pf1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. Februar 2025, Teil 5

Redaktion

Wien (Weltexpresso) - Einerseits geht es in PFAU – BIN ICH ECHT? darum, die Satire und die Situationskomik durchzuziehen, darüber hinaus auch darum, das Publikum im Kippmoment zwischen Fake und Real in Schwebe zu halten. Möglicherweise ist ja nicht alles Fake? Worin bestanden im Drehbuch-Prozess die Herausforderungen?

 
BERNHARD WENGER:
Ich habe 2018 mit der Arbeit am Drehbuch begonnen. Es war schwierig, dieses Konstrukt der Agentur verständlich zu machen, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, wie sie funktioniert, da diese Form von Agentur bei uns noch nicht existiert. Die zweite Herausforderung bestand darin, die komplexe, eigenartige Figur des Matthias dem Publikum nahezubringen. Es ist natürlich schwer, einen so passiven, verlorenen Hauptcharakter komplett nachvollziehbar und liebenswert zu gestalten. Ich arbeite gerne mit skurrilem, subtilem Humor. Humor funktioniert nur, wenn Tragik vorhanden ist. Das Grundproblem, dass jemand keine echten Emotionen empfinden kann, ist ja schon ein sehr tragisches.

Das Drehbuch zum einen, aber auch Ihre Bildsprache werfen eine Frage nach den Referenzen im europäischen, aber auch im österreichischen Autorenfilm auf?
 
BERNHARD WENGER:
Ich bin in meiner Jugend sehr stark vom skandinavischen Kino und schwarzem englischen Humor beeinflusst worden. Im Zusammenhang mit der österreichischen Grundtragik, die wir alle haben, ist diese Handschrift entstanden. Ich würde keine einzelnen Vorbilder nennen, ich sehe eher generell die Satire als ein filmisches Mittel, das sehr viel Potenzial hat. In Zeiten, in denen wir weltweit mit großen gesellschaftlichen und politischen Problemen zu kämpfen haben – seien es die im Film angesprochenen oder andere – halte ich Humor für das probate Mittel diese Themen anzusprechen.

Matthias hat einen Beruf, der praktisch Schauspiel zur Potenz bedeutet. Er muss nicht nur einen anderen spielen, er muss glaubhaft vermitteln, ein echter anderer Mensch zu sein. Wie kam es zur Besetzung mit Albrecht Schuch?
 
BERNHARD WENGER:
Ich bin sehr dankbar für meinen großen und wunderbaren Cast. Allen voran Albrecht Schuch, der unglaublich vielseitig und wandelbar ist. Das ist deshalb so spannend, weil ja auch die Figur des Matthias so viele verschiedene Rollen einnimmt. Diese Kunst musste der Darsteller von Matthias beherrschen. Ich glaube, das Schwierigste für einen Schauspieler ist es, über lange Zeit eine passive Figur zu spielen und auf seine Umwelt und all die Absurdität, die da im Gange ist, nicht wirklich emotional reagieren zu können. Dass es dazu einen herausragenden Schauspieler brauchte, war klar. Bei Albrecht ist es so, dass ich ihm bei all seinen Filmen, die ich gesehen habe, unheimlich gerne zugesehen habe. Er ist jemand, an dem man gerne dranbleibt. Gerade für so einer Figur, die so außergewöhnlich anders ist, schien er mir genau der Richtige zu sein.


Auch die anderen Rollen sind prominent besetzt: Julia Franz Richter, Anton Noori, Maria Hofstätter, Branko Samarovski … Wie haben Sie Ihren Cast für diesen ersten Langfilm auf die Schauspielarbeit vorbereitet?

BERNHARD WENGER: Ich arbeite beim Dreh sehr nahe am Buch, nachdem ich mir sehr viel Zeit für die Buch-Arbeit genommen habe, die ich für das absolute Fundament erachte. Auch in der Vorbereitung konnte ich mit den Darsteller:innen sehr genau die Rollen besprechen und erarbeiten. Die Arbeit mit so großartigen Schauspieler:innen ist eine unglaublich schöne, weil man darauf setzen kann, dass es von Beginn an in die Detailarbeit gehen kann. Es kommt am Set schon so gut daher, dass man dann gemeinsam an Nuancen feilt, um das zuvor schon in Besprechungen und Proben Erarbeitete auf ein hohes Niveau zu bringen. Ich habe sehr genaue Vorstellungen von Figuren und Szenen, was es für manche Schauspieler:innen schwieriger macht, weil sie andere Arbeitsweisen gewohnt sind. Da hat jeder seine eigene. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass trotz der Oberflächlichkeit, die in der Gesellschaft im Film herrscht, man am Ende sieht, es gibt auch noch andere Lebensweisen als die der Agenturwelt von Matthias.
 

Detailarbeit betrifft auch das optisch sehr beeindruckende Setdesign. Sie bauen eine beziehungsmäßig dystopische Welt in eine sehr ästhetische Welt. Eine Dystopie, der man nicht ansieht, eine zu sein. Wie entwickelte sich die Arbeit mit dem Setdesign?

BERNHARD WENGER: Die Zusammenarbeit mit Katharina Haring war toll. Wir haben sehr viel Zeit in die Location-Suche gesteckt. Dass die Hauptfigur Matthias in einem modernen, eher kühleren Haus wohnt, war für die Geschichte richtig. Wir haben dennoch versucht, dass in dieser eh schon oberflächlichen Welt, durch das Szenenbild nicht zusätzlich noch eine dystopische Kälte reinkommt, sondern dass in dieser Welt stets auch Wärme und Abwechslung herrscht: Historische Bauten wie das Palmenhaus, das Palais Rasumofsky oder Schloss Ebreichsdorf bilden einen Gegensatz zum Wohnhaus von Matthias oder dem MuTh. Ich breche gerne auch mit klassischen österreichischen Motiven. Wir kennen aus dem österreichischen Film den Gemeindebau, die Altbauwohnung oder den Musikvereinsaal. Das MuTh als modernes Konzerthaus schien mir in dem Fall spannender und es ging mir auch darum, Orte zu zeigen, die nicht unmittelbar mit Wien verbunden werden, weil die Geschichte in jeder größeren Stadt spielen könnte. Szenenbild, Kostüm und Bildgestaltung haben großen Einfluss auf den skurrilen Ton des Films, weil der Humor auch ein sehr visueller ist.


Ein Störfaktor in dieser perfekt gestylten Welt scheint ein altes Objekt im Keller zu sein. Welche Rolle erfüllt es?

BERNHARD WENGER: Dieses Ding ist wie viele andere Themen im Film etwas, das nicht ganz klar beantwortet wird; auch nicht, woher die Geräusche, die er vernimmt, kommen. Es ist der Störfaktor in seiner perfekten Welt; so wie der Keller des Hauses, sitzt etwas tief in ihm drinnen. Ich mag es, wenn solche Fragen offenbleiben, gerade weil sich der Film ja mit der Frage beschäftigt: Was ist echt?

DoP Albin Wildner hat die Arbeit an PFAU – BIN ICH ECHT? in einem Posting als „wild and wonderful journey“ bezeichnet 

BERNHARD WENGER: Die Arbeit mit Albin ist wunderschön. Wir waren gemeinsam mit Editor Rupert Höller im selben Jahrgang an der Filmakademie und haben bereits die Kurzfilme zusammen gemacht. Das hat damals schon super funktioniert, bei Albin und Rupert weiß ich, dass ich mich zu 100 Prozent auf ihre Meinung verlassen kann. Beide waren von Anfang in den Prozess des Films tief eingebunden, wir haben uns bereits in der Drehbuchphase ausgetauscht. Albin kannte das Projekt also DoP somit besonders gut und unsere Vorbereitung auf die Dreharbeiten waren wirklich äußerst präzise. Generell stimmt „wild and wonderful“ auf jeden Fall, da es sich – besonders für einen ersten Kinofilm – um ein sehr großes und komplexes Projekt handelte. Es ist ja schon alleine großartig, einen solchen Film finanziert zu bekommen und mit Produktionsfirmen arbeiten zu dürfen, die einem das Vertrauen dazu schenken. Und mit den Produzent:innen Michael Kitzberger, Wolfgang Widerhofer und Martina Haubrich war auch der kreative Austausch über das Projekt von Anfang an ein besonders wertschätzender, fruchtbarer. Aber es waren generell so viele talentierte, tolle Menschen vor und hinter der Kamera am Projekt beteiligt, dass es unglaublich viel Freude gemacht hat.

Wie kam es, dass der Pfau der Namensgeber Ihres ersten Spielfilms wurde?
 
BERNHARD WENGER:
Der Pfau ist ein Tier, das wenig kann, außer schön zu sein. Pfaue fliegen weder gut noch viel. Sie geben einen fürchterlichen Schrei von sich. Er steht metaphorisch für Matthias, der sehr gut repräsentieren kann, aber unter der Oberfläche ist sehr wenig Anderes vorhanden. Wenig Echtes vor allem. Jedenfalls zu Beginn des Films.

 

 Forstsetzug folgt

 

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©Verleih

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Bernhard Wenger im Interview mit Karin Schiefer | AUSTRIAN FILMS, Juli 2024
Abdruck aus dem Presseheft