Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. Januar 2025, Teil 4
Corinne Elsesser
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Romy Miller (Nicole Kidman) leitet ein Robotik-Unternehmen in New York, das sie selbst gegründet hat und das gerade an die Börse gegangen ist. So unerbittlich und unnahbar sie als Firmenchefin auftritt, weist sie doch unter ihrem perfekt gestylten Äußeren Schwächen auf, die in ihrem Sexualleben begründet liegen. Mit ihrem Ehemann Jacob (Antonio Banderas), einem Theaterregisseur, mit dem sie zwei Töchter hat, ist sie eigentlich glücklich verheiratet. Und doch scheint ihr etwas zu fehlen, worunter sie leidet und weshalb sie sich eines Tages auf den gutaussehenden, sehr viel jüngeren Firmenpraktikanten Samuel (Harris Dickinson) einlässt.
Der Film der niederländischen Regisseurin Halina Reijn führt Romy in eine Verstrickung sexueller Abhängigkeiten, die bald ihre berufliche Stellung und ihr Familienleben gefährden. Nicole Kidman verkörpert die zentrale Figur engelsgleich und perfekt und scheint nicht ganz von dieser Welt, hat die Schauspielerin selbst doch ihren Körper bis ins kleinste Detail perfektioniert, sodass man ein junges Mädchen vor sich zu sehen glaubt und nicht eine berufserfahrene Topmanagerin in einem New Yorker Büro. Ihr Ehemann Jacob umhegt sie liebevoll, doch das ist ihr nicht genug, will sie doch ihre Kindheitstraumata und sexuellen Abgründe erkunden. Als ihr Samuel als einer der neuen Praktikanten vorgestellt wird und sie ihn anschließend zufällig auf der Straße beobachtet, wie er einen gefährlich wirkenden Hund mit nur einigen wenigen Anweisungen besänftigt, entspinnt sich eine gewisse, doch sehr bestimmte Anziehung zwischen beiden. Samuel weiß dies zu nutzen, fordert selbstbewusst ihre Dominanz als Chefin heraus, spielt mit ihren unterdrückten Leidenschaften, macht sie sich gefügig. "You are my babygirl", sagt er einmal zu ihr. Da hat er sie bereits in eines dieser schäbigen Hotelzimmer gelockt, in welchem man kein zweites Mal übernachten möchte, hat bereits Dinge von ihr verlangt, die sie zuerst kategorisch ablehnte, dann aber doch willig ausführte, um schließlich selbst wiegend und rhythmisch einige Tanzbewegungen auszuführen, die klar zu erkennen geben, dass er mit Frauen nicht viel am Hut hat, sexuell zumindest. Und doch vermag er es, absolute Hochgefühle in Romy zu entfachen. Widersprüchlich und ambivalent, fast etwas unbeholfen spielen beide mit Macht, mit Unterwerfung und mit der ständigen Gefahr, dass alles ans Tageslicht kommt.
Überzeugend weiß Nicole Kidman ihre inneren Gefühle auszuspielen und zeigt unvermittelt, wie sehr ihre fragile Erscheinung immer neu justiert werden muss. In der fein austarierten Lichtregie von Jasper Wolf (Kamera) treten auch deren Schattenseiten zutage, Falten, Unebenheiten und das ständige schönheitschirurgische Bemühen ums optimierte Aussehen. Kidman wirkt idealtypisch jung, als sei sie seit "Queen of the Desert" (2015) oder "The Killing of a Sacred Deer" (2017) nicht weiter gealtert. Sie changiert zwischen ihrer makellosen Erscheinung und ihren inneren Abgründen, während Harris Dickinson neben ihr ziemlich blass erscheint und wie schon in "Triangle of Sadness" (2022) jede psychologische Tiefe seiner Figur vermissen lässt. Anlässlich der Premiere des Films an den Filmfestspielen in Venedig wurde Nicole Kidman als Beste Schauspielerin ausgezeichnet.
Fortsetzung folgt
Foto:
©Verleih
Info:
Babygirl, USA, 2024
114 Minuten
Stab
Halina Reijn. Regie & Drehbuch
Besetzung
Romy. Nicole Kidman
Samuel. Harris Dickinson
Esme. Sophie Wilde
Jacob. Antonio Banderas
Isabel. Esther McGregor
Nora. Vaughan Reilly
Mr. Missel. Victor Slezak
Hazel. Leslie Silva