Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 23. Januar 2025, Teil 2
Redaktion
Paris (Weltexpresso) - Was verbinden Sie persönlich mit Alexandre Dumas und seinem Meisterwerk der Abenteuerliteratur, „Der Graf von Monte Christo“?
ALP: Ich verbinde seit meiner Kindheit eine tiefe Leidenschaft mit Dumas. „Der Graf von Monte Christo“ nimmt für mich einen besonderen Platz in seinem Gesamtwerk ein. Als ich acht Jahre alt war, erlebte ich in Portugal die Dreharbeiten zu der Verfilmung, die mein Vater damals für das Fernsehen drehte, und als ich Jacques Weber als Monte Christo sah, die Kostüme, den Zylinder, dachte ich mir: „Das ist der Beruf, den ich ausüben werde!“ Monte Christo hatte also etwas Grundlegendes für mich. Dumas schuf einen Roman, der mit einer Oper vergleichbar ist, Mozarts „Don Giovanni“. Ich liebe die wunderbare Genremischung, die ihm gelungen ist. Denn Monte Christo ist ein Abenteuerroman, eine Liebesgeschichte, eine Tragödie, ein Thriller sowie eine menschliche wie politische Komödie. Und das Zusammenspiel dieser Genres erzeugt eine Stimmung, die abwechselnd romantisch, lustig, ironisch oder erschreckend ist. Was die Figur des Edmond Dantès betrifft, so geht sie weit über die Literatur hinaus. Sie gehört zur Mythologie, zu einem nahezu fantastischen Universum. Der Figur und ihrer Geschichte wohnt eine Seele inne, eine Poesie, die einfach unbeschreiblich ist.
Welche Herausforderungen gab es bei der Adaption?
ALP: Wir hatten schon oft darüber gesprochen, gemeinsam „Der Graf von Monte Christo“ zu adaptieren, aber das schien ein unerreichbares Projekt. Als sich dann dank Pathé und dem Produzenten Dimitri Rassam diese Tür öffnete, stürzten wir uns hinein. Wobei die anfängliche Phase der Aufregung in eine Phase der Panik angesichts der Größe der Herausforderung überging. Wir waren davon besessen, dieses Epos voll und ganz zu erfassen, alle seine Dimensionen zu transportieren, um das Publikum eine ganze Palette an Emotionen erleben zu lassen. Deshalb drehten wir einen einzigen Film und keinen Zweiteiler: Wie der Roman, der die Leser in seinen Bann zieht, musste sich die gesamte Geschichte in ein- und demselben Zeitrahmen entfalten, wobei die im ersten Teil des Films aufgebaute Spannung auch im selben
Film zu ihrer Auflösung kommen sollte. Es war unmöglich, dem Publikum zu sagen: Verlassen Sie das Château d'If und kommen Sie in sechs Monaten für die Fortsetzung wieder!
MD: Der Roman „Der Graf von Monte Christo“ umfasst 1300 Folio-Seiten, was 3000 bis 4000 Drehbuchseiten entspricht, während ein Drehbuch normalerweise 140 Seiten umfasst … Es ist, als ob man Zugang zu einer Bibliothek erhält und nur ein Buch auswählen darf. Eine unglaublich aufregende, aber auch schwindelerregende Aufgabe, die drei Jahre Schreib- und Vorbereitungszeit in Anspruch nahm. Eine weitere Herausforderung bestand darin, glaubhaft zu vermitteln, dass man jemanden, den man zwanzig Jahre lang nicht gesehen hat, nicht wiedererkennen würde. Das war zu Dumas' Zeiten denkbar, als die Fotografie noch in den Kinderschuhen steckte. In unserer bildgesättigten Zeit ist das viel schwieriger. Daher unsere anfängliche Frage: Sollten wir denselben Schauspieler für beide Lebensabschnitte nehmen? Und wenn ja, wie rechtfertigen wir dann vor dem zeitgenössischen Publikum, dass ihn später niemand erkennt?
Wer ist Edmond Dantès / Monte Christo hinter all seinen Masken für Sie?
MD: Umberto Eco bezeichnet Monte Christo als den ersten modernen Übermenschen: kein Marvel-Superheld, der von Haus zu Haus fliegt, sondern ein Held im homerischen Sinne, der andere Männer an Statur und Tiefgang übertrifft. Zusätzlich zu der Macht, die das Geld verleiht, besitzt er die Macht des Geistes. Er ist fast allgegenwärtig und allmächtig, mit einem Puppenspieler-Element wie Gatsby. Monte Christo ist kein Robin Hood. Er verteilt seinen Reichtum nicht, er nutzt ihn ganz egoistisch. Er stellt die Heuchelei der Eliten in Frage, aber er selbst ist kein Revolutionär. Er ist ein ultra-moderner Held, weil er ein ultra-individualistischer Held ist. Er hat keine großen Prinzipien, kein Land, keine Religion. Unter seinen verschiedenen Masken spielt er, dass er nicht zu fassen ist.
ALP: Es gibt einen existenziellen Bruch zwischen Edmond Dantès und dem Grafen von Monte Christo und all seinen Inkarnationen. Es sind unterschiedliche Figuren. Und doch machen die meisten Adaptionen aus Monte Christo einfach eine zwanzig Jahre ältere Version von Dantès. Wir aber wollten eine Figur aus ihm machen, die etwas von einem zerbrochenen Spiegel hat, in dem jeder etwas anderes sieht, einschließlich des gezeichneten Mannes, der unter der Maske dieses skurrilen Grafen weiterlebt. Wir entschieden uns also dafür, diese Dimension zu inszenieren, indem wir viel stärker auf die Hintergründe von Monte Christo eingehen, als Dumas es tut.
Edmond Dantès ist ein Mann, der von der Obrigkeit und seinen Freunden verraten wurde und beschließt, für seine Rache wieder aufzuerstehen, bevor er Erlösung findet. Dieser letzte Punkt wird in Ihrem Film sehr feinfühlig behandelt …
ALP: „Monte Christo“ ist die Geschichte eines unschuldigen Mannes, der gelitten hat und glaubt, dass er von seinem Leid geheilt wird, indem er sich an denen rächt, die es verursacht haben. Um sein Gewissen zu entlasten, redet er sich ein, dass diese Rache Gerechtigkeit ist. Doch er befindet sich in einem ständigen Kampf mit sich selbst und versinkt immer tiefer in der Dunkelheit, bis er schließlich zu einem gesetzlosen und ungläubigen Wesen wird. Er muss diese Schattenwelt durchqueren, um zu erfahren, dass es eine Möglichkeit der Wiedergeburt, der Auferstehung durch Liebe und Vergebung gibt. In diesem Sinne ist „Monte Christo“ eine universelle und zeitlose Geschichte von Erlösung, eine Bestätigung, dass das, was unserem Menschsein zugrunde liegt, die immerwährende Fähigkeit ist, aufzustehen und sich zu befreien. Vorausgesetzt, wir lassen uns von der Gnade berühren, woher sie auch kommen mag.
MD: In seinem Gefängnis im Château d'If ähnelt Dantès mit seinem langen Haar, seinem Bart und seiner Nacktheit dem „Mann der Schmerzen“ der christlichen Kunst. Doch nach seiner Flucht (im Alter von 33 Jahren!) kehrt er diese christliche Dimension um: Im Gegensatz zu Christus, der seinen Peinigern vergibt, will er die Männer, die ihn leiden ließen, zur Rechenschaft ziehen. Er fordert Gott offen heraus, setzt sich an seine Stelle und übt in seinem Namen Gerechtigkeit, die er ihm vorwirft, nicht gewährleistet zu haben. Daher kommen sein Gefühl der Allmacht und die Perversität seines Plans. Er könnte seinen Feinden einfach in den Kopf schießen, aber er will sie entehren, sie so bestrafen, wie sie gesündigt haben: den Staatsanwalt durch die Justiz, den Bankier durch das Geld, den Mann des Herzens durch das Herz zu Fall bringen. Er will das Innere einer Gesellschaft, in der er geliebt und bewundert wird, mit Tinte besudeln. Seine Rache wird zu seiner einzigen Triebfeder, bis er von der Liebe eingeholt wird und in gewissem Sinne wieder der barmherzige Gottesmann des Neuen Testaments wird.
Der Roman beginnt wie eine schöne Geschichte. Sie entschieden sich jedoch dafür, bereits zu Beginn einen Schatten zu werfen, der die kommenden Ereignisse vorwegzunehmen scheint.
ALP: Wir wollten dieses ursprüngliche Paradies zeigen, es aber mit einer unheilvollen Präsenz ausstatten, wie ein Fluch, der über diesem wunderbaren Süden, diesem Technicolor-Himmel und diesen schönen Menschen, die sich lieben, liegt. Im Schnitt, in der Musik und in der Art, wie die Dinge betrachtet werden, schwebt ein Schwert über diesem Paradies.
MD: Die Szene der Hochzeit von Edmond und Mercédès ist von Tragik geprägt, ein bisschen wie die Hochzeit von Don Corleones Tochter in DER PATE (The Godfather, 1972), wo es draußen sehr schön ist, aber drinnen sehr dunkel. Die Leute amüsieren sich, Michael Corleone kehrt mit all seinen Medaillen aus der Armee zurück. Aber dahinter lauert bereits der Krake.
In der Tat basiert Ihr Film auf visuellen Kontrasten, die an die großen Klassiker des Kinos erinnern.
MD: Als wir bei der Vorbereitung nach unseren Referenzen gefragt wurden, haben wir uns erlaubt, DER LEOPARD (Il gattopardo, 1963) oder DER PATE zu zitieren, vor allem wegen der Bedeutung der Farben. Wie Hitchcock, der seinen Thriller DER UNSICHTBARE DRITTE (North by Northwest, 1959) in den pulsierenden Landschaften des Mittleren Westens drehte, wollten wir einen dunklen Film in das Licht des Sommers tauchen, zwischen dem Blau des Himmels und dem des Meeres, mit der Idee, dass dieser bedrückende Aspekt einen idealen Rahmen für die Rache bietet. Ohne das Thema des Identitätsdiebstahls auch nur zu erwähnen, bringt uns das auch näher an NUR DIE SONNE WAR ZEUGE (Plein soleil, 1960).
ALP: Ich habe sehr starke Kindheitserinnerungen an große Technicolor-Filme aus den 1950er und 1960er Jahren, von DIE ROTEN SCHUHE (The red shoes, 1948) bis LAWRENCE VON ARABIEN (Lawrence of Arabia, 1962). Für DER GRAF VON MONTE CHRISTO schien es mir wichtig, zu diesen extravaganten Filmbildern zurückzukehren, die mir als Zuschauer viel Freude bereitet haben.
Wie hat sich Pierre Niney als idealer Monte Christo durchgesetzt?
ALP: Bei einer Figur wie Monte Christo muss man sich in einen Körper, ein Gesicht, eine Reise hineinversetzen. Und deshalb muss man vor dem Schreiben der Adaption seinen Darsteller finden. Wer könnte den Charme eines Zwanzigjährigen und die Reife eines Vierzigjährigen verkörpern, von sorglos zu tragisch wechseln, so wandelbar wie ein Chamäleon sein und von Anfang bis Ende der Inszenierung voll und ganz bei uns integriert sein? Pierre hat sich sofort durchgesetzt. Von Anfang an hatten wir die gleiche Lesart des Buches und der Figur. Pierre ist ein ausgezeichneter Schauspieler, der Intelligenz, Engagement und den nötigen Willen mitbringt, um manchmal drei unterschiedliche Figuren an einem Tag zu spielen, morgens zwanzig Jahre alt zu sein, mittags vierzig, fünf Stunden Makeup zu ertragen, um die Identität zu wechseln … Unser GRAF VON MONTE CHRISTO ist ein Film für drei Personen, der sich auf einen Pakt des Vertrauens stützt. Pierre ist ein geheimnisvoller, bescheidener Mann, was für seine Rolle von Vorteil war.
MD: Wir haben Pierre selbst an der Figur arbeiten lassen. Wir wollten ihm nicht unsere Ideen aufzwingen. Mit dem Alter lernt man, die Schauspieler nicht genau an die Vorstellung anzupassen, die man von ihrer Rolle hat, und der Versuchung zu widerstehen, ihnen gegenüber als Marionettenspieler aufzutreten. Kurz gesagt, man muss sich auf ihr Talent verlassen. Mit Pierre waren wir wirklich Arbeitspartner, von der Konzeption bis zur Realisierung des Films. So wie Dantès Monte Christo erschafft, mussten wir auch diese Figur mit Pierre von Grund auf neu erschaffen, ihm eine Stimme, eine Haltung, einen Gang geben. Wir mussten uns ihn in den verschiedenen Phasen seines Lebens vorstellen, die Spuren seines Körpers, die Zeichen seines Alterns und seiner Prüfungen und natürlich alle Inkarnationen von Monte Christo festlegen.
ALP: Die ersten Drehtage fanden bei strömendem Regen statt. Wir haben unter Zelten darauf gewartet, dass Pierre aus der Maske kommt, und als wir ihn zum ersten Mal mit diesem neuen Gesicht, dieser Stimme, diesem ganz besonderen Gang, mit seinem Ledermantel und seinem schwarzen Pferd kommen sahen, sagten wir uns: „Jetzt kommt der Sprung ins Ungewisse, denn von nun an ist er auf das Bild geprägt. “ Es war nicht mehr Pierre, es war diese Figur, die wir nach Dutzenden Stunden des Diskutierens geschaffen hatten. Er war Monte Christo geworden!
In Ihrem Film kommen die meisten Figuren aus dem Roman vor, aber Sie haben auch andere erfunden und knüpfen neue Verbindungen zwischen den Charakteren.
ALP: In den verschiedenen Verfilmungen des Romans sieht man Dantès, wie er sich an drei Personen (Danglars, Villefort, Morcerf) rächt, die er nicht wirklich kennt, da er keine Gelegenheit hatte, mit ihnen persönlich in Kontakt zu treten. Sein gewaltiger, fast seismischer Racheplan zielt auf Menschen ab, die Fremde für ihn sind. Wir haben uns also neue Beziehungen zwischen diesen Personen ausgedacht und eine Art zerrissene Bruderschaft entwickelt. So wird Fernand von Anfang an der aristokratische Freund von Dantès.
MD: DER GRAF VON MONTE CHRISTO nimmt die drei Säulen der Gesellschaft seiner Zeit ins Visier: das Militär, die Justiz und das Geld. Aber wir wollten vermeiden, dass alle Gegner Neureiche sind, wie es im Roman der Fall ist. Wir fanden es interessant, andere Milieus mit einzubeziehen.
Wie war die Zusammenarbeit mit den übrigen Schauspielerinnen und Schauspielern?
MD: Wir haben zunächst ein Team zusammengestellt, mit dem wir vertraut waren. Wir hatten bei MAMA GEGEN PAPA – WER HIER VERLIERT, GEWINNT (Papa ou maman, 2015) mit Laurent Lafitte gearbeitet, der nun in der Rolle des Villefort einen großartigen Dämon spielt. Patrick Mille (Danglars) war bereits in unserem ersten Film LA JUNGLE (2006) zu sehen. Wir wollten ihm schon seit Jahren erneut eine seinem Talent entsprechende Rolle anbieten. Adèle Simphal (Angèle de Villefort) und Marie Narbonne (Eugénie Danglars) hatten in DAS BESTE KOMMT NOCH (Le meilleur reste à venir, 2019) mitgespielt. Wir wollten unbedingt mit Bastien Bouillon (Fernand) und Anamaria Vartolomeï, die eine außergewöhnliche Haydée verkörpert, arbeiten. Dann organisierten wir Vorsprechen, um Albert und Andrea zu finden. Wir haben uns sofort in Vassili Schneider und Julien de Saint Jean verliebt. Wir wollten die besten Schauspielerinnen und Schauspieler für die Rollen haben, ohne uns auf einen „Star“ festzulegen. Doch am Ende fanden wir uns am Set mit lauter außergewöhnlichen Talenten wieder. Wenn ich den Film sehe, ist es das Schauspiel-Ensemble, auf das ich am meisten stolz bin. Wir legten während der Dreharbeiten sehr viel Wert auf Intensität und Präzision in der Darstellung. Die Vorbereitungen für den Film waren intensiv, weil das Drehbuch und die vielen Sets mit viel Arbeitsaufwand verbunden waren, aber der Dreh war absolut wunderbar. Es ist sowohl der größte Film, den wir je gemacht haben, als auch derjenige, bei dem wir am Set die meisten Freiheiten hatten.
ALP: Für die Rolle der Mercédès fragten wir uns genauso wie bei Monte Christo, welche Schauspielerin sowohl die jugendliche Claudia Cardinale aus DER LEOPARD als auch die Sophia Loren aus EIN BESONDERER TAG (Una giornata particolare, 1977) spielen könnte, mit der Frische und dem Ernst einer Frau, die Leid erfahren hat. Als wir Anaïs Demoustier zum ersten Mal sahen, wussten wir, dass sie es sein würde. Das Publikum wird sie als die große Schauspielerin entdecken, die sie ist, und sie als erstklassige Tragödin kennenlernen. Sie ist wirklich unglaublich begabt!
In diesem Figurenensemble schaffen Sie einen starken Kontrast zwischen drei hartgesottenen „Schurken“ und drei jungen Menschen, die nach Gerechtigkeit und Wahrheit streben.
ALP und MD: Im Roman sind Albert de Morcerf und Andrea Cavalcanti eher mittelmäßige Figuren. Wir entschieden uns, sie zu Alter Egos von Dantès zu machen, indem wir ihnen seine Reinheit und Großherzigkeit verpassten. Als Monte Christo nimmt er die „Bösen“ über ihre Kinder ins Visier, die im gleichen Alter sind wie er, als er zu Unrecht verurteilt wurde. Er nutzt seinen Einfluss auf Andrea und Haydée, um seine Feinde zu stürzen, bis ihn schließlich die Erinnerung und die Liebe einholt.
Man erkennt im Film das Hôtel de la Païva oder den völlig umgestalteten Palais Brongniart, die das Publikum in eine neu konstruierte Welt aus teilweise bekannten Einzelteilen hineinversetzen.
ALP und MD: Die filmische Dimension von DER GRAF VON MONTE CHRISTO liegt vor allem in der Tatsache, dass die Geschichte eines Mannes erzählt wird, der eine Welt erschafft. Eine fiktive Welt, die erfunden wurde, um Menschen anzuziehen, eine Kulisse aus „1001 Nacht“, die der erzählten Zeit entflieht. So konnten wir ein idealisiertes 19. Jahrhundert inszenieren, was einem Eintauchen in den Kopf eines Mannes gleicht, der über die Mittel verfügt, seinen Träumen Substanz zu verleihen, der selbst eine Märchenfigur ist und am Ende glaubt, dass sein Spiel real ist. Denn wie in OCEAN’S ELEVEN (2001) werden die Zuschauerinnen und Zuschauer in Monte Christos Plan eingeweiht und zu Komplizen seiner Manipulation. Doch nach einer Weile weiß man nicht mehr, was wahr und was falsch ist, und stellt fest, dass Monte Christo beginnt, an das zu glauben, was er sagt. Er wird von seiner Schöpfung verschlungen wie ein Bruce Wayne, der sich nicht mehr aus seinem Batman-Kostüm befreien kann. Gemeinsam mit Andrea und Haydée wird das Publikum Zeuge seiner Metamorphose in einen dunklen Phönix, auch auf die Gefahr hin, dass der Dantès, den man liebt, verschwindet. Das verleiht der Geschichte eine ungeheure Kraft.
Die Szene, in der Monte Christo seinen Gästen die Geschichte des lebendig begrabenen Kindes erzählt, um den Schuldigen zu verstehen zu geben, dass er sie enttarnt hat, schwankt zwischen Komödie und Horror …
MD: Die Idee des Dinners in Auteuil ist eine äußerst grausame Mystifikation Monte Christos, einer seiner schlimmsten Einfälle in Sachen Verkommenheit. Dennoch lachen die Zuschauer über diese erschreckende Szene bis hin zu der Wendung, die sie in ihren eigenen negativen Emotionen gefangen nimmt. Auf diese Weise wird die Tragödie vollständig. ALP: Wir wollten dem Genie von Dumas Tribut zollen, der seine Leserschaft in eine Szene versetzt, von der sie weiß, dass sie völlig falsch ist, sie aber dennoch an ihrem Ausgang zweifeln lässt. Im Film spielt Pierre die Szene mit der Geschichte auf beunruhigende Weise, als ob sie wahr wäre, bis er dem Publikum das Gefühl vermittelt, dass Monte Christo sich mit seinen eigenen Lügen ansteckt.
„Warten und hoffen“: Dies sind die letzten Worte, die Monte Christo an Mercédès und vielleicht auch an das Publikum richtet. Ein Motto für den Weg durchs Leben?
ALP und MD: Wir wollten sowohl einen großen epischen, als auch einen romantischen Film machen. Am Ende aller seiner Abenteuer ist es die Liebe von Mercédès, die Monte Christo rettet und in ihm den Wunsch weckt, andere zu retten, indem er sie verschont. Wir glauben an die Liebe und an die Erlösung durch die Liebe!Letztlich war sein ganzer Racheplan ein Spiegel dieser Frau, die er geliebt und verloren hat. Nachdem er davon Abstand genommen hat, ist er in der Lage, nicht mehr Tod, sondern nur noch Liebe zu geben. Er beschließt, die Erinnerung an das Geschehene zu bewahren, das aufgrund der Prüfungen, die er durchgemacht hat, nicht wiederhergestellt werden kann. Und er weiß, dass Mercédès seine unendliche Wertschätzung des verlorenen Paradieses teilt. Diese Vorstellung ist sowohl furchtbar romantisch als auch erschütternd real.
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©Verleih
Info:
Der Graf von Monte Christo (Frankreich, Belgien 2024)
Originaltitel: Le Comte de Monte-Cristo
Genre: Historiendrama, Literaturverfilmung, Abenteuer
Filmlänge: ca. 178 Min.
Regie: Matthieu Delaporte, Alexandre De La Patellière
Drehbuch: Matthieu Delaporte, Alexandre De La Patellière
nach dem ein Abenteuer- und Fortsetzungsroman von Alexandre Dumas dem Älteren. (1844 – 1846)
Darsteller: Pierre Niney, Bastien Bouillon, Anaïs Demoustier, Anamaria Vartolomei, Laurent Lafitte, Pierfrancesco Favino, Patrick Mille, Vassili Schneider, Julien de Saint Jean, Julie de Bona, Adèle Simphal, Stéphane Varupenne, Bruno Raffaeli, Bernard Blancan u.a.
Verleih: capelight pictures
Vertrieb: Central Film
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 23.01.2025
Interview mit den Regisseuren und Drehbuchautoren MATTHIEU DELAPORTE (MD) UND ALEXANDRE DE LA PATELLIÈRE (ALP)
- Details
- Kategorie: Film & Fernsehen