Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. Februar 2025, Teil 3
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das kennen wir alle. Daß wir vehement nein sagen und dann doch das machen, wogegen wir protestiert hatten. Allerdings hat das meist nicht so weitreichende Folgen wie hier. Avril Lucciani ist Anwältin und macht sich über sich selbst lustig, daß sie die 'Spezialistin für aussichtslose Fälle' ist, obwohl das ja traurig ist. Ihr Chef Jérôme (Pierre Deladonchamps) findet das auch nicht lustig und sie wiederum nicht, was er alles als Sexprotz von sich gibt.
Mit einem Wort, es wird Zeit, daß sie einen Fall gewinnt. Deshalb lehnt sie rundum das aussichtslose Unterfangen ab, den Hund Cosmo, bzw. seinen sehbehindertes Herrchen Dariuch Michowski (François Damiens) vor Gericht zu vertreten. Der ist anklagt und der Hund zum Tod verurteilt. Wir sind in der Schweiz. Die Todesstrafe is abgeschafft. Für Menschen, nicht für Hunde. Und Hunde sind Sachen, die man aus der Welt schaffen kann Echt. Und als Avril dann den zum Tod angeklagten Hund in Natur sieht, sagt ihr Herz, nicht ihre Verstand, ja zu seiner gerichtlichen Vertretung.
Inzwischen weiß sie Näheres. Cosmo soll eingeschläfert werden, weil er die portugiesischen Haushälterin Lorene (Anabela Moreira) ins Gesicht gebissen hat. Das tut man auch nicht. Und das tut weh und verunstaltet. Und immerhin erreicht Avril, daß der Fall vor Gericht eine neue Dimension erhält, eine nie dagewesene, als sie mit juristischem Superwissen das Lebendige am Hund zur Gerichtssache machen kann, die ja ausweist, daß er keine Sache ist.
Wie man erfährt, beruht der Film auf der Wirklichkeit, wo ein bissiger Hund auf gerichtliche Anweisung eingeschläfert wurde. Was tun? Schon schwierig, wenn der Mensch alleine sich Lebensrecht auf der Welt zuspricht. Er beißt nicht, aber er tötet, mit dem Auto, der Pistole, der Schnur, dem Kissen, mit Gift u.a. und wenn's keiner merkt, kommt er durch. Aber Hunde sind öffentlich, wenn sie beißen. Und darum wird dieser Prozeß auch begleitet von den jeweiligen Parteien: Demonstrationen, Kopf ab für den Hund – oder Tierschützer, und Pazifisten und andere Gruppen, die den beißlustigen Hund leben lassen wollen.
Daß der Film trotzdem nicht todtraurig ist, ja, der Hund wird tatsächlich nach Gerichtsurteil als Individuum zum Tode verurteilt, liegt an dem Blick der Regisseurin auf ihr Filmpersonal. Der Blick auf den Hund auch. Das sind so viele Fragen zu beantworten, philosophische, rechtliche, praktische, pragmatische, menschliche, tierische, es hört die innerliche und die Diskussion zwischen den Menschen nicht auf. Ja, der Prozeß und seine Darstellung im Film ist wirklich gelungen und eindeutig der Höhepunkt. Wenn der Hund vom Richter befragt wird und er das Bellen nicht versteht, wird eine Anlage installiert, in der Aussagen erklingen, wenn sie berührt werden. Wenn nun der Hund herumspringt, kommen die komischsten Aussagen zusammen. Wirklich eine glückhafte Idee.
Die Hauptrolle hat Cosmo, der in Wirklichkeit Kodi heißt und natürlich überlebt und in Cannes einen Preis für Hunde erhielt . Sonst wäre ein ganz anderer Aufstand gegen das Töten von Hunden entstanden. Kodi ist ein schauspielerisches Naturtalent. Er adelt jede Situation, erst recht die im Gericht, wenn er als Angeklagter brav dasitzt und aufmerksam zuhört. Hätte er nicht doch den Richter beißen sollen, denn, wenn schon Todesurteil, dann hätte er doch...