dreißig, eine Zeit in der er persönlich und beruflich zu kämpfen hatte, in der er sich seine ‚erfolgreiche’ Persönlichkeit aufbaute. Sein Streben nach Sichtbarkeit ist ein nachvollziehbarer Prozess und bietet einige Erklärungen dafür, dass er heute so süchtig nach dem Rampenlicht ist – und wahrscheinlich erklärt es auch ein Stück weit, warum er sich entschieden hat, für das Präsidentenamt zu kandidieren. Nimmt man dann noch die Mentorenschaft eines undurchsichtigen, diabolischen Genies wie Roy hinzu, hat man den Stoff für ein Drama mit Shakespeare’schen Qualitäten. Einfach ausgedrückt: Diese Zeit in Trumps Leben ist faszinierend, unterhaltsam und für ein modernes Publikum neu.“
Baer merkt auch an, die zentrale Beziehung im Drehbuch habe sie an Mary Shelleys bahnbrechenden Roman Frankenstein und die klassische Geschichte eines Schöpfers erinnert, der die Kontrolle über seine Schöpfung verliert. „Roy war immer bestrebt, die Realität gemäß seiner Weltsicht zu verbiegen, doch ihm fehlten das richtige Auftreten und Erscheinungsbild, um diese Geschichte zu verkaufen“, sagt Baer. „In Donald fand er den perfekten Lehrling – gut aussehend, reich, ehrgeizig –, den er zu dem idealen Wesen formen konnte, das alles verkörperte, wofür er stand.“
Vor allem setzte Cohn mit wilder Entschlossenheit alles daran, seine konservative Ideologie voranzutreiben und alle Widersacher, die es wagten, ihn herauszufordern, gnadenlos unterzubuttern. In einer Schlüsselszene in THE APPRENTICE – THE TRUMP STORY weiht Cohn seinen Schützling in seine „Regeln zum Gewinnen“ ein; Trump hat sich diese Regeln nicht nur zu Herzen genommen, sie wurden auch zum Mantra des späteren Präsidenten:
Regel 1. Angreifen. Angreifen. Angreifen.
Regel 2. Nichts zugeben. Alles leugnen.
Regel 3. Den Sieg für sich beanspruchen und niemals eine Niederlage zugeben.
Als Nächstes machte sich Baer auf die Suche nach einem Regisseur, der mit Begeisterung und originellen Ideen an diese Geschichte herangehen würde. Die Filmemacher gingen davon aus, dass THE APPRENTICE, aufgrund der überaus prominenten Persönlichkeiten, um die es ging, eine Kontroverse hervorrufen könnte. Daher waren sich Produzentin und Drehbuchautor einig, dass sie einen unerschrockenen Künstler brauchten, der sich dem Drama unparteiisch und ohne persönliche Interessen nähern könnte, jemanden, der sich in die Charaktere mit all ihren Facetten und ihrer Komplexität einfühlen würde.
„Mein schlimmster Albtraum war, dass aus THE APPRENTICE – THE TRUMPSTORY ein vorhersehbarer oder farbloser Film werden würde, oder aber – das andere Extrem – ein politisch polemischer Film im Stil eines eindimensionalen Cartoons“, sagt Sherman. „Mir ging es aber um diese dreidimensionalen Charaktere, die kompliziert, mit Fehlern behaftet, überraschend und frustrierend sind, so wie echte Menschen eben sind.“ Baer fügt hinzu: „Mir war klar, dass dieser Film sehr viele Herausforderungen mit sich bringen würde. Da wollte ich nicht noch eine hinzufügen, indem ich dafür sorgte, dass er als das politische Statement eines amerikanischen Regisseurs wahrgenommen wird.“
Ihre Suche führte zu Abbasi, der sein bemerkenswertes Talent für unkonventionelle und fraglos fesselnde Erzählungen bereits unter Beweis gestellt hatte. In Border zum Beispiel erzählte er die magisch-realistische Geschichte einer Grenzpolizistin, die Scham, Angst und Schuld an Reisenden riechen kann. Das tut er aber nicht mit einem traditionellen Genrefilm. Vielmehr verbindet Border geschickt sozialen Realismus mit schwedischer Folklore und schafft so eine kraftvolle Allegorie über den Umgang mit Minderheiten in der heutigen Gesellschaft. Außerdem zeigt er das dynamische Spiel zweier begabter Hauptdarsteller, die unter mehreren Schichten von prothetischem Make-up arbeiten mussten.
„An Border mochte ich die mutige und kreative Art, kulturelle Themen zu erforschen“, sagt Baer und fügt hinzu, sie habe gewusst, dass THE APPRENTICE – THE TRUMP STORY „diese Art von Vision brauchen würde“.
Forsetzung folgt
Foto:
©Verleih
Info:
Besetzung
Donald Trump. SEBASTIAN STAN
Roy Cohn. JEREMY STRONG
Ivana Trump MARIA BAKALOVA
Fred Trump. MARTIN DONOVAN
Mary Anne Trump. CATHERINE MCNALLY
Freddy Trump. CHARLIE CARRICK
Russell Eldridge. BEN SULLIVAN
Roger Stone. MARK RANDALL
Stab
Regie ALI ABBASI
Drehbuch GABRIEL SHERMAN