Friederike Mayröcker zum 100. Geburtstag am Dienstag, 17. Dezember im Kino des DFF in Frankfurt am Main
Helga Faber
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Am 20. Dezember 2024 wäre die österreichische Schriftstellerin Friederike Mayröcker 100 Jahre alt geworden. Ihre selbst diagnostizierte Schreibwut schien bis zu ihrem Tod 2021 unerschöpflich, noch mit 96 Jahren veröffentlichte sie ihr letztes Buch da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete. Mayröcker verfolgte über Jahrzehnte ein radikales, literarisches Großprojekt, das von einer Freude an formalen Experimenten und schonungsloser Introspektion geprägt ist. Dafür wurde sie vor allem von jungen Schriftsteller:innen geschätzt. Zu ihren Bewunderer:innen gehören Ulrike Draesner, Claudia Hamm, Clemens Setz und Marcel Beyer.
Anlässlich ihres 100. Geburtstags zeigt das Kino des DFF Carmen Tartarottis Dokumentarfilm DAS SCHREIBEN UND DAS SCHWEIGEN. DIE SCHRIFTSTELLERIN FRIEDERIKE MAYRÖCKER (IT/AT/DE 2009) mit einer Einführung. Das DFF hat den Film gemeinsam mit der Regisseurin und mit Unterstützung des Förderprogramm Filmerbe (FFE) digitalisiert. Das 4k-DCP ist über den Filmverleih des DFF erhältlich.
DAS SCHREIBEN UND DAS SCHWEIGEN
Italien/Österreich/Deutschland 2009. R: Carmen Tartarotti. Dokumentarfilm. 93 Min. DCP
Premiere der digitalisierten Fassung
Einführung: Ulrich Sonnenschein
Der Film ist ein intimer Einblick in Friederike Mayröckers Alltag, vor allem aber in ihre „Zettelhölle“, die berühmte Wohnung in der Zentagasse im 5. Wiener Bezirk. In diese hatte sich die Dichterin seit den 50er Jahren zurückgezogen, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Über mehrere Jahre hinweg hat die Regisseurin Carmen Tartarotti Mayröcker in ihrer Wohnung und auf ihren Lesereisen so diskret wie möglich begleitet und befragt, mit dem Kameramann Pio Corradi oder allein mit Kamera und Mikrofon.
„Ich hab‘ gedacht es soll ein Film über das Schweigen werden. Das Schreiben und das Schweigen. Ich mag nicht sprechen. Und auf dieser Grundlage werden wir unseren Film aufbauen! Aber wie macht man das dann?“
(Friederike Mayröcker)
„Mayröcker gab die Bedingungen vor, unter denen der Film DAS SCHREIBEN UND DAS SCHWEIGEN sich würde verwirklichen lassen – wollen: Die Gesundheit, die Zeiteinteilung, das Schreiben, die Nichtablenkung, die Zurückhaltung, das Licht, die Scheu, keine anderen Menschen als Carmen Tartarotti, die Intimität einer Situation, einer kleinen Kamera, eines schweigsamen, von Tartarotti selbst mitherzustellenden und beachtenden Tons. [...] So gelang ein Porträt, das nicht ein Leben nachzeichnet, sondern sich aus dem Leben schöpft. Weder erzählerisch noch filmisch wird jedoch eine biographische Chronologie verfolgt, sondern eine bildhafte Annährung an Mayröckers Lebens- und Schreibwelt. Ein unendlich flexibles Sich-aufeinander Einlassen – Zufall – das, was einem zufällt; das, was einen zu Fall bringt und dadurch aufrichtet – ist doch seit so vielen Jahren ein ordnendes Prinzip in Friederike Mayröckers Werk.“
(Ulrike Draesner)
Foto:
Filmstill aus DAS SCHREIBEN UND DAS SCHWEIGEN
©dff.film
Info:
Dienstag, 17. Dezember, 20 Uhr