Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. August 2014
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Deutlich weniger neue Filme laufen in den Sommermonaten an, was einen zur Überlegung bringt, wie sich die Urlaubszeit auf die Anzahl der Kinobesucher auswirkt. In den Städten ist es so, daß diese im Sommer zurückgehen, einfach, weil viele Bewohner die Stadt verlassen haben. Wer aber zu Hause Urlaub macht, geht dafür öfter ins Kino.
EIN AUGENBLICK LIEBE
Das wäre so ein richtiger Sommerfilm, denkt man, liest man die Namen der französischen Schauspieler SophieMarceau und François Cluzet und auch das Thema Liebe, noch dazu mit einem richtig wohlverheirateter Mann...Und flott fängt der Film auch an. Das kennen wir jetzt schon, die Welt der ganz schön Wohlhabenden mit ihren interessanten Berufen und den gesellschaftlichen Treffen, das Rotweinglas in der Hand und dem Blick der Herren auf Hintern und Brüste der Damen und dann, bei gedämpftem Geplauder und Gläsergeklirre ein tiefer Blick in die Augen - gegenseitig, ein Lächeln bei dem Gedanken an mehr und ein Sich-wohl-und-wichtig Fühlen.
Ist die Party vorbei, bleibt ein angenehmes Gefühl, das sich aus dem potentiellen, aber nicht genutzten Mehr bildet; aber die Wirklichkeit hat einen wieder. So geht es Pierre (François Cluzet), als er nach der erfolgreichen Veröffentlichung ihres neuen Romans auf der Buchmesse in Rennes die Schriftstellerin Elsa Santorini ( SophieMarceau) kennenlernt und mit ihr einen spritzigen Abend verbringt. Wie gut er ihr gefällt, erzählt sie am nächsten Tag ihrem Verleger, als sie nach Paris zurückfahren, just jenem Julien, der seinen Freund Pierre mitgebracht hatte und ihr nun Zweierlei von ihm erzählt: wie gut Elsa diesem gefallen habe und daß er seit 15 Jahren in glücklicher Ehe lebe.
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Die Körpersprache Elsas sagt alles: Enttäuschung auf der ganzen Linie. Denn mit einem verheirateten Mann: nie! Wir Zuschauer wissen gleich mehr als jeder der beiden, denn wir erleben, wie Pierre seiner Frau Anne begeistert von der Schriftstellerin erzählt, ihre Irritation nimmt er nicht wahr, das intensive Familienleben mit den zwei Kindern fordert die Aufmerksamkeit. Elsa dagegen lebt mitten in einer ekligen Scheidung, von den drei Kindern lebt nur die Jüngste noch bei ihr, die es ihr nicht einfach macht.
Doch man sieht sich im Leben mindestens zweimal. Und so treffen unverhofft Pierre und Elsa aufeinander und dieselbe Anziehungskraft wirkt auf beide erneut, so daß sie den Abend miteinander verbringen, sich sogar küssen; nur den Adressenaustausch unterlassen sie aus bekannten Gründen. Schließlich ist er ein wohlverheirateter Mann. Da aber aller guten Dinge drei sind, sehen sich die beiden, die unabläßlich aneinander denken müssen und auch wollen, bei Juliens Geburtstagsfeier wieder (warum haben sie sich bei solcher Gelegenheit nicht vorher gesehen?). Allerdings in der Alltagsformation, er mit Ehefrau, sie mit jungem Geliebten.
So und jetzt schlägt's Dreizehn und wir haben genug von dieser Überkonstruktion, die sich hier Zufälle nennt und einfach überstrapaziert werden. Elsa erschleicht sich seine Telefonnummer, doch er will – ja, wie, natürlich –, er will alles dem Zufall überlassen. Zufällig treffen die beiden also, vom Drehbuch geplant, in London aufeinander. Endlich. Und dann kommt es anders als geplant, ach nein, geplant wurde auch dies von den Autoren. Für die Protagonisten, das verhinderte Liebespaar, ist ja Zufall, daß das Leben eine neue, eine alte Variante bereithält.
Was einem weh tut, das ist, daß Schauspieler und potentielle Liebesgeschichte mehr versprechen, als der Film hält. Das kommt einem dauernd so vor, wie die Generalprobe für etwas, was dann nie aufgeführt wird. Als Zuschauer fühlt man sich durchaus geprellt, denn gutwillig folgt man allen Zufällen, die dann zu nichts führen.
Es gibt noch einen anderen Aspekt. Man fühlt mit Elsa, bzw. ihrer Darstellerin, wie diese auch geprellt wird. Denn, daß die Regisseurin Lisa Azuelos, mit der die Marceau schon LOL zum Erfolg führte, im Film auch die starke und einfallsreiche Ehefrau mimt, schafft einfach für diese zu viele Heimvorteile, vor allem weil Lisa auch das Drehbuch schrieb. Als schauspielernde Ehefrau ist sie gleichzeitig Herrin über die Zufälle, die Pierre und Elsa zueinandertreiben, wie über deren Ende in einer Sackgasse. Schade.