Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 31. Juli 2014

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Beobachtet man die Zuschauer dieses Films beim Herausgehen aus dem Kino, spielt bei vielen ein leichtes Lächeln um die Mundpartie. Fragt man nach; hört man unisono, der Schiller habe einem so gefallen, den habe man für bierernst und bleischwer gehalten und sei hingerissen von seinem jugendlichen Charme.

 

 

DIE GELIEBTEN SCHWESTERN

 

Da sieht man mal wieder, wie stark die Abneigung des so erfolgreichen Olympiers Johann Wolfgang Goethe gegen seinen aufklärerischen Konkurrenten Friedrich Schiller ins Allltagsbewußtsein des gemeinen Deutschen eingedrungen und es besetzt hat: Goethe sitzt auf seinem Dichterthron und Schiller scharwenzelt Freundschaft und Bestätigung suchend um ihn herum. Denkt die Kanaille. Schon aus diesen Gründe ist dieser heitere Sommerfilm, der das Junggenie Schiller beim Erlernen der Liebe und dem Scheitern vieler Pläne zeigt, eine notwendige Korrektur.

 

Eigentlich ist das aber nur eine zusätzliche Begleiterscheinung in einem Film, der einen rundherum glücklich macht, was sicher an den vorzüglichen Schauspielern, der herrlichen Landschaft, in der ständig gewandert wird , und ebenso an den – historisch nicht verbürgten - Tatsachen liegt: daß der junge Friedrich sich erst in die eine Schwester und dann in die andere verliebt, aber nur eine heiraten kann, was nicht ausschließt, daß er beide liebt – und die beiden ihn zurücklieben und zwar buchstäblich, so richtig mit Haut und Haaren, sinnlich und mit Genuß.

 

Wo immer Liebe im Spiel ist, bleiben auf Dauer die Gefühlsschwestern Eifersucht und Verlust sowie Trauer weder Schiller und den Schwestern noch uns erspart. Dominik Graf gelingt es aber, das Leben der drei so heiter beginnen zu lassen, daß wir das bleiern werdende Ende der Liebe zu dritt es allemal wert finden, daß die Menage à trois so zuversichtlich und verliebt begonnen hatte. In der Tat gelingt es Graf, alle drei Personen so glaubhaft agieren zu lassen, daß sich Heutige in den Figuren wiederfinden können und doch auf der einen Seite die Kunstfertigkeiten im Verschleiern der Situation, sowohl den Kitzel wie die Methoden , bewundern lernen und auf der anderen Seite begreifen, daß diese Heutigen nicht die Krone der Schöpfung sind. Auch zu anderen Zeiten hat man intensiv gelebt, geliebt und geheiratet, gedichtet und schwer gearbeitet.

 

Wir fänden es angebracht, wenn das evozierte Thüringen, durch dessen Wiesen und Auen Friedrich ( Florian Stettner) heranschreitet und in dessen lichten Wäldern er mit Charlotte (Hannah Herzsprung) und Caroline, seiner späteren Frau (Henriette Confurius), zu einem Anwachsen des Thüringen-Tourismus führten – zumindest im Sommer. Mei, sind deutsche Landschaften schön, so bald man die ausgelutschten Pfade und Parkplätze verlassen hat und einfach drauf los spaziert.

 

Aber der Film lehrt einen auch, daß Liebe mit Geistreichem angereichert, noch mal so viel Spaß macht, auch an Intensität gewinnt, daß Esprit wiederum in Sprache begründet liegt, nämlich im assoziativen Gebrauch, wo Worte auf Blicke antworten und die Situation spiegeln. Ein wunderbares Drehbuch, das auch dem Regisseur zu danken ist und in dem schon das Licht und die weiche Luft zu spüren sind, die dann den Film zu dem Ereignis machen, das er ist.

 

Und dieser Film ist nicht verlogen romantisch, sondern sehr realistisch – und trotzdem echt romantisch - in seiner Ausgangssituation um 1788, also direkt vor der Französischen Revolution, weil er die Armut und die mangelnde Unterstützung des jungen Dichters genauso aufscheinen läßt, wie die mangelnde pekuniäre Grundlage für die verwitwete Mutter der beiden schönen Töchter. Deshalb wird die Ältere an den verheiratet, den sie nicht liebt, der aber genug Geld hat, die gesamte Familie zu erhalten. Diese Caroline setzt den Einsatz ihres Körpers für gutes Geld auch später fort. Kein Wunder, daß die Mutter ihre ebenfalls schöne Tochter Charlotte dem dahergelaufenen Dichter erst mal nicht als Ehefrau anvertrauen will. Schließlich hat sie nichts davon.

 

Die Sommerliebe und das folgende Leben grundieren zwar diesen Film, sind aber längst nicht alles, was wir über die damalige Zeit erfahren. Die sozialen Spannungen spüren wir und die technischen Neuerungen, die es Schiller und anderen erleichtern, revolutionäre Ideen auch in Deutschland durch den Zeitungsdruck unters Volk zu bringen, zeigen den Film auf der Höhe der Technologie der Zeit. Das ist ein Film, den wir rundherum empfehlen. Der Kopf ist klarer nach dem Zuschauen, Herz und Gemüt sowieso.